Im Kongresszentrum in Innsbruck wurde einst geimpft. Auch deshalb will Bürgermeister Georg Willi (im Bild) den Auftritt des Corona-Verschwörungs-Mystikers Daniele Ganser nicht zulassen.

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Daniele Ganser weiß, wie die Dinge "wirklich" sind: nämlich ganz anders als in den "Mainstreammedien" dargestellt. Der Terroranschlag vom 11. September 2001: könnte von der US-Regierung verübt oder zumindest zugelassen worden sein. Die Bundesrepublik Deutschland: "natürlich ein besetztes Land", dass "immer noch mit dem Stichwort Hitler/Nationalsozialismus niedergedrückt" werde. Die Spaltung der Gesellschaft rund um die Impfpflicht erinnere ihn auch an "Nazis und Juden im Dritten Reich".

Jetzt hat Ganser, der von Tantiemen und Vorträgen lebt, ein anderes altes Thema reaktiviert: die Ukraine. "Warum ist in der Ukraine ein Krieg ausgebrochen?", lautet der Titel der neuen Tournee von des "Historikers und Friedensforschers", der einst wegen unzureichender wissenschaftlicher Standards an seiner Habilitation scheiterte und wegen seiner Verschwörungstheorien von zwei Unis gegangen wurde.

Krude Thesen

Dennoch gibt es auch in Österreich viele Fans des Aktivisten, der keine Berührungsängste mit der rechtsextremen Szene hat. So ist es kein Wunder, dass Ganser in mehreren österreichischen Städten Station macht, unter anderem in Innsbruck und Klagenfurt. Das Besondere daran: Die Veranstaltungszentren, in denen Ganser dort auftreten sollte, gehören der öffentlichen Hand.

Haben die Innsbrucker Stadtregierung und die Klagenfurter Landesregierung kein Problem damit, dass Ganser seine krude Thesen in ihren Häusern verbreitet?

Doch, haben sie: Der Innsbrucker Bürgermeister Georg Willi (Grüne) wies am Donnerstagvormittag den Geschäftsführer der Congress und Messe Innsbruck (CMI) GmbH, Christian Mayerhofer, an, die Veranstaltung nicht stattfinden zu lassen.

Er habe dabei "in Rücksprache mit den Eigentümervertretern des Landes und der Wirtschaftskammer" gehandelt, betonte der Stadtchef im Gespräch mit dem STANDARD. Die CMI gehört zu 58 Prozent der Stadt Innsbruck. 25,5 Prozent hat das Land inne, 13,5 Prozent die Tiroler Wirtschaftskammer und drei Prozent der Tourismusverband Innsbruck und seine Feriendörfer.

Ausweichmöglichkeiten

Er könne nicht zulassen, dass Ganser in einem "mit öffentlichen Geldern finanzierten" Veranstaltungszentrum seine Thesen verbreite, argumentierte Willi. Zumal sowohl besagtes Kongresszentrum als auch die Messe während der Corona-Pandemie "wichtige Drehscheiben" gewesen seien. Hier hätten Impfungen und Testungen stattgefunden.

Mayerhofer war für eine Stellungnahme am Donnerstag nicht zu erreichen. Der Tourneeveranstalter Johann Peter Schutte schien indes über Willis Vorstoß am Donnerstagnachmittag noch nicht informiert worden zu sein. Auf STANDARD-Nachfrage reagierte er überrascht. In welche Lokalität Ganser in Innsbruck nun ausweichen könnte, war somit vorerst offen.

Eine Anfrage bei der Kärntner Landesregierung zeigt eine andere Sichtweise: Zwar sei "sofort nach Bekanntwerden des Auftrittes" vonseiten des Büros von Landeshauptmann Peter Kaiser, der für das Konzerthaus zuständig ist, eine Prüfung bei der Landespolizeidirektion und der Abteilung sechs angeregt worden. Aber: "Es wurde von beiden Seiten bestätigt, dass ein Untersagen nach derzeitigen Recherchen nicht gerechtfertigt wäre." (Maria Retter, Fabian Schmid, 5.1.2023)