Geschwindigkeit und Kapazität moderner Tape-Laufwerke sind mit jenen ihrer Urväter nicht zu vergleichen.

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Als das Land Kärnten im vergangenen Jahr Opfer einer Ransomware-Attacke wurde, war dies auf internationaler Ebene nur ein Beispiel von vielen: Von 2021 auf 2022 hat die Zahl dieser Cyberattacken laut einem Report von "Zscaler" um 80 Prozent zugenommen. Die produzierende Industrie ist dabei nach wie vor am häufigsten betroffen, das stärkste Wachstum wird mit einem Plus von 650 Prozent jedoch im Gesundheitsbereich verzeichnet. Bei Ransomware-Attacken verschlüsseln die Angreifer Daten und Systeme und fordern Lösegeld – das kann nicht nur teuer werden, sondern einen Betrieb auch tagelang lahmlegen und aufwendige Backupprozesse nach sich ziehen.

Der IBM 726 aus dem Jahr 1952 hatte weniger Speicherplatz als eine Diskette.
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Im Gespräch mit dem STANDARD heißt es seitens von IBM Österreich, dass man aufgrund dieser Entwicklung eine regelrechte Renaissance bei einer Technologie erlebe, die nie gänzlich verschwunden, in der breiten Masse jedoch in Vergessenheit geraten war: Bandlaufwerke. Laut einem Bericht von "Popular Science" wird diese Technologie von Institutionen wie dem Cern, aber auch von Konzernen wie Amazon, Google oder Meta verwendet.

Geschichte und Gegenwart der Bandlaufwerke

Die Speicherung auf Magnetbändern geht auf die Frühzeiten der Computertechnik in den 1950er- und 1960er-Jahren zurück, lange bevor es Disketten, CDs oder gar SSDs gab. Der IBM 726 im Jahr 1952 konnte Daten mit einer Geschwindigkeit von 6,1 kB/s übertragen, war in etwa so groß wie ein Kühlschrank und verfügte über eine Speicherkapazität von rund 2,3 Megabyte – weniger also als eine 3,5-Zoll-Diskette.

Seitdem hat sich viel getan. Im Jahr 2017 hat IBM etwa mit der Auslieferung des TS1155 begonnen: ein Tape-Laufwerk, bei dem eine Kassette eine Speicherkapazität von 15 Terabyte aufweist und Übertragungsraten von 360 Megabyte pro Sekunde ermöglicht. IBMs jüngste Tape-Bibliothek, die TS3500, kann bis zu 2,25 Exabyte an unkomprimierten Daten speichern. Prognostiziert wird, dass eine einzelne Kassette künftig 580 Terabyte an Daten speichern können soll – das entspricht der Kapazität von 786.977 CDs.

Ein Irrglaube ist auch, dass die Kassetten – so wie früher – händisch eingelegt werden. Diese Arbeit wird mittlerweile automatisiert von einem Roboter übernommen, wie das nachfolgende Video zeigt. Die Tapes sind dabei mit Barcodes beschriftet, anhand derer der Roboter erkennt, welche Kassette er sich schnappen und auslesen soll.

Racing-46

Schutz gegen Ransomware

Vor Ransomware-Angriffen schützt diese Technologie durch etwas, das der Konzern schick als "Air-gapped Isolation" bezeichnet. Im Kern bedeutet dies nichts anderes, als dass die auf den Tape-Laufwerken gespeicherten Daten physisch vom Rest der Firmen-IT getrennt und vom Internet losgelöst sind.

Das Sicherungskonzept sieht somit vor, dass regelmäßig "Snapshots" – also Kopien der vorhandenen Daten – erstellt und unveränderlich auf die Tape-Laufwerke geschrieben werden. Sollte es dann zu einem Ransomware-Angriff kommen und die im Alltag verwendete IT verschlüsselt werden, so kann aus den Tape-Laufwerken ein Backup ausgelesen werden.

Ergänzend zu dem Sicherheitsaspekt betont man bei IBM die Vorteile der Langlebigkeit und der ökologischen Nachhaltigkeit, wenn es um Kassettenlaufwerke geht. So ist es gelungen, auf dieser Basis Satellitenbilder aus den 1960er-Jahren zu retten, und im Gegensatz zu anderen Speichertechnologien verbrauchen Kassetten keinen Strom, wenn sie nicht genutzt werden.

Komplementär statt Verdrängung

Ein Allheilmittel sind Bandlaufwerke aber trotzdem nicht – denn nicht ohne Grund sind sie von anderen Speichertechnologien in den vergangenen Jahrzehnten zunehmend in den Hintergrund gedrängt worden. So ist es zum Beispiel nicht möglich, nur einzelne Sektoren eines Tapes zu bespielen – hier lautet die Devise "Ganz oder gar nicht", was die Technologie entsprechend unflexibel macht.

Zudem betont Johnny Yu, Research Manager bei IDC, im Gespräch mit "Popular Science", dass auf die Daten vergleichsweise langsam zugegriffen werden kann – ein Livesystem wird man somit nicht auf Tape betreiben wollen, für die langfristige Archivierung von Material eignet sich die Technologie hingegen optimal. Oder, wie es James Bain, Professor an der Carnegie Mellon University, ausdrückt: "So wie die SSD nicht die HDD verdrängt hat, so verdrängt die HDD nicht die Kassette." In wachsenden Datenzentren existieren die Technologien komplementär zueinander. (stm, 2.1.2023)