Als Papst Franziskus vor wenigen Tagen zu Gebeten für seinen "schwerkranken" Vorgänger, den emeritierten Pontifex Benedikt XVI., aufrief, war das für Abermillionen Gläubige der katholischen Kirche in aller Welt ein Alarmzeichen: Mit dem irdischen Leben des 95-Jährigen geht es offenbar bald zu Ende. Doch auch den Kirchenstaat selbst dürfte das möglicherweise in Kürze bevorstehende Ableben von Joseph Ratzinger – so sein bürgerlicher Name – beunruhigen: Denn wie sähe das protokollarische Vorgehen aus?

Vor wenigen Tagen rief Papst Franziskus auf, für seinen "schwerkranken" Vorgänger Benedikt XVI. (Bild) zu beten. Derweil muss der Vatikan ein Protokoll für ihn geradezu erfinden, denn die "Causa Ratzinger" ist ein Novum.
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Als Benedikt XVI. 2013 zurücktrat, war er nach Gregor XII. im Jahr 1415 der erste Papst seit sechs Jahrhunderten, der sein Amt niederlegte. Tatsächlich hat die katholische Kirche bisher 264 Päpste zur ewigen Ruhe gebettet. Aber noch nie hat ein bereits gewählter und noch amtierender Pontifex einen Vorgänger verabschiedet – wie dies jetzt bei Franziskus (86) und Benedikt der Fall wäre.

Traditionelles Prozedere

Der Regelfall des vatikanischen Protokolls sieht vor, dass ein Papst bis zum Lebensende im Amt bleibt und dann der "Camerlengo" die Formalitäten bis zur Übertragung des Papstamtes auf einen Nachfolger übernimmt. Dieses Amt übt derzeit der amerikanische Kardinal Kevin Farrell (75) aus. Ihm obliegt es, im Fall des Todes eines Papstes diesen kirchenintern zu bestätigen, ausländische Staatsoberhäupter informell zu benachrichtigen und über Radio Vatikan und andere Kirchenmedien die Nachricht von seinem Tod öffentlich zu machen. Da der greise und nun offenbar ernsthaft schwerkranke Benedikt XVI. aber nicht mehr amtierender, sondern "nur" emeritierter Papst ist, ist nicht gesichert, ob dieses Prozedere auf ihn anwendbar sein kann – oder soll.

Es gehört mit zum Protokoll des Kirchenstaates, dass der Camerlengo dreimal mit einem kleinen silbernen Hammer auf den Kopf des Verstorbenen schlägt und dessen Namen ausruft – wohl um die Möglichkeit eines Scheintodes auszuschließen, heute gibt es dafür natürlich probatere Methoden. Der Camerlengo müsste auch die Zerstörung des päpstlichen Siegelringes überwachen, damit post mortem keine päpstlichen Dokumente gefälscht werden können. Kardinal Farrell wäre auch für die Einberufung der Papstwahl – des Konklaves – zuständig. Zumindest dieses wird aber nicht nötig sein: Denn Papst Franziskus ist noch am Leben und amtsfähig.

Begräbniszeremonie

Gehen wir weiter zur Begräbnisfeier an sich: Diese wird traditionell vom Dekan des Kardinalskollegiums zelebriert, das ist momentan Kardinal Giovanni Battista Re (88). Im Falle Ratzingers wird diese Funktion aber wohl eher auf Papst Franziskus selbst übergehen. Da Benedikt XVI. ein ehemaliges Staatsoberhaupt ist (beziehungsweise dann gewesen sein wird), ist auch die Einladung anderer Staatspräsidenten und internationaler Topdiplomaten nach Rom naheliegend.

Zu den wenigen tatsächlich schon jetzt gesicherten Aspekten gehört der Ort der letzten Ruhestätte von Benedikt XVI., denn diese hat er schon zu Lebzeiten festgelegt: die Krypta des Petersdoms, wo anfangs auch dessen Vorgänger, der mittlerweile selig- und heiliggesprochene Papst Johannes Paul II. – mit bürgerlichem Namen Karol Wojtyła – beigesetzt war.

Dass der Kirchenstaat seit Ratzingers Rücktritt 2013 noch keine detaillierten Protokollpläne für den Tod und die Beerdigung eines emeritierten Papstes vorgelegt hat, ist für den Vatikan-Publizisten Massimo Franco durchaus nachvollziehbar. Zur BBC sagte der Autor, das Verfahren müsse schließlich von Grund auf neu entwickelt werden. Doch nun dränge die Zeit – und es sei sehr wahrscheinlich, dass die "Causa Ratzinger" kein Einzelfall bleiben werde: "Für einige in der katholischen Kirche stellt der Rücktritt von Benedikt einen einmaligen Umstand dar, der sich nie wiederholen wird. Für andere könnte er einen Präzedenzfall darstellen und sich daher wiederholen." (Gianluca Wallisch, 30.12.2022)