Papst Benedikt XVI. im Jahr 2013.

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Vatikanstadt – Papst Franziskus hat bei der Generalaudienz am Mittwoch zum Gebet für seinen Vorgänger Benedikt XVI. aufgerufen. "Ich möchte Sie alle um ein besonderes Gebet für den emeritierten Papst Benedikt bitten, der in der Stille die Kirche unterstützt. Denkt an ihn, er ist sehr krank, und bittet den Herrn, ihn zu trösten und ihn in diesem Zeugnis der Liebe zur Kirche bis zum Ende zu unterstützen", sagte Papst Franziskus am Ende der Generalaudienz.

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DER STANDARD

"In den letzten Stunden ist eine Verschlechterung von Benedikts Gesundheitszustand aufgrund des fortschreitenden Alters eingetreten. Die Situation bleibt derzeit unter Kontrolle und wird von Ärzten ständig überwacht", sagte der Papst-Sprecher Matteo Bruni zu Journalisten. Im Anschluss an die Generalaudienz habe sich Papst Franziskus zum Kloster Mater Ecclesiae begeben, um den 95-jährigen Benedikt XVI. zu besuchen. "Wir schließen uns ihm im Gebet für den emeritierten Papst an", so Bruni.

Benedikt XVI. lebt seit seinem überraschenden Abtritt im Februar 2013 in einem Kloster im Vatikan. "Ich besuche ihn oft und bin von seinem klaren Blick erbaut. Er lebt in Kontemplation. (...) Er hat einen guten Sinn für Humor, er ist klar, sehr lebendig, er spricht leise, aber er folgt dem Gespräch. Ich bewundere seine Klarheit. Er ist ein großer Mann", berichtete Franziskus nach einem Besuch in einem Interview mit der spanischen Tageszeitung "ABC" am 18. Dezember.

Ratzingers Rolle im Missbrauchsskandal

Kardinal Gerhard Ludwig Müller hatte Benedikt am Montag als immer noch geistig fit bezeichnet. "Ich meine, dass es ihm trotz der Gebrechen des Alters von nunmehr 95 Jahren gut geht. Er ist bei wachem Verstand und geistig bereit, jederzeit vor seinen göttlichen Richter zu treten", sagte Müller. Damit gebe Benedikt – mit bürgerlichem Namen Joseph Ratzinger – ein Beispiel frohen Gottvertrauens, das er jedem Menschen wünsche.

Ratzinger war schon länger eine kontroverse Persönlichkeit. Er wurde von liberalen Katholiken kritisiert und von konservativen verehrt. Im Mittelpunkt der Debatte steht dabei vor allem die Rolle Ratzingers im scheinbar nie enden wollenden Missbrauchsskandal seiner Kirche.

Wenn es nach dem Vatikan geht, hat sich Benedikt XVI. in der Kirchengeschichte einen Platz als entschiedener Aufklärer des sexuellen Kindesmissbrauchs gesichert. Dieses Bild ist durch das im vergangenen Jänner veröffentlichte Münchner Missbrauchsgutachten erschüttert worden.

Die Kritik wurde umso schärfer, weil der emeritierte Papst in einer Stellungnahme zu dem Gutachten falsche Angaben gemacht hatte. Was für viele wie eine bewusste Falschdarstellung zum Selbstschutz wirkte, erklärten Benedikt und seine Berater zu einem erklärbaren Fehler – um in Person seines Privatsekretärs Georg Gänswein dann nachzulegen, es laufe in Deutschland einmal mehr eine Kampagne gegen Benedikt.

Der am 16. April 1927 geborene Ratzinger war vom 19. April 2005 bis zu seinem Rücktritt am 28. Februar 2013 der 265. Papst der römisch-katholischen Kirche. Zuvor war Ratzinger über 23 Jahre lang Präfekt der vatikanischen Glaubenskongregation und von 1977 bis 1982 Erzbischof von München-Freising. (APA, 28.12.2022)