Die Corona-Tests für Einreisende aus China am Malpensa-Flughafen im italienischen Mailand starteten am 29. Dezember.

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Seit Peking von seiner strikten Zero-Covid-Politik abgegangen ist, machen sich Chinesinnen und Chinesen wieder Hoffnung auf Reisen in die ganze Welt. Gleichzeitig haben sich die Infektionszahlen im Reich der Mitte vervielfacht. In beliebten Destinationen herrscht zum Teil große Sorge vor einem zusätzlichen Infektionsimport.

Laut Touristikfachleuten hält sich die Zahl von Reisenden aus China in Europa derzeit in Grenzen. Mehr Ankünfte sind ab 8. Jänner zu erwarten, denn die Regierung in Peking hat angekündigt, ab dann auch die bis dato strengen (Wieder)-Einreisebestimmungen nach China zu lockern. Statt – zuletzt – tagelanger Quarantäne soll dann ein bis zu 48 Stunden alter negativer Corona-PCR-Test reichen.

Nervosität in Hallstatt

In Hallstatt, einem vorrangigen Ziel von Besuchern und Besucherinnen aus China in Österreich, hat Bürgermeister Alexander Scheutz (SPÖ) Unterstützung eingefordert. Er plädiert für ein gesamteuropäisches Testvorgehen bei Reisenden aus der Volksrepublik. Vertreter der EU-Staaten wollen am Mittwoch darüber beraten, teilte die schwedische Ratspräsidentschaft mit.

In Italien wollte man nicht so lange warten und lässt Reisende aus China nur mit zwei negativen Corona-Tests – einen in China, den zweiten nach der Ankunft – ins Land. Was spricht für, was gegen ein solches Vorgehen?

FÜR: In Italien wollte die rechtspopulistische Premierministerin Giorgia Meloni auf Nummer sicher gehen. Bereits kurz nach Weihnachten forderte sie ein gemeinsames europäisches Vorgehen ein.

Da es bis dato keine solche Regelung gibt, führte Rom am 28. Dezember im Alleingang für alle aus China in Italien ankommenden Menschen die zweifache Testpflicht – vor der Abreise und bei der Ankunft – ein. Zuvor hatten erste Testungen von Einreisenden am Flughafen Mailand-Malpensa ergeben, dass rund 45 Prozent der Passagiere auf zwei Flügen aus China infiziert waren.

Um allfällige neue Virusvarianten rechtzeitig zu erkennen, werden positive Testergebnisse von China-Einreisenden in Italien nun sequenziert. Bisher gab es keine besorgniserregenden Ergebnisse.

Von Laer für rasches Sequenzieren: "Es eilt"

Auch in Österreich sollte es Sequenzierungen von Positivtests bei China-Einreisenden geben, fordert die Innsbrucker Virologin Dorothee von Laer. Sie spricht sich daher für Tests aus. Nur so könnten gefährliche Virusmutationen rechtzeitig erkannt werden. Die EU reagiere schwerfällig, daher solle sich Österreich jetzt bereits auf ein Testregime für China-Einreisende vorbereiten. "Es eilt", sagt von Laer im Gespräch mit dem STANDARD.

Für Tests bei der Einreise aus China plädiert auch der Virologe von der Med-Uni Wien, Christoph Steininger. "Die Daten, die wir aus China bekommen, sind sicher sehr unvollständig", argumentiert er. Kurzfristig würde es daher Sinn ergeben, Einreisende aus China bei der Ankunft zu untersuchen. Allerdings nur, wenn einem positiven Testergebnis auch Konsequenzen wie eine verpflichtende Quarantäne folgen würden.

Derlei ist laut einem Sprecher des Gesundheitsministeriums aber nur für den Fall geplant, dass besorgniserregende Virusvarianten auftauchen, die in Österreich um sich greifen.

Etliche Staaten testen bereits

Mit dem Argument der schlechten Informationspolitik Pekings über Fallzahlen und Varianten haben unterdessen auch die USA, Südkorea, Israel, Kanada und Australien Testpflichten für China-Einreisende eingeführt. Zuletzt schlossen sich die EU-Staaten Frankreich und Spanien an, die zuvor noch an der Notwendigkeit für Tests gezweifelt hatten. Als bisher einziger Staat weltweit ging Marokko noch einen Schritt weiter und verbot Einreisen aus China insgesamt.

WIDER: Die Diskussion über die von chinesischen Reisenden ausgehenden Corona-Risiken fände "im evidenzfreien Raum statt", sagt der Komplexitätsforscher Peter Klimek im Gespräch mit dem STANDARD. Derzeit sei in Österreich "ein niedriger einstelliger Prozentsatz der Bevölkerung" infiziert. Von aus China eingetragenen Fällen gehe angesichts dessen "keine zusätzliche Gefahr" aus – zumal es sich bis dato um Infektionen mit auch in Europa verbreiteten Omikron-Varianten handle.

Ein größeres Problem als aus China, so Klimek, könne aus den USA und Kanada auf Europa zukommen, wo derzeit die Variante XBB.1.5. um sich greift. Diese könne die Immunität gegen bisherige Varianten besser umgehen.

Auch Klimek sieht in der mangelnden Corona-Informationspolitik Chinas ein Problem. Die Lösung, um Risiken für Österreich und Europa zu verringern, liege jedoch nicht in einzelstaatlichen Testregimes. Vielmehr brauche es ein gesamteuropäisches Vorgehen.

EU berät einmal wöchentlich

Dafür plädiert auch ein Sprecher des Gesundheitsministeriums in Wien. Bei einem Treffen des Health Security Committees (HSC) der EU diese Woche würden etwaige Maßnahmen besprochen.

Vor Testregimes für China-Einreisende in einzelnen Staaten der EU, wie sie dieser Tage eingeführt werden, warnt der Ministeriumssprecher. "Der bisherige Pandemieverlauf hat hinlänglich bewiesen, dass es dadurch zu keinen Lösungen kommt", sagt er. Österreich etwa setze auf ein ausgeklügeltes System des Abwassermonitorings – auch am Flughafen Wien-Schwechat.

Vielmehr werde im Fall einer nationalen Verzettelung ein Hinauflizitieren von Maßnahmen ausgelöst: "Man versucht dann, Schlupflöcher zu stopfen. Wenn das nicht gelingt, weil Einreisende aus China auch via Umsteigeflüge ins Land gelangen, kommt vielleicht erneut die Forderung nach Grenzschließungen auf." Damit einher gehe, wie schon zu Beginn der Pandemie, die Gefahr rassistischer Vorurteile gegen asiatische Menschen.

Auch Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) sprach sich am Montag für ein gesamteuropäisches Vorgehen aus.

Deutschland gegen Testpflicht

Auf EU-Ebene hat sich bisher vor allem Deutschland gegen die Testpflicht gewendet. Das dortige Robert-Koch-Institut argumentiert, dass aus China derzeit keine neuen Varianten bekannt sind, die zu einer Verschärfung der Pandemiesituation in Europa beitragen könnten.

Nicht begeistert über die Maßnahmen ist, wenig überraschend, auch die Volksrepublik China selbst. Sein Land habe bereits seit Ausbruch der Pandemie relevante Informationen und Daten mit der internationalen Gemeinschaft, auch der WHO, "auf offene und transparente Art und Weise geteilt" erklärte Chinas Außenministeriumssprecher Wang Wenbin.

Auch der Verband der Flughafenbetreiber ACI teilte mit, man halten die Maßnahme für "wissenschaftlich ungerechtfertigt" sowie "unkoordiniert". (Irene Brickner, Manuel Escher, Magdalena Pötsch, 2.1.2023)