Offiziellen Angaben zufolge wurden bisher 14 Menschen in Zusammenhang mit den Protesten zum Tode verurteilt.

via REUTERS / WANA NEWS AGENCY

Teheran – Die Justiz im Iran hat einen weiteren Mann wegen dessen Beteiligung an den seit Monaten andauernden Protesten zum Tode verurteilt. Arshia Takdastan sei am Donnerstag der "Korruption auf Erden" und des "Krieges gegen Gott" schuldig gesprochen worden, berichtete der Internetdienst Misan Online der iranischen Justizbehörde.

Takdastan sei der "Anführer einer Menge auf dem Hauptplatz der Stadt Noschahr" im Norden des Landes gewesen und habe dabei "schwere Straftaten begangen", berichtete Misan Online weiter. Über das Alter des Verurteilten und das Datum seiner Festnahme machte die Behörde keine Angaben. Der Verurteilte kann gegen das Urteil Berufung einlegen.

Bislang wurden offiziellen Angaben zufolge 14 Menschen in Zusammenhang mit den Protesten zum Tode verurteilt. Zwei der Todesurteile wurden bereits vollstreckt, vier Todesurteile wurden vom Obersten Gericht bestätigt, sechs Verurteilte warten auf neue Verfahren.

Berichte über Festnahme Nawab Ebrahimis

Ein beliebter iranischer Internet-Star und Koch ist Menschenrechtlern zufolge festgenommen worden. Nawab Ebrahimi sei am Mittwoch in das berüchtigte Ewin-Gefängnis in der Hauptstadt Teheran gebracht worden, berichtete am Donnerstag unter anderem die in den USA ansässige Organisation Human Rights Activists News Agency (HRANA). Von offizieller Seite gab es zunächst keine Bestätigung.

Ebrahimi hatte diese Woche für Spott im Netz gesorgt, nachdem er ein Rezept für "Koteletts", eine iranische Fleischleibchen-Version aus Fleisch und Kartoffelpüree, auf seinem inzwischen gelöschten Instagram-Account mit mehr als 2,7 Millionen Followern veröffentlicht hatte. Hintergrund ist der Todestag des einflussreichen Revolutionsgarden-Kommandanten Qassem Soleimani. Während ihn Systemanhängern als Volksheld und Märtyrer verehren, äußerten viele Iranerinnen und Iraner am Todestag in diesem Jahr ihre Verachtung.

In vielen Landesteilen brannten rund um den Todestag am 3. Jänner Banner, die Soleimanis Gesicht zeigten. Plakate wurden zudem mit blutroter Farbe beschmiert. Und eine Form des Spotts machte vor allem im Netz die Runde: In tausendfach geteilten Beiträgen bezeichneten Iraner Soleimani als "Kotelett" – eine Anspielung an seine Tötung durch einen US-Drohnenangriff vor drei Jahren.

Regierung legt Entwurf zu Kopftuchreform vor

Seit Monaten wird landesweit gegen die Führung in Teheran demonstriert, nachdem die junge Kurdin Mahsa Amini am 16. September in Gewahrsam der Sittenpolizei zu Tode kam. Die 22-Jährige war festgenommen worden, weil ihr ein Verstoß gegen die strengen islamischen Kopftuchvorschriften für Frauen vorgeworfen wurde.

Der Iran plant einem Bericht zufolge eine Strafreform bei Verstößen gegen den Kopftuchzwang. Wie die reformorientierte Zeitung "Shargh" am Donnerstag berichtete, liegt ein entsprechender Entwurf der Regierung vor. Die geplante Reform der amtierenden Hardliner bedeutet demnach aber keine großen Änderungen oder gar eine grundsätzliche Lockerung der islamischen Kleidungsvorschriften.

Nach Informationen der Zeitung sieht die Reform vor, dass Frauen bei Verstößen gegen die Kopftuchpflicht zunächst vorgeladen werden sollen. Falls sie bisher keine Polizeieinträge haben, können die Beschuldigten einer Strafe entgehen, wenn sie schriftlich versichern, dass sich der Verstoß nicht wiederholt. Liegen jedoch bereits Einträge vor oder verweigern Frauen die Unterschrift, drohen verschiedene Strafen: In der Reform ist laut dem Zeitungsbericht unter anderem die Rede von Sozialstunden, Umerziehungskursen, Ausreiseverboten, Beschäftigungsbeschränkungen und Geldstrafen.

Sittenpolizei weitgehend von Straßen verschwunden

Der Autor des "Shargh"-Artikels kritisiert, dass das Gesetz keine gesellschaftliche Unterstützung finden werde. Seit mehr als drei Monaten demonstrieren Iranerinnen und Iraner gegen die repressive Politik.

In der Reform wurden laut der Zeitung die Sittenwächter nicht mehr erwähnt. Schon seit Monaten ist die berüchtigte Moralpolizei, in deren Gewahram Mahsa Amini starb, fast gänzlich von den Straßen verschwunden, viele Frauen in iranischen Metropolen tragen inzwischen kein Kopftuch mehr. Immer wieder gibt es Berichte darüber, dass die Behörden die Kleidungsregeln künftig etwa mit moderner Überwachungstechnologie verfolgen wollen. (APA, 5.1.2023)