George Santos im Wahlkampf 2022.

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Der wichtigste Inhalt für das Schreiben von Porträts sind eigentlich gesicherte Lebensläufe, Fakten. Doch die sind beim republikanischen Abgeordneten George Santos spärlich gesät. Der 34-Jährige, der am 3. Jänner im Kapitol seinen Amtseid ablegen wird, hat nämlich – wie er es selbst offiziell ausdrückt – seinen "Lebenslauf verschönert". Allerdings wirkt das wie ein Euphemismus bei der Liste an Dingen, die Santos im Wahlkampf verdreht oder gar erfunden haben soll. Selbst Wikipedia macht über seinem Eintrag darauf aufmerksam, dass einige Punkte darin nicht stimmen könnten.

Nachdem die New York Times vergangene Woche die Diskrepanzen in der Vita des Politikers aus New York aufgedeckt hatte, gab Santos in einem Interview mit der New York Post nun ein paar Sachen zu. So stimmt es schon einmal nicht, dass er eine Universität abgeschlossen hat. Auch dass er bei den Finanzriesen Citigroup und Goldman Sachs gearbeitet hat, soll auf unglückliche Formulierungen zurückzuführen sein. Santos will sich nicht richtig ausgedrückt haben. Direkt bei den Unternehmen sei er nie tätig gewesen, er habe aber mit ihnen während seiner Anstellung bei einem anderen Finanzdienstleister zu tun gehabt.

Zudem besitzt Santos keine 13 Immobilien, wie er selbst behauptet hat. Dafür aber hat er tausende US-Dollar an Mietschulden, die heuer im Wahlkampf jedoch irgendwie verschwunden sind, und er war so liquid, dass er seiner Kongress-Kampagne 700.000 US-Dollar leihen konnte. Wie er dieses Kunststück zustande gebracht hat, lässt Santos in seinem Post-Interview offen.

Urteil in Brasilien

Doch es liegt noch mehr gegen Santos vor. Die jüdische US-Publikation The Forward hat aufgedeckt, dass seine Großeltern wohl nicht aus der Ukraine vor dem Holocaust geflohen, sondern wahrscheinlich in Brasilien zur Welt gekommen waren. Santos will nun nie behauptet haben, jüdisch zu sein. Doch fand sich der Absatz in seinem Lebenslauf auf seiner Homepage. Die Unterseite ist nicht mehr abrufbar. Auch eine Verurteilung wegen Scheckbetrugs in Brasilien weist der Republikaner von sich. Obwohl der Times die Gerichtsunterlagen aus Brasilien vorliegen, in denen sein Geständnis protokolliert ist.

Sein Mandat will der junge Politiker trotz aller Aufdeckungen annehmen – und die Republikaner lassen sie unkommentiert. Sicherte doch unter anderem Santos mit dem Gewinn des demokratischen Sitzes eine hauchdünne Mehrheit im Repräsentantenhaus. (Bianca Blei, 27.12.2022)