Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) sei angesichts der vielen Milliarden, die er für die Bewältigung der aktuellen Inflations- und Teuerungskrise bereits lockermacht, "schon verunsichert", sagte Ingrid Korosec recht scherzhaft so dahin. Aus Sicht der türkisen Seniorenbundchefin könnte das aber erst der Anfang gewesen sein. Zumindest will Korosec gemeinsam mit der Bundesregierung und den Sozialpartnern am besten schon Ende Jänner bei einem Gipfel eruieren, ob die bisherigen Hilfen ausreichen oder ob es noch mehr Mittel brauche – wovon Korosec auch ausgeht. Schließlich werde weiterhin vieles teurer, von den Mieten bis zu den Lebensmitteln.

In ihrer Rolle an der Spitze des Seniorenbunds will sich Korosec im kommenden Jahr wiederum weiter für einen "Paradigmenwechsel" im Sinne der älteren Menschen einsetzen, wie sie bei einem Hintergrundgespräch vor Journalistinnen und Journalisten darlegte. Diese seien nicht als alt und klapprig anzusehen, sondern als aktiv und erfahren. Und auch nicht als Kostenfaktor, sondern als eine der treibenden Kräfte für Österreichs Wirtschaft.

"Man redet nur darüber, was die Senioren kosten"

Korosec versuchte das auch in Zahlen zu gießen: So würde ein Viertel des privaten Konsums auf die über 65-Jährigen entfallen, das seien 50 Milliarden Euro pro Jahr. Die ältere Bevölkerung habe sich im vergangenen Jahr auch zu einem wesentlichen Teil in der Statistik der Neugründungen von Einzelunternehmen bemerkbar gemacht. Das habe aber auch damit zu tun, fügte die Wiener Gemeinderätin an, dass über 50-Jährige in der Arbeitslosigkeit nicht mehr so leicht etwas Neues fänden und deshalb in die Selbstständigkeit wechseln.

Darüber hinaus seien die Älteren eine "tragende Säule im Ehrenamt und der Pflege", betonte die 82-Jährige. Sie würden 8,5 Milliarden Euro an unbezahlter Arbeit leisten. Das sei fast so viel wie das Arbeitsmarktbudget Österreichs. "Nur bemerkt das niemand", sagte Korosec. "Man redet nur darüber, was die Senioren kosten."

Die langjährige ÖVP-Politikerin Ingrid Korosec will die Anliegen der Senioren als allgemeingültig für die gesamte Gesellschaft verstanden wissen.
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Korosec will verstanden wissen, dass Seniorenanliegen eben nicht nur die Senioren alleine beträfen, "sondern immer auch andere Gruppen der Gesellschaft". Als Beispiel dafür hob die langjährige ÖVP-Politikerin unter anderem die Mängel in der Gesundheitsversorgung hervor. "Das betrifft auch junge Familien, die nicht wissen, wohin sie mit ihren Kindern gehen sollen, wenn die die Grippe haben", sagte Korosec. Der Gesundheitssprecherin der Wiener Türkisen geht etwa der Ausbau der Primärversorgungszentren viel zu langsam voran. In ganz Österreich und auch in Wien läge man weit hinter Plänen zurück. Obwohl in der Hauptstadt in den nächsten Jahren 36 solcher Zentren fertiggestellt sein sollen, stehe man derzeit gerade einmal bei neun, monierte Korosec.

Auch im Bereich des Arbeitsmarkts für über 50-Jährige sieht Korosec durchaus Nachholbedarf. Aus Sicht der Seniorenbundchefin müsse das faktische an das gesetzliche Pensionsalter angeglichen werden. Vor allem bei Männern gebe es hier eine noch kostspielige Kluft von bis zu vier Jahren. Darüber hinaus müssten Frauen noch mehr über die Folgen der "Teilzeitfalle" aufgeklärt werden. Die Quote von fast 50 Prozent unter Frauen sei noch immer viel zu hoch, sagte Korosec. Es brauche Alternativen, damit Teilzeitarbeit nur eine Übergangslösung bleibe. Denn diese wirke sich besonders negativ auf die Pension aus.

Korosec fordert auch einmal mehr, dass die Pensionsbeiträge von 22,8 Prozent für arbeitende Pensionisten abgeschafft werden. "Wir haben einen Fachkräftemangel, sind wir froh, dass es die Menschen gibt, die darf man nicht bestrafen", sagte Korosec. Laut ihr würden nur die Grünen diesem Ansinnen noch skeptisch gegenüberstehen. Da käme aber gerade "Bewegung rein". (jan, 29.12.2022)