Begrifflich angelehnt ist die neue Führungs-Spezies an Helikoptereltern, die ihre Sprösslinge nie aus den Augen lassen.
Foto: Christian Fischer

Wir starten mit einer neuen Mutation in den Führungskadern, dem Helicopter-Boss, ins neue Arbeitsjahr. Natürlich sind wir zuversichtlich, dass es ein gutes wird, und wir rechnen damit, dass sich unsere Vorgesetzten außerordentlich für unsere "mental health" interessieren werden – allen Umfragen unter Personalexperten zufolge ist das ja Topthema.

Die neue Art Führungsperson ist in den Jahren der Pandemie entstanden. Arbeitskräftemangel und die Wünsche nach Arbeitszeitreduktion haben ihre Entwicklung beschleunigt. Ständig neue Umfrageergebnisse zur Ausbreitung von Negativstress, Erschöpfung und Überforderung haben sie groß werden lassen.

Begrifflich angelehnt ist die neue Führungsspezies an Helikoptereltern, die ihre Sprösslinge nie aus den Augen lassen, jeden Entwicklungsschritt planen und überwachen, jede kleine Panne, jedes kleine Scheitern verhindern und selbst noch im Erwachsenenalter laut brummend (eben wie ein Helikopter) über den Kindern kreisen. Von dort kommt auch alles herabgeregnet, was die Sprösslinge brauchen könnten – sie müssen sich gar nicht mehr anstrengen. Alles liebevollst natürlich.

Fürsorge oder Micromanagement?

Helicopter-Bosses zeigen dieses Verhalten in der Firma. Da wird dauernd nachgeschaut, wie es den Leuten geht, dauernd nachgefragt, ob alles in Ordnung sei, wie das werte Wohlbefinden heute sei. Ständig aufmunternde Bestlaune gesprüht.
Auf den ersten Blick ist das besonders nettes und empathisches Führungsverhalten. Vor allem in einer Situation, in der es vielen Mitarbeitenden nicht wirklich gut geht, Existenzängste aufflammen, schnell alles zu viel wird.

Auf den zweiten Blick ist es aber gut möglich, dass Helicopter-Bosses bloß eine zeitgemäße Spielart der Kontrolle und des Mikromanagements anwenden. Möglich auch, dass sie Grenzen überschreiten – es ist ja nur gut gemeint. Alle paar Minuten die besorgte Hand "von oben" auf der Schulter, ob denn die Arbeitsfähigkeit nicht angegriffen sei – das wird nicht allen im Team gut gefallen. (Karin Bauer, 6.1.2023)