Drohen wirtschaftlich schwierige Situationen, haben Arbeitgeber arbeitsrechtlich Spielraum.

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Explodierende Energiekosten und eine knappe Strom- und Gasversorgung: Arbeitgeber müssen sich in den kommenden Wintermonaten auf möglicherweise schwierige Situationen einstellen. Im Ernstfall können sich beispielsweise Diskussionen über einen Entgeltanspruch bei Unterbleiben der Tätigkeit stellen. Durch rechtzeitige Vorkehrungen wie Homeoffice-Vereinbarungen, Betriebsurlaube oder Viertagewoche können sich Arbeitgeber weitere Alternativen schaffen.

Entgelt bei Stilllegung des Betriebs

Sollten die Energiereserven knapp werden oder die steigenden Kosten dazu führen, dass eine Tätigkeit nicht mehr profitabel ist, könnten Arbeitgeber darüber nachdenken, zumindest Teile des Betriebes vorübergehend stillzulegen und die Arbeitnehmer vorerst freizustellen. Der Arbeitnehmer hat bei Leistungsbereitschaft grundsätzlich auch bei Unterbleiben der Arbeitsleistung Anspruch auf das vereinbarte Entgelt. Daher ist das Entgelt auch zu zahlen, wenn der Arbeitgeber die Arbeitsleistung aufgrund von Umständen, die in seiner Einflusssphäre liegen, nicht entgegennehmen kann.

Das gilt nicht nur bei den gleichermaßen vorkommenden Engpässen von Betriebsmitteln und Rohstoffen, sondern beispielsweise auch wenn die Produktion durch hohe Energiekosten unrentabel wird. Grund dafür ist, dass der Arbeitgeber das wirtschaftliche Risiko der Tätigkeit trägt. Das bezieht sich auch auf die Nutzbarkeit der Arbeitskraft. Dieses Risiko kann nicht auf den Arbeitnehmer übergewälzt werden.

Anders könnte die Beurteilung ausfallen, wenn die Stilllegung nicht nur einzelne Unternehmen beziehungsweise Betriebe betrifft, sondern zum Beispiel großflächig für gesamte Branchen oder Gebiete angeordnet wird. In diesen Fällen könnten Arbeitgeber argumentieren, dass kein Entgeltfortzahlungsanspruch besteht.

Urlaubsverbrauch oder Zeitausgleich statt echter Stilllegungen

In der Praxis erwägen nun immer mehr Arbeitgeber, diesen Winter einen Betriebsurlaub zu vereinbaren. Dabei wird im Regelfall der gesamte Betrieb für einen kurzen Zeitraum geschlossen. Ein Betriebsurlaub muss – wie jeder Urlaub – vereinbart werden. Dies kann beispielsweise schon im Arbeitsvertrag, aber auch anlässlich des konkreten Betriebsurlaubs erfolgen. Arbeitnehmer können nicht dazu gezwungen werden, ihren Urlaub zu verbrauchen.

Kündigt der Arbeitgeber einen Betriebsurlaub unter Verbrauch des Resturlaubs des Arbeitnehmers an und erscheinen Arbeitnehmer sodann widerspruchsfrei nicht am Arbeitsplatz, lässt sich eine schlüssige Zustimmung zum Urlaubsverbrauch argumentieren. Eine bloße Sperre des Gebäudes, ohne dass Arbeitnehmer erscheinen könnten, kann aber nicht als Zustimmung zum Betriebsurlaub gesehen werden. Betriebsurlaube sind nach der Rechtsprechung nur für einen Teil des Jahresurlaubs zulässig. Mehr als zwei Wochen sollte ein Betriebsurlaub daher üblicherweise nicht dauern.

Haben Mitarbeiter Zeitguthaben für zuvor geleistete Überstunden, könnte auch dessen Abbau in Form von Zeitausgleich vereinbart werden.

Homeoffice als Alternative

Homeoffice ist seit der Einführung der gesetzlichen Grundlagen im Jahr 2021 zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer schriftlich zu vereinbaren. Eine einseitige Anordnung von Homeoffice scheidet daher im Regelfall aus.

Im Einzelfall können jedoch bestimmte Ausnahmen bestehen. Immerhin unterliegt auch der Arbeitnehmer einer der Fürsorgepflicht vergleichbaren Treuepflicht. Im Rahmen des Zumutbaren müssen Schäden des Arbeitgebers abgewendet werden. Ist beispielsweise eine Tätigkeit mangels ausreichender Energie zwar nicht mehr im Betrieb, aber jedenfalls in den privaten Räumlichkeiten des Arbeitnehmers durchführbar, lässt sich eine Verpflichtung zu Homeoffice argumentieren. Bloß hohe Energiekosten reichen dagegen nicht aus.

Diese Ausnahmefälle sind freilich mit erheblichen Rechtsunsicherheiten für den Arbeitgeber behaftet. Es empfiehlt sich daher, bereits jetzt entsprechende Vereinbarungen in Bezug auf Homeoffice zu treffen, um im Ernstfall über die notwendigen rechtlichen Grundlagen zu verfügen. In dieser Vereinbarung sollte auch die Übernahme allfälliger Kosten geregelt werden. Das Gesetz verpflichtet den Arbeitgeber nur dazu, die digitalen Betriebsmittel zur Verfügung zu stellen oder – alternativ auf Basis einer Vereinbarung – die Kosten dafür zu tragen. Sofern keine kollektivvertragliche Regelung vorliegt, sollte daher in der Homeoffice-Vereinbarung auch festgehalten werden, wer die Energiekosten trägt.

Einführung einer Viertagewoche

Eine weitere Möglichkeit zur Kosteneinsparung könnte auch die Einführung einer Viertagewoche sein. Immerhin ist der Betrieb dann nur noch an vier Tagen zu heizen. Besteht ein Betriebsrat, wäre dafür eine Betriebsvereinbarung notwendig. Andernfalls reicht eine schriftliche Einzelvereinbarung mit den Arbeitnehmern. In diesen Fällen wird die vereinbarte Normalarbeitszeit auf vier Tage verteilt. Sie kann an einzelnen Tagen daher bis zu zehn Stunden betragen. Eine Viertagewoche kann auch zeitlich befristet – beispielsweise für die Wintermonate – abgeschlossen werden. (Christopher Peitsch, Nina Neumaier, 30.12.2022)