Das Leben besteht nicht nur aus Covid-19-Tests.

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Die härtesten Sätze kommen immer von den abwesenden Vätern. Gerade wenn es um Berufe im sogenannten kreativen Bereich geht, stoßen die Söhne und Töchter, die leider doch nicht Raketenwissenschafterinnen oder zumindest Allgemeinmediziner oder Start-up-Millionäre geworden sind, auf Unverständnis. Auch Marko Doringers Vater war früher nie erreichbar, weil immer auf Arbeit.

Er wird dem erfolglosen Filmemacher in der Kinodokumentation Mein Wenn und Aber irgendwann einmal eine Frage stellen, die noch jedem vermeintlichen Versager in Geldschwierigkeiten gestellt worden ist: "Warum machst du nicht das, was die Menschen interessiert?" Als Alternative zum Lotterleben im fernen Wien winken den frischgebackenen Eltern Marko und Lebensgefährtin Marlene dann entweder das Hotel Mama in einem Vorort von Salzburg – oder harte Einschnitte in einen nicht so gut klappenden Lebensentwurf bei Film und Fernsehen.

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Für Regisseur Doringer ist Mein Wenn und Aber schon der dritte Ausflug ins radikal subjektive Dokumentationsfach. Nach Mein halbes Leben und Nägel mit Köpfen sowie einem ersten Burnout mit Anfang 40 geht es jetzt um nicht erst seit gestern brennende Fragen. Soll man sich angesichts einer Welt, die sich spätestens seit den Nullerjahren in einer Abwärtsspirale befindet, noch fortpflanzen und eine Familie gründen? Wird sich das, zerrieben zwischen unregelmäßigen Jobs und sehr oft ins Leere laufenden "Projekten" in der Filmwelt, finanziell und zeitlich überhaupt ausgehen?

Vor allem auch stellt sich Marko Doringer, während eineinhalb Stunden rund um die eigene Befindlichkeit und jene seines Freundeskreises kreisend, eine entscheidende Frage: "Alle sind glücklich, bin ich es auch?" Paul und Katalina zum Beispiel, beide ebenfalls im Film- und Fernsehbereich unterwegs, erwarten ein zweites Kind. Sie wissen auch nicht, wie das alles weitergehen soll.

Wolfram backt Karottenkuchen, frühstückt ausgiebig, ist an irgendwelchen Projekten dran und wandert zu seiner Freundin nach Taiwan aus. Das mit dem Hamsterrad lässt er mit seinen 30 Jahren noch nicht so nah an sich heran. Shaheen ist nie zu Hause bei seiner Freundin, weil er auf dem indischen Subkontinent einen Dokumentarfilm über Floßarbeiter in Bangladesch dreht.

Beim Schauen von Marko Doringers Doku gibt es bei einigen Dialogen mancherlei Anlass, sich fremdzuschämen. Allerdings kann man einige Gespräche von ihrem zarten Inszenierungsansatz her gesehen auch nicht wirklich ernst nehmen. Marko, der sich in alter Familientradition nicht wahnsinnig intensiv um sein Baby zu kümmern scheint, fragt seine Marlene einmal mit treuherzigem Hundeblick: "Glaubst du immer nu, dass i a liaba Papa bin?"

Allerdings dürfte die Thematik von Mein Wenn und Aber auch den Nerv einer Generation treffen, die es bezüglich Rentensicherung und eines guten Einkommens bei guter Ausbildung auch wegen einer ständigen Verschlimmerung der Gesamtsituation nicht mehr ganz so leicht im Leben hat wie die Eltern des Regisseurs. Die haben bis zum Tod von Markos Großeltern unter einem Dach lebend allerdings auch entsprechend gelitten. Irgendwie scheint das Leben grundsätzlich Schwierigkeiten bereitzuhalten. (Christian Schachinger, 28.12.2022)