Ben Frost während eines Konzerts 2018.

Foto: Henry W. Laurisch

Für die Fertigstellung des Album Broken Spectre hat Ben Frost insgesamt drei Jahre benötigt. Der seit Jahr und Tag in Island lebende Komponist und Elektronikmusiker war gemeinsam mit dem kanadischen Fotografen Richard Mosse und dem in Los Angeles beheimateten Kameramann Trevor Tweeten im brasilianischen Regenwald unterwegs, um die dort gewonnenen Eindrücke dokumentarisch festzuhalten. Vor allem auch interessierte sich das Trio für die Auswirkungen des Klimawandels und die brutale Abholzung des Dschungels.

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Broken Spectre liegt nun als akustische Reise vor. Ben Frost bearbeitete die auf Analogbändern festgehaltenen Geräusche. Er verfremdete teilweise die Abspulgeschwindigkeit und ließ das Ganze durch Effektgeräte laufen. Ob das nun als Musik zu bezeichnen ist, bleibt dem geneigten Publikum überlassen. Allerdings werden so verfremdete Vogel-, Tier- und Insektengeräusche durchaus einnehmend bis bedrohlich zu beeindruckenden Soundscapes transformiert, die durchaus musikalische Qualitäten aufweisen.

Der Track Love in a Colder Climate oder auch The Burning World geraten dabei zu Horrorsoundtracks, die an die alten avantgardistischen Dark-Ambient-Qualitäten Ben Frosts anknüpfen. Mit denen konnte er in der Vergangenheit auch schon beim Donaufestival in Krems in multimedialen Performances punkten. Ein Stück wie The Index verweist mit seinem Gänsehaut erzeugenden Terror auf eine andere aktuelle Arbeit des 42-jährigen Australiers.

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In den letzten Jahren steuerte Ben Frost unter anderem auch den Soundtrack zur Streamingserie Dark bei. Gegenwärtig ist er mit seinen Kompositionen in der durchwachsen rezipierten Netflix-Serie 1899 zu hören. Dabei könnte man sich dank Soundtracktiteln Frosts wie Wake Up!, This Can’t Be Real oder Dieses Mal wird sie aufwachen einige Stunden vor dem Bildschirm ersparen, um den Sinn des ganzen unheimlichen Brimboriums zu erfassen.

Gesungen wird dabei auch ein wenig werden. Allerdings wiegt der bedrohlich-dröhnende musikalische Anteil die esoterisch angehauchten weiblichen Gesangsanteile von Gästen wie Transgender-Künstlerin Lyra Pramuk oder Radie Peat von der irischen Folkband Lankum entschieden auf. (Christian Schachinger, 2.1.2023)