Ein Team der Spurensicherung bei der Arbeit an einem Tatort. Das Bild zeigt das Umfeld der Ermittlungen nach einem Mord, der im Vorjahr in Wien-Brigittenau begangen wurde.

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Das Jahr 2023 ist noch keine Woche alt, und das Landeskriminalamt Wien hat es bereits mit zwei mutmaßlichen Mordfällen zu tun. Nach dem gewaltsamen Tod eines Apothekers aus Wien-Donaustadt in der Silvesternacht wurde bei den Kriminalisten auch in der Nacht auf Mittwoch Mordalarm ausgelöst. Auf der Reinprechtsdorfer Straße in Wien-Margareten lag ein toter Mann.

Eine Autofahrerin hatte den leblosen Körper kurz nach 22.30 Uhr bemerkt und die Polizei gerufen. Die Lenkerin begann noch selbst mit Erste-Hilfe-Maßnahmen, eintreffende Polizisten führten eine Herzdruckmassage durch und stellten beim Aufschneiden der Oberbekleidung des Mannes zwei Stichwunden in der Brust fest. Diese Verletzungen waren zu schwer. Helfer der Berufsrettung Wien konnten nur noch feststellen, dass das Opfer bereits verstorben war. Laut Polizei handelt es sich um einen 24-jährigen Mann aus dem Irak. Noch am Mittwoch sollte der Leichnam obduziert werden.

Weitere Zeugen gesucht

Nach Zeugenaussagen soll es, unmittelbar bevor der junge Mann auf der Straße zusammenbrach, einen lautstarken Streit gegeben haben. Passanten hörten Geschrei und sahen dann einen Mann sehr schnell weglaufen. Dabei dürfte es sich um den Täter gehandelt haben. Das Landeskriminalamt Wien hoffte auf Informationen von weiteren Zeugen, auch anonym. Die Ermittler bräuchten sowohl Hinweise zum Tathergang als auch weitere Beschreibungen des unbekannten Täters. Hinweise werden unter der Wiener Telefonnummer 01/31310-33800 entgegengenommen.

Der oder die Täter noch flüchtig

Auch im mutmaßlichen Mordfall aus der Silvesternacht waren der oder die Täter am Mittwoch noch flüchtig. Wie berichtet, war der 74-jährige Apotheker Heinrich Burggasser am Neujahrstag tot in seinem Haus in Wien-Donaustadt aufgefunden worden. Die Obduktion ergab als Todesursache stumpfe Gewalt gegen den Kopf. Freunde hatten den Toten am Sonntag gegen 11.40 Uhr gefunden. Sie hatten zuvor gemeinsam die Silvesternacht mit dem 74-Jährigen verbracht und gegen 0.30 Uhr zuletzt Kontakt. Was in der Zeit bis zum Fund der Leiche passierte, wird vom Landeskriminalamt "auf Hochtouren" ermittelt, wie es hieß.

Heinrich Burggasser war nicht nur in seinen beiden Apotheken ein bekannter Mann, er war zwischen 2007 und 2012 auch als Präsident der Apothekerkammer einer breiteren Öffentlichkeit bekannt.

51 Morde in Österreich

Die beiden mutmaßlichen Morde innerhalb von nur drei Tagen sind zwar nur eine zufällige Häufung, aber jedes Kapitalverbrechen kann das subjektive Sicherheitsgefühl in der Bevölkerung beeinträchtigen. In Wien gab es laut Polizei im Vorjahr 15 Mordfälle mit 16 Opfern. Nur drei davon sind bisher ungeklärt. Österreichweit wurden 2021, jüngere Daten sind noch nicht verfügbar, 51 Morde begangen, 2019 waren es 65 und 2014 zum Beispiel 36. Mordversuche sind hier nicht mitgezählt.

Im internationalen Vergleich gelten Österreich und seine Bundeshauptstadt Wien aber als sehr sicher. Die meisten Vergleiche beziehen sich auf eine Studie des Uno-Büros United Nations Office on Drugs and Crime (UNODC), das in Wien seinen Sitz hat. Demnach liegt die Tötungsrate in Österreich (Tötungen pro 100.000 Einwohner) bei 0,7 und Österreich damit gleichauf mit Deutschland, Spanien oder Neuseeland. Doppelt so hoch ist die Rate laut Uno etwa in Rumänien, Israel, Frankreich und in Jordanien.

Die gefährlichsten Länder

Zu bedenken ist aber, dass die Daten der Uno sich auf Tötungsdelikte beziehen. Nicht jede Tötung ist ein Mord, und für Mord gibt es durchaus unterschiedliche Definitionen in den Rechtssystemen der Staaten. Die Studie stammt außerdem aus dem Jahr 2012, wurde aber zumindest bis 2018 regelmäßig mit neuen Daten gefüttert.

Am traurigen Ende der Fahnenstange befindet sich mit Abstand Venezuela, wo die Tötungsrate über 80 liegt – mehr als 80 pro 100.000 Menschen in dem südamerikanischen Staat sterben durch fremde Gewalt. Kriegerische Auseinandersetzungen werden in dieser Statistik der Uno nicht berücksichtigt.

El Salvador, das lange das Land mit der höchsten Tötungsrate war, liegt in der Statistik mit einem Wert von 50 hinter Venezuela, Jamaika und den Amerikanischen Jungferninseln auf Platz vier.

Die gefährlichsten Städte

In der Liste der gefährlichsten Städte liegt überraschend Basseterre, die Hauptstadt der Inselföderation St. Kitts und Nevis auf den Kleinen Antillen, ganz vorne. Die Tötungsrate wurde auf 131 berechnet – die Stadt hat nur 14.000 Einwohner. Auch Caracas in Venezuela ist mit einem Wert von 122 wieder vorn dabei. Auf über 100 gewaltsame Tötungen pro 100.000 Einwohner kommen außerdem die Hauptstädte Tegucigalpa in Honduras, Guatemala-Stadt in Guatemala und Belize City in Belize.

In Wien liegt die von der Uno angegebene Tötungsrate bei einem Wert von 1,4, in Berlin beträgt sie 1,0 und in Zürich 0,7. (Michael Simoner, 4.1.2023)