Nein zu grüner Forderung nach jährlicher automatischer Anpassung der Mittel für den ORF: Medienministerin Raab.

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Wien – Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) verlangt vom ORF Sparmaßnahmen, wie sie zuletzt eine deutliche Mehrheit der Befragten in einer STANDARD-Umfrage gefordert hat: "Eine automatische jährliche Steigerung des Budgets für den ORF, wie vom Koalitionspartner gefordert, ist nicht in meinem Sinn", erklärt Raab, die derzeit mit den Grünen über die künftige Finanzierung des ORF verhandelt. Eine Gremienreform lehnt sie neuerlich ab, die Unabhängigkeit sehe sie nicht gefährdet.

Keine Festlegung auf künftiges GIS-Modell

Ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) sieht vor, dass ab 2024 auch die Streamingnutzung von ORF-Angeboten kostenpflichtig sein muss. Künftig könnte die GIS auf streamingfähige Geräte erweitert, eine Haushaltsabgabe eingeführt oder der ORF per Bundesbudget finanziert werden – eine Analyse der drei Modelle finden Sie hier.

"Die Neuregelung ist notwendig aufgrund des VfGH-Erkenntnisses, das die jetzige Regelung als verfassungswidrig beurteilt hat. Alle drei Varianten liegen nach wie vor auf dem Tisch und werden derzeit geprüft", legte sich Raab gegenüber der APA nicht fest.

Weniger Geld für den ORF

Jedoch ließ sie durchblicken, dass der ORF in Zukunft weniger Geld zur Verfügung haben könnte: "Egal welche Finanzierungsform: Auch das Geld für den ORF wächst nicht auf den Bäumen. Es wird von hart arbeitenden Gebührenzahlerinnen und -zahlern erwirtschaftet. Eine automatische jährliche Steigerung des Budgets für den ORF ist nicht in meinem Sinne."

Ihr sei wichtig, dass man nicht reflexartig die Hand aufhalte, sondern der ORF sich "mit gutem Willen ansieht, wo man in der Struktur im öffentlich-rechtlichen Rundfunk sparen kann". Voraussetzung dafür sei ein Kassasturz, um den sie ORF-Generaldirektor Roland Weißmann gebeten habe. "Das ist besonders in Zeiten wie diesen wichtig, wo die Menschen sparen müssen", so Raab.

"Größte Finanzkrise"

ORF-Chef Weißmann warnte im November, dass der ORF ab 2024 vor "einer der größten Finanzierungskrisen in seiner Geschichte" stehe und auf Basis des gegenwärtigen Finanzierungsmodells die Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags nicht mehr garantiert werden könne. Auch hofft er, dass die Möglichkeiten des ORF im digitalen Raum erweitert werden.

Digitalnovelle kommt

Eine Digitalnovelle wurde von der Regierung bereits angekündigt. Raab bekräftigte das Vorhaben: "Eine Weiterentwicklung des ORF in Richtung digitales Zeitalter ist notwendig. Wir werden die Rahmenbedingungen schaffen." Im Blick habe man den gesamten Medienstandort. Dieser solle gestärkt und nicht durch die Novelle geschwächt werden. Priorität habe aber nun, dem VfGH-Erkenntnis zu entsprechen und die künftige Finanzierung des ORF zu regeln.

"Nicht den Eindruck, dass die Unabhängigkeit gefährdet ist"

Daher sei auch eine Gremienreform für den ORF jetzt nicht angedacht. "Ich habe nicht den Eindruck, dass die Unabhängigkeit des Journalismus im ORF gefährdet ist oder beispielsweise gar besonders regierungsfreundlich berichtet wird. Wenn es Einzelfälle mit Verfehlungen gibt, ist es wichtig, dass diese von den Medienunternehmen genau untersucht werden", so Raab.

In letzter Zeit tauchten etwa Chats auf, in denen sich formal unabhängige ORF-Stiftungsräte mit Politikern austauschten. Auch offenbarte ein Sideletter, dass sich die Regierung die Direktorenposten im ORF aufgeteilt hat.

Eine aktuelle STANDARD-Umfrage zeigt große Zweifel, ob ORF-Landesstudios journalistisch frei von politischem Druck arbeiten können. Im Dezember enthüllten DER STANDARD und andere Medien Einflussnahmen auf die Berichterstattung im Landesstudio Niederösterreich.

Inseratenvergabe "darf niemals willkürlich sein"

Abseits des ORF befanden sich mehrere Mediengesetze in Begutachtung. So sollen Inserate der öffentlichen Hand künftig lückenlos dargelegt und eine neue Qualitätsjournalismusförderung eingeführt werden. Zudem soll die "Wiener Zeitung" künftig primär online erscheinen. In den Stellungnahmen wurde etwa kritisiert, dass die Inseratenvergabe weiterhin willkürlich erfolgen könne und bei der neuen Förderung die Hürden für Onlinemedien zu hoch ausfallen und Wissenschaftsjournalismus nicht gefördert werde.

"Die Expertinnen und Experten meines Hauses sichten gerade die Stellungnahmen. Selbstverständlich sind wir offen für gute Anregungen", so Raab. Die Kritik an der willkürlichen Vergabe kann sie nicht nachvollziehen: "Eine Vergabe mit öffentlichen Mitteln darf niemals willkürlich sein. Es gibt strenge Vergaberegeln. Die Kontrolle der Vergabe verschärfen wir nun mit einer Gesetzesreform und neuen Transparenzregeln."

Raab hält an Aus für "Wiener Zeitung" fest

An den grundsätzlichen Plänen zur "Wiener Zeitung" dürfte wenig gerüttelt werden. "Die Zukunft des Medienmarkts ist das Digitale. Diesen Weg bestreitet die 'Wiener Zeitung' nun auch", sagte Raab. Die Zeitung solle so neue Lesergruppen erreichen, gleichzeitig werde die Traditionsmarke erhalten bleiben. "In keiner Weise" sei es Intention, die Journalismusausbildung des vorgesehenen "Media Hub Austria" bei der Wiener Zeitung GmbH unter Kontrolle der Politik zu stellen, wie Kritiker befürchten. "Oberstes Ziel ist es, die Unabhängigkeit in der Ausbildung sicherzustellen, und das werden wir auch mit dem neuen Gesetzesentwurf untermauern", sagte die Medienministerin. (APA, red, 4.1.2023)