Innenministerin Nancy Faeser (SPD) will kein bundesweites Böllerverbot, aber eine konsequente Bestrafung der "Chaoten und Gewalttäter".

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Am Berliner Alexanderplatz gilt zu Silvester bereits Böllerverbot, nun wird über eine Ausweitung der Verbotszonen diskutiert.

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Die ersten Tage im neuen Jahr sind für die Berliner Stadtreinigungsbetriebe (BSR) Großkampftage. Es dauert, bis all die abgebrannten Böller und zersplitterten Flaschen auf den Straßen wieder beseitigt sind. Diesmal ging es in der deutschen Hauptstadt zum Jahreswechsel besonders heftig zu. Doch der hinterbliebene Müll auf den Straßen ist nicht das größte Problem, sondern die Bilanz der Polizei und der Feuerwehr.

Es "waren massive Angriffe auf Einsatz- und Rettungskräfte im gesamten Stadtgebiet zu verzeichnen, die in ihrer Intensität mit den Vorjahren nicht zu vergleichen sind", teilte die Polizei mit. Insgesamt wurden 33 Einsatzkräfte bei Polizei und Feuerwehr verletzt. Auch in anderen deutschen Städten wie in Hamburg kam es zu Attacken. In Berlin wurden 98 Männer und fünf Frauen festgenommen.

Offenbar in Hinterhalte gelockt

Jochen Kopelke, der Chef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), berichtete von Kollegen und Kolleginnen, die gezielt in Hinterhalte gelockt worden seien, und betonte: "Solche für unsere demokratische Gesellschaft beschämenden Übergriffe dürfen auf keinen Fall unter der Kategorie Berufsrisiko abgehakt werden." Seiner Meinung nach hätten nach zweimal Corona-Silvester nun viele Menschen besonderen Druck verspürt, den Jahreswechsel exzessiv zu begehen.

Video: Attacken auf Einsatzkräfte sorgen für Bestürzung und haben in Deutschland eine Debatte über ein Böllerverbot neu angefacht.
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Die GdP Berlin fordert nun für das kommende Jahr ein Böllerverbot: "Diesen Menschen muss man das Handeln in Zukunft deutlich erschweren." Auch die Feuerwehrgewerkschaft ist der Ansicht, dass man darüber vor dem nächsten Jahreswechsel debattieren müsse.

Laut Berliner Polizei ist es in jenen Zonen, in denen in der Hauptstadt Böllerverbot galt (etwa am Alexanderplatz), zu keinen besonderen Vorkommnissen gekommen.

"Wir werden erneut im Senat über die Ausweitung von Böllerverbotszonen sprechen müssen", erklärte die Berliner Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD). Einen Schritt weiter will der Berliner Kultursenator Klaus Lederer (Linke) gehen. "Was soll dieser Quatsch mit den Böllern eigentlich? Das braucht kein Mensch", meint er und verlangt ein bundesweites Verkaufsverbot von Böllern.

Diskussion um "Tradition"

Innenministerin Nancy Faeser (SPD) erteilte ihm aber rasch eine Absage. "Das bestehende Recht bietet bereits umfassende Möglichkeiten, um das Abbrennen pyrotechnischer Gegenstände zu verbieten oder auch zu begrenzen", sagte eine Ministeriumssprecherin. So gebe es bereits etwa im Gebiet von Kirchen oder Altenheimen ein generelles Böllerverbot. Zudem könnten die Länder Verbotszonen einrichten. Die Vorfälle in der Silvesternacht verurteilte die Bundesregierung "auf das Schärfste", wie eine Sprecherin sagte.

Faeser forderte, dass die bestehenden Strafvorschriften "gegen Chaoten und Gewalttäter mit aller Konsequenz angewandt und durchgesetzt werden". Damit könnten auch "empfindliche Freiheitsstrafen" verhängt werden, erklärte die SPD-Politikerin, betonte zugleich aber: "Millionen Menschen in Deutschland haben in der Silvesternacht friedlich gefeiert."

Das sieht auch die CDU so. Deren Berliner Landeschef Kai Wegner sagt, nur weil einige Hundert Chaoten Polizei und Feuerwehr angegriffen hätten, dürfe man nicht "den Familien diese Tradition nehmen".

Die deutsche Feuerwehrgewerkschaft fordert, Einsatzfahrzeuge mit Dashcams auszustatten, um Angriffe besser zu dokumentieren. (Birgit Baumann aus Berlin, red, Reuters, 2.1.2023)