Die Krawalle zu Silvester haben erneut die Gesellschaft aufgerüttelt.

Foto: Imago / Marius Schwarz

Deutschland diskutiert die Silvesterkrawalle von gewalttätigen Jugendlichen, die zu Hunderten nicht nur Autos und dergleichen abfackelten, sondern auch gezielt auf die Polizei, die Feuerwehr und die Rettung losgingen.

Österreich hat kurz vorher Ähnliches, wenn auch weitaus weniger aggressiv und gewalttätig, in Linz und teils auch in Wien erlebt. Es handelt sich überwiegend um migrantische Jugendliche, teilweise Asylwerber, überwiegend aus sozialen Brennpunktvierteln – und, das ist für viele der springende Punkt, junge Männer aus dem arabisch-afghanischen Kulturkreis.

Das kulturelle Element ist nicht zu leugnen. Aber es muss richtig eingeordnet werden. Junge Männer, ohne etwas zu tun zu haben, ohne Perspektive (und ohne Frauen) sind überall auf der Welt ein sehr gefährliches Element. Auf die Gefahr hin, einen Shitstorm zu provozieren: Welcher "fremden Kultur" gehörten denn die arbeitslosen jungen Männer an, die bei uns in den Dreißigerjahren zur SA gingen und Menschen totprügelten? Zu welcher fremden Kultur gehörten die 17jährigen, die sich, wie der spätere FPÖ-Obmann Friedrich Peter, freiwillig zur Waffen-SS meldeten (und wie Peter, bei einer Judenmordeinheit landeten")? Der damals 17jährige Helmut Zilk hätte sich ebenfalls zur Waffen-SS melden sollen, unterschrieb aber nicht, wie er später sagte, aus Angst vor seinem Vater. Der deutsche Schriftsteller Günther Grass, nach eigenem Bekunden als 17jähriger ein Gläubiger des Endsieges, meldete sich freiwillig zur U-Bootwaffe. Als er dort nicht genommen wurde, kam er zur Waffen-SS. Ob mit seiner Zustimmung, ist unklar.

Der Hintergrund

Manche Kommentatoren versuchen die Krawallierer damit zu erklären oder zu entschuldigen, dass sie zu den sozial Abgehängten gehören; dass sie eben aus Frust über ihre Perspektivlosigkeit derart ausrasten würden. Das ist sicher ein Teil der Motivation. Ein anderer ist sehr wohl der soziokulturelle Hintergrund. Diese jungen Männer kommen aus autoritären, patriarchalischen, frauenfeindlichen Gesellschaften. Dort ist ihre Prägung passiert.

Der Islam hat insofern etwas damit zu tun, als manche von ihnen auf Prediger hören, die gegen die "dekadente" westliche Welt hetzen und den Islam als die überlegene Religion rühmen, der all die anderen Defizite ihrer Gesellschaft – Rückständigkeit, mangelnde soziale Sicherheit, ständige Bürgerkriege – aufwiegt. Aber abgesehen vom Islam haben diese Gesellschaften – Syrien, Libanon, Irak, Afghanistan – zwar autoritäre Herrschaften, aber keine guten Regierungen. Der Bezugspunkt ist die (patriarchalische) Familie, der Clan. Die Zivilgesellschaft, wo man sich selbst organisieren könnte, ist schwach oder inexistent.

Der Staat als Feind

Aus dieser Denkweise heraus ist für diese Jugendlichen auch in Europa, das sie aufgenommen hat, der Staat der Feind. Deshalb werden zur Fassungslosigkeit der Betroffenen Polizei, Rettungsdienste, Feuerwehr angegriffen.

Diese Staatsfeindlichkeit ist kein Monopol arabischer Jugendlicher in Berliner oder Linzer oder Wiener Problembezirken. Staatsfeindlich sind auch die jungen Rechtsextremen – und manche Corona-Schwurbler und Antiimpffanatiker. Aber deren Staatsfeindlichkeit ist überlegter, weniger spontan, besser camoufliert.

Was tun? Damit auch das gleich gesagt ist: Weggehen werden die meisten nicht mehr (etliche sind ja auch hier geboren). Die meist angebotene, scheinbar banale Lösung ist eine Kombination aus erhöhter Betreuung (Sozialarbeit, Programme zur Deradikalisierung), Polizeirepression und Strenge des Gesetzes. Der Staat darf sich das nicht gefallen lassen.

Aber letztlich ist das einzige Mittel gegen die Randale der jungen Männer, wenn ihr Leben Struktur und einen Sinn bekommt. Das heißt Ausbildung, Arbeit, Möglichkeit, eine Familie zu gründen. Das ist das Einzige, was nachhaltig wirkt. (Hans Rauscher, 7.1.2023)