Mohammed-Mehdi Karami (links) und Seyyed-Mohammed Hosseini (rechts) wurden am Samstag im Iran hingerichtet.

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Teheran – Die Liste der im Zuge der regimekritischen Proteste im Iran Hingerichteten wird länger: Am Samstag wurden der 22-jährige Mohammed-Mehdi Karami und der 39-jährige Seyyed-Mohammed Hosseini gehängt, die Zahl der Hingerichteten steigt damit auf vier. Sie seien "die Haupttäter des Verbrechens, das zum ungerechten Martyrium von Ruhollah Ajamian geführt hat", meldete die staatliche Nachrichtenagentur IRNA unter Berufung auf die Justiz. Ajamian war Mitglied der berüchtigten Basij-Miliz.

Angeklagt waren die beiden Demonstranten offiziell wegen "Korruption auf Erden". Ihre Anwälte sehen darin einen Beleg dafür, dass es nie um die konkreten Vorwürfe ging: Das Verfahren sollte vor einem Revolutionsgericht ausgetragen werden, womit eine finanzielle Einigung zwischen Tätern und Angehörigen der Opfer verunmöglicht wird. Den Anwälten sowie Menschenrechtsorganisationen zufolge sollen die Geständnisse unter Folter erzwungen worden sein.

Im Zuge der seit mittlerweile fast vier Monate andauernden landesweiten Proteste waren im Dezember bereits Mohsen Shekari und Majid Reza Rahnavard wegen angeblichen Mordes und versuchten Mordes an zwei Basij-Mitgliedern hingerichtet worden. Sie wurden nur 23 Jahre alt. Mindestens 20 weitere Demonstranten sollen zum Tode verurteilt worden sein.

Kritik und Verurteilung

Die EU rief die iranischen Behörden dazu auf, "die scharf zu verurteilende Praxis der Verhängung und Vollstreckung von Todesurteilen gegen Demonstranten unverzüglich einzustellen", sagte ein Sprecher von EU-Außenbeauftragtem Josep Borrell am Wochenende. Zudem müssten die jüngsten Todesurteile, die im Zusammenhang mit den Protesten bereits verhängt wurden, unverzüglich aufgehoben und allen Inhaftierten ein ordnungsgemäßes Verfahren gewährt werden.

"Aufs Schärfste" verurteilten auch die USA die Hinrichtungen. Das US-Außenministerium sprach am Samstag von "Scheinprozessen" gegen die beiden hingerichteten Männer.

Neue Proteste

Die Proteste waren Mitte September ausgebrochen, nachdem die junge Kurdin Mahsa Jina Amini in Polizeigewahrsam getötet worden war. Sie soll ihr Kopftuch nicht angemessen getragen haben. Anlässlich des dritten Jahrestags des Abschusses einer ukrainischen Passagiermaschine durch die iranischen Revolutionsgarden (IRGC) riefen iranische Oppositionsgruppen auch am Sonntag zu neuen landesweiten Demonstrationen auf.

Die iranische Führung geht seit Monaten gewaltsam gegen die Demonstrierenden vor, hunderte wurden bereits getötet, tausende sind in Haft. Zuletzt wurde allerdings der Polizeichef des Landes entlassen. Ein Grund für die Absetzung von Hussein Ashtari wurde am Wochenende in Staatsmedien zunächst nicht genannt. (maa, 8.1.2023)