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Wer mit Gas kocht oder heizt, muss neuerdings deutlich tiefer in die Tasche greifen. Der Gaspreis hat sich vervielfacht.

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Der Höhenflug der Gaspreise im Gefolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hat viele Haushalte kalt erwischt. Viele möchten raus aus Gas, was so schnell aber nicht geht. Was trotzdem berücksichtigt und getan werden kann.

Frage: Alle reden von Gaskrise, die Gaspreise aber sinken. Wieso?

Antwort: Erstens sind es die Preise im Großhandel, die sinken, und nicht die Haushaltspreise – noch nicht. An der Börse, sprich im Großhandel, können sich Energieversorger und die Industrie augenblicklich mit billigerem Gas eindecken. Die Preise sind unter anderem deshalb gesunken, weil die Gasspeicher Anfang Jänner wider Erwarten sehr gut gefüllt sind. Das hat damit zu tun, dass dank milder Temperaturen der Bedarf als Brennstoff für Heizungen sinkt. Außerdem konnte zuletzt mehr Strom aus Windkraft gewonnen werden, was den Verbrauch von Gas zur Stromerzeugung bremst.

Frage: Wie stark sind die Preise im Großhandel gefallen?

Antwort: Der europäische Future TTF für niederländisches Erdgas zur Lieferung am Folgetag verlor zur Wochenmitte fast 20 Prozent und ist mit 67,89 Euro je Megawattstunde (MWh) billiger als unmittelbar vor Ausbruch des Ukraine-Kriegs am 24. Februar 2022. Das Rekordhoch hatte diese Notierung im vorigen Sommer bei rund 310 Euro je MWh erreicht. Damals hatte ein Lieferstopp von Erdgas aus Russland zu einem rasanten Höhenflug beim Erdgaspreis geführt.

Frage: Kann man Entwarnung geben, ist die Gaskrise überstanden?

Antwort: Nein. Trotz der jüngsten Entspannung liegt der Preis für europäisches Erdgas immer noch auf einem vergleichsweise hohen Niveau. Im Jahr 2020 lagen die Notierungen des Terminkontrakts TTF noch unter der Marke von 20 Euro. Sollte es doch noch eine längere Kälteperiode geben, könnten die Preise rasch wieder in Richtung 100 Euro je MWh oder mehr marschieren. Insgesamt bleibt Gas ein knappes Gut, seitdem deutlich weniger über Pipelines aus Russland kommt.

Frage: Warum ist der Preisverfall der vergangenen Wochen bei den Haushalten nicht angekommen?

Antwort: Das hat mit der Beschaffungspolitik der Gasversorger zu tun. Sie kaufen Gas, aber auch Strom für Haushaltskunden in der Regel über ein bis drei Jahre hinweg ein, und zwar in Tranchen. Das heißt, sie kaufen jeden Monat in etwa die gleiche Menge zu. So kommen Landesenergieversorger oder Stadtwerke auf einen langfristigen Durchschnittspreis. Das hat für Kunden und Kundinnen den Vorteil, dass sie Preisspitzen, wie es sie im vergangenen Sommer gab, nicht unmittelbar und so dramatisch spüren, weil die hohen Preise nur zu einem Bruchteil in den durchschnittlichen Beschaffungspreis einfließen. Nachteil ist, dass auch Preissenkungen im Großhandel bei den Endkunden erst zeitversetzt ankommen.

Frage: Macht es Sinn, den Anbieter zu wechseln, oder gibt es derzeit ohnehin kein billiges Gas am Markt?

Antwort: Die Zeiten, in denen ein Lieferantenwechsel mehrere Hundert Euro Ersparnis pro Jahr bei der Gas- und etwas weniger bei der Stromrechnung brachte, sind vorerst vorbei. So billig, wie Energie einmal war, wird sie nie mehr werden, sagen Experten unter Verweis auf die Riesenherausforderung, das Energiesystem aus Umwelt- und Abhängigkeitsgründen von fossil auf erneuerbar umzustellen. Dennoch raten E-Control und Arbeiterkammer, einen Blick auf den Tarifkalkulator zu werfen, der von der Regulierungsbehörde betrieben wird. Vereinzelt gebe es wieder günstigere Angebote.

Frage: Viele Billiganbieter haben sich vom Markt zurückgezogen. Kommen sie jetzt wieder?

Antwort: Tendenziell seien wieder mehr Anbieter am Markt, wenn auch nicht sehr viel mehr, heißt es bei der E-Control. Sollten die tieferen Preise, die derzeit im Großhandel zu sehen sind, doch längere Zeit halten, sei zu erwarten, dass neue (alte) Anbieter auf den Markt kommen bzw. zurückkehren, um kurzfristig mit günstigen Angeboten Neukunden zu werben.

Frage: Kann jeder/jede den Anbieter sofort wechseln, wenn er oder sie ein günstigeres Angebot findet?

Antwort: Im Prinzip schon, allerdings nicht zu jeder Zeit. Kunden und Kundinnen, die erst vor kurzem ein neues Vertragsverhältnis eingegangen sind und möglicherweise eine Preisgarantie für ein Jahr haben, sind auch so lange an ihren Lieferanten gebunden. Kunden und Kundinnen, die übersiedeln und erst einen neuen Lieferanten finden müssen oder deren Vertrag demnächst ausläuft, können das sofort tun. Auch gibt es Verträge, wo man monatlich aussteigen kann und nicht längerfristig gebunden ist.

Frage: Was kann man tun, wenn die zu zahlenden Teilbeträge extrem hoch sind?

Antwort: Als Erstes sollte man sich an den Gaslieferanten wenden und fragen, ob man nicht niedriger eingestuft werden kann. Es kann vorkommen, dass man versehentlich falsch eingestuft wurde, weil ein zu hoher Verbrauch geschätzt wurde. Im Idealfall sollte man den Verbrauch des Vorjahres, der auf der Jahresabrechnung steht, mitschicken. In jüngster Zeit gebe es auch vermehrt Anzeichen, dass sich Gasunternehmen durch höhere Vorschreibungen als gerechtfertigt Liquidität verschaffen, wie mancherorts vermutet. Betroffene Unternehmen bestreiten das. Spätestens mit der Jahresabrechnung muss das zu viel kassierte Geld rücküberwiesen werden.

Frage: Gibt es einen Rechtsanspruch, richtig eingestuft zu werden, oder ist man auf den Goodwill des Unternehmens angewiesen?

Antwort: Im Paragraf 124 Absatz sechs Gaswirtschaftsgesetz ist geregelt, wie die Teilleistungsbeträge zu berechnen sind. Das Problem sei die Durchsetzbarkeit, heißt es in der Arbeiterkammer. Kommt es zu keiner Einigung mit dem Lieferanten, bleibe der Weg zur Schlichtungsstelle der Regulierungsbehörde E-Control offen. Diese wird aktiv, wenn man vorher selbst mit dem Lieferanten in Kontakt getreten ist und versucht hat, eine Einigung zu erzielen.

Frage: Wird die Schlichtungsstelle sofort aktiv?

Antwort: Die Schlichtungsstelle ist überlastet, weil die Zahl der Fälle zuletzt rapid gestiegen ist. "Es dauert rund acht Wochen, bis das Anliegen gesichtet werden kann", steht auf der Homepage der E-Control. Die Arbeiterkammer rät deshalb, mit Bedacht an die Sache heranzugehen. Bei Kündigung eines Bestandsvertrags könne es passieren, dass man es mit noch höheren Vorschreibungen zu tun bekomme. (Günther Strobl, 4.1.2023)