Bronner meint, seinen Beitrag zur Veränderung der Medienlandschaft mit seinen drei Mediengründungen geleistet zu haben.

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Oscar Bronner, der Künstler und Gründer von STANDARD, "Profil" und "Trend", wird am kommenden Samstag 80. In einem Interview mit der APA spricht der Herausgeber des STANDARD über sein Werk – künstlerisch wie publizistisch. Und über den Zustand der österreichischen Medienpolitik.

"Man darf sich nicht wundern, dass manche korrupt werden"

"Wir haben derzeit eine Politik, die Verhaberung fördert. Wir haben eine Politik, die Korruption fördert. Wenn man merkt, dass Zeitungen, die Deals mit der Politik abschließen und sich vom Standpunkt der Politik aus wohlverhalten, mit besonders vielen Regierungsinseraten belohnt werden, dann darf man sich nicht wundern, dass manche korrupt werden", sagt Bronner.

Wie könnte man gegensteuern? "Als Erstes sollte man dort eingreifen und die Dinge ändern. Auf der anderen Seite gibt es die Versuchung für Journalisten. Solange Führungspositionen im ORF von der Politik besetzt werden, finden sich Opportunisten, die sich danach richten. Aber es gibt zum Glück Journalisten, die da nicht mitmachen. Sie mussten halt immer wieder zuschauen, wie andere große Karrieren machen und sie nicht. All das gehört endlich geändert. Es wird immer nur geredet, aber nicht gehandelt."

Bisher erkennt Bronner hier "nur unzureichende Vorschläge und merke keinen Umschwung. Man scheint sich in diesem Sumpf wohlzufühlen."

"Raison d'Être mit der ersten Ausgabe offen gelegt"

Chats und politische Verbindungen im Sinne der Karriere kosteten zuletzt Chefredakteure von "Presse" und ORF-Fernsehen ihren Job. Die öffentlich gemachten Chats sorgten für Diskussionen über das Vertrauen in Medien und Journalismus in Österreich. DER STANDARD startete im Herbst 2022 einen Transparenzblog.

DER STANDARD habe sich dem Thema nicht erst mit seinem Transparenzblog gewidmet: "Wir haben unsere Raison d'Être schon mit der ersten Ausgabe offengelegt, und das wurde begrüßt. Ich bilde mir ein, dass der Erfolg des STANDARD – in einem an sich saturierten Markt etwas Außergewöhnliches – damit zu tun hat." In der Medienbranche "redet man ungern über sich selber".

Gegenüber dem STANDARD nimmt Bronner keinen Vertrauensverlust wahr: "Ich merke es zumindest nicht. Aber ich denke schon, dass wir mitleiden. Wenn eine Branche so in Verruf gerät, wie es beim Journalismus zu großen Teilen auch zu Recht in Österreich der Fall ist, färbt das natürlich ab. Wir wollten nicht 'mitgefangen, mitgehangen' sein und haben unsere Arbeitsweise dokumentiert."

"Wünsche 'Profil' viel Glück"

Bronner hat 1970 den "Trend" und "Profil" gegründet und später der Redaktion und dem "Kurier" verkauft. Das Wirtschaftsmagazin "Trend" gehört heute der Magazingruppe VGN, das "Profil" inzwischen wieder ganz dem "Kurier".

Das Nachrichtenmagazin habe "seit langer Zeit Probleme", sagt Bronner, sei damit aber nicht alleine: "Diese Art von Magazin ist derzeit weltweit in Schwierigkeiten. Die klassische Funktion eines Nachrichtenmagazins haben mittlerweile die Tageszeitungen übernommen, die aufgrund der schnelleren digitalen Medien Hintergründe liefern müssen und wollen. Damit mussten sich Nachrichtenmagazine ein neues Feld suchen. Dort, wo es gelungen ist, überleben sie. Dort, wo nicht, sinken Auflage und Leserschaft – und das ist beim 'Profil' eben passiert. Sie haben einiges verschlafen, was mir sehr leidtut. Mal schauen, ob sie das Ruder herumreißen können."

Herumreißen soll das Ruder dort "Kurier"-Vizechefredakteur Richard Grasl als Geschäftsführer der Profil Redaktions GmbH, die auch die Herausgeberschaft übernimmt. Chefredakteurin wird nach Christian Rainer Anna Thalhammer, bisher bei der "Presse". Bronner: "Ich hoffe, dass die neue 'Profil'-Führung das schaffen wird. Die neue Chefredakteurin ist eine gute Journalistin. Ob sie eine gute Blattmacherin ist, weiß niemand. Auch der neue Geschäftsführer hat kein Know-how für die Führung von Magazinen. Das ist nicht das Gleiche wie bei Tageszeitungen. Außerdem steht der Ruf, der ihm vorauseilt, nicht wirklich für unabhängigen und überparteilichen Journalismus. Ich wünsche dem 'Profil' viel Glück."

Beitrag, um die Medienlandschaft zu verändern

Mit seinen drei Mediengründungen hat Bronner "meinen Beitrag geleistet, um die Medienlandschaft zu verändern. Ich wollte, dass die Österreicher sich besser informieren können. Einen größeren Anspruch will ich nicht erheben. Es ging mir auch darum, Medien zu schaffen, bei denen man sich für den Journalismus, den man dort betreibt, nicht genieren muss."

Als Vorbild für den STANDARD nannte Bronner bei der Gründung 1988, damals von einem Jahrzehnt in New York als Künstler zurück in Wien, die "New York Times". Bronner: "Mir war klar, dass der österreichische Markt nicht 1.400 Journalistinnen und Journalisten für eine Zeitung finanzieren kann. Es macht einen Unterschied, ob ein Journalist an einer Geschichte tage-, wochen- oder manchmal monatelang arbeiten kann oder relativ schnell fertig sein muss. Qualität hat auch mit Quantität zu tun, aber nicht nur. Das Vorbild für mich war, anständigen Journalismus zu machen: unabhängig, überparteilich, ohne versteckte Interessen und auf Augenhöhe mit den Lesern. In all diesen Aspekten haben wir der "New York Times" vom ersten Tag entsprochen. Aber man darf nie selbstzufrieden sein. DER STANDARD arbeitet täglich daran, noch besser zu werden."

Er habe den STANDARD aber nicht gegründet, um ihn zu leiten, sondern um ihn lesen zu können, sagt Bronner: "Er hat eine ausgezeichnete Führung, ich muss daher seit vielen Jahren nicht mehr ins Büro gehen. Ich habe auch keine Funktion mehr, außer dass ich Herausgeber geblieben bin. Die Tätigkeit dafür ist höchst überblickbar. Ich lese die Zeitung, achte darauf, dass die Blattlinie eingehalten wird, und stehe für Fragen zur Verfügung, was erfreulich wenig in Anspruch genommen wird."

Künstler mit Brotberuf Journalismus

Bronner widmet sich seit Jahren der Kunst, als Maler und derzeit vor allem als Bildhauer. "Ich betrachte mich sowohl als Maler wie auch als Bildhauer, kann es aber nicht parallel ausüben. Das hat damit zu tun, dass ich in Serien arbeite. Eine Skulptur ergibt sich aus der vorherigen, und dann kommt die nächste, die wieder eine Variante dazu ist. Das war bei den Bildern genauso. Ich mache so lange weiter, bis eine Serie ausgeschöpft ist. Ich hoffe, dass ich bald wieder zu malen anfange. Im Moment sind aber noch Skulpturen in meinem Kopf."

Er sieht sich vor allem als Künstler, nicht als Medienmacher: "Es ist nicht ungewöhnlich, dass ein Künstler einen Brotberuf hat. Für mich war es der Journalismus. Die Zeitungsgründungen haben sich daraus ergeben. Und sie überschatten alles andere. Für viele Menschen bin ich der erfolgreiche Zeitungsmacher, der eben ein Hobby hat. Dass das für mich eher umgekehrt ist, ist schwer vermittelbar. Aber da kann man nichts machen."

Bedauert Bronner das? "Da ist nichts zu bedauern. Ich habe gelernt, damit zu leben. Es wäre für die Medienlandschaft nicht gut, wenn es umgekehrt wäre." (APA, red, 9.1.2023)