Während viele Chinesen unter der Corona-Welle leiden, bereitet man sich in den Nachbarländern Chinas auf den Sturm vor. Luang Prapang, eine pittoreske Stadt im Norden Laos, war vor Corona ein beliebtes Ziel für Touristen aus der chinesischen Provinz Yunnan. Rund 2000 Besucher kamen im Monat.

Khattaphone Phommapagna, Vizechef der Handelskammer in Luang Prapang, ist etwas besorgt: "Wir rechnen demnächst mit einer Verzehnfachung der Besucher." Dafür hat die kleine Stadt nicht die Kapazitäten, und schon vor der Pandemie gab es Probleme mit dem Verhalten der Gäste aus dem Norden. Eine neue Zugstrecke soll nun noch mehr Leute gen Süden bringen.

Steiler Anstieg bei Flugbuchungen

Auch in Hongkong und Macao hofft man auf eine "geordnete Wiedereröffnung". Die Flugbuchungen sind 18-mal höher als im Vorjahr. Erwartet werden 60.000 Reisende pro Tag. Ab 8. Jänner dürfen Chinesen offiziell wieder reisen; erwartet wird ein Tourismus- und Binnenkonsumboom, der Chinas Wirtschaft schnell wieder auf Wachstumskurs bringen soll. Zum Neujahrsfest Ende Jänner, das als "größte Migrationsbewegung des Planeten" gilt, besuchen hunderte Millionen Chinesen ihre Familien oder machen Urlaub. Danach dürfte auch die Spitze an Covid-Erkrankungen erreicht sein.

Die Menschen aus China dürfen wieder verreisen. Das löst gemischte Gefühle aus.
Foto: Anthony WALLACE / AFP

Derzeit sieht es weniger nach Boom und Freiheit, sondern eher nach dem Gegenteil aus. Hart an der Belastungsgrenze arbeiteten chinesische Krankenhäuser schon immer. Auch Schwerkranke wurden meist rasch nach einer Operation gedrängt, das Bett freizumachen. Aktuell aber sind die Zustände wohl am besten als chaotisch zu beschreiben. Der Krankenstand ist enorm hoch. Das merken auch Unternehmen. Kellner wie Krankenhausmitarbeiter sind krank.

Was genau für die chinesische Führung den Ausschlag gegeben hat, die strikte Zero-Covid-Politik zu ändern, ist unklar. Sicherlich dürften neben den Protesten Ende November die Unruhen im Foxconn-Werk in Zhengzhou eine Rolle gespielt haben. Das taiwanische Unternehmen ist mit einer Million Mitarbeitern einer der größten Arbeitgeber des Landes. Und stabiles Wirtschaftswachstum um die vier, fünf Prozent ist von jeher eine der Legitimierungssäulen der Kommunistischen Partei Chinas. Analysten rechnen für 2022 mit einem Wachstum von rund drei Prozent. Doch während große Konzerne und die Industrie die Produktion aufrechterhalten konnten, haben die Lockdowns vor allem viele kleinere Unternehmen aus der Gastronomie und Hotelbranche getroffen.

Angespannte Lage am Immobilienmarkt

Der Caixin China General Services Business Activity Index, der die Aktivität im Service-Sektor misst, hatte im Dezember einen Tiefstand erreicht und steigt nun wieder leicht. Ähnliches zeigen Barometer aus der Logistikbranche. Was die Wiederöffnung der Wirtschaft nicht zu lösen scheint, ist die angespannte Lage auf dem Immobilienmarkt. Seit über zwei Jahren kämpft der Sektor mit Überschuldung und Fehlinvestitionen. 2022 fielen die Immobilienpreise in den 100 größten Städten erstmals seit acht Jahren. Laschere Kreditlinien sollen jetzt die Nachfrage wiederbeleben.

Zumindest am chinesischen Aktienmarkt ist man optimistisch: Die Aktien des gebeutelten Onlinekonzerns Alibaba haben seit ihrem Tief im November um 70 Prozent zugelegt, und auch die Aktien von Kasino-Betreibern in Macao stiegen sprunghaft an. (Philipp Mattheis, 7.1.2023)