Langsam nähern sich die zwei Figuren auf der Reise emotional aneinander an – was auch Gefahren bringt.

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Der Ophiocordyceps unilateralis ist ein parasitärer Pilz, der auf Ameisen wächst und deren Verhalten so manipulieren kann, dass der Wirt keine Kontrolle mehr über seinen eigenen Körper hat. Klingt diese Mutation schon gruselig genug, ist die Vorstellung, dieser Pilz könnte auch Menschen befallen, noch wesentlich düsterer. Wie eine durch solch einen Befall postapokalyptische Welt aussehen könnte, ließ das Videospiel "The Last of Us" 2013 erahnen. Zehn Jahre später darf diese Geschichte endlich auch ohne Joypad in der Hand erlebt werden, auch wenn die Sporen durch rankende Wurzeln ersetzt wurden. Möglich machen das die Produktionsfirma Playstation Productions, HBO und hierzulande der Streaminganbieter Sky.

Welt ohne Hoffnung

Im Mittelpunkt der Handlung steht das Mädchen Ellie, gespielt von der 19-jährigen Bella Ramsey. Sie soll, 20 Jahre nachdem ein Großteil der Menschheit durch die neuen Sporen befallen wurde, aus einer gesicherten Quarantänezone sicher zu einem anderen Standort gebracht werden – ohne viel Aufsehen. Diesen Job soll der vom Leben gezeichnete Schmuggler Joel übernehmen, den der vielseitige Pedro Pascal verkörpert.

Wie man es aus anderen Zombieserien kennt – mit denen sich "The Last of Us" aufgrund der Thematik vergleichen muss –, beginnt eine anstrengende Reise, die dem Zuseher das Verhalten und die unterschiedlichen Mutationen der befallenen Menschen eindrucksvoll und vor allem brutal vor Augen hält. Etwa dann, wenn ein besonders aggressiver "Clicker" auftaucht, der zwar nichts sehen, dafür aber umso besser hören kann. Aber auch Auseinandersetzungen mit diversen militärischen Splittergruppen stehen den beiden bevor, und so wird der Zuseher langsam in diese hoffnungslose Welt gezogen, die gezeichnet ist von Hunger, Angst und verblassenden Erinnerungen an eine sorgenfreiere Zeit.

Emotionale Momente

Die neun Folgen, alle über eine Stunde lang, nehmen sich Zeit für die Reise, ohne aber in die Länge gezogen zu wirken. Das liegt vor allem daran, dass man sich strikt an die Videospielumsetzung hält und sich nur in wenigen Folgen traut, manchen Charakteren etwas mehr Raum zu geben. Das Drehbuch entwickelte vor allem jener Mann, der bereits ein Spin-off und eine Fortsetzung von "The Last of Us" als Videospiel veröffentlicht hat: Neil Druckmann. Der für seine Zielstrebigkeit und seinen Ehrgeiz bekannte Israeli, der in den USA für den Aufbau der angesehenen Spieleschmiede Naughty Dog verantwortlich war und noch immer ist, zeigt auch in der Serie Liebe zum Detail.

Über allem liegt der mit Gitarre eingespielte Soundtrack, der schon den Spielen ihre typische melancholische Stimmung verpasste. Hinzu kommen Momente, die den Zuseher in dieser kalten Welt umarmen und wärmen wollen. Da finden Joel und Ellie etwa einen verlassenen Spielkeller für Kinder – mit einem aufgemalten Tor an der grauen Wand, einer Kuschelecke und kleinen Tischen, an denen diverses Spielzeug angehäuft ist. Man kann erahnen, wie Orte wie dieser Schutz und Hoffnung schenken durften in einer Welt, die diese Gefühle längst vergessen hat.

Dann schockiert die Serie wieder, reißt Figuren aus dem Leben, die man noch gerne weiter begleitet hätte, und scheut sich auch nicht, die Figur von Pedro Pascal nicht als weißen Ritter, sondern eher dunkelgrau zu zeichnen. Während Kenner der Materie kaum Überraschungen erleben, dürfen sie sich zumindest über die eindrucksvollsten Momente des Spiels freuen – Stichwort Giraffen oder auch das brennende Restaurant. Neueinsteiger brauchen sich aber nicht zu fürchten, da die Handlung kein Vorwissen voraussetzt.

Auch wenn die beiden Protagonisten die Serie tragen, es gibt auch Raum für spannende Nebenfiguren.
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Fazit

Es ist schwierig, die TV-Umsetzung eines geliebten Videospiels objektiv zu betrachten. Aber gerade als Fan der Materie hat man hohe Ansprüche, und die werden von "The Last of Us" durchwegs erfüllt. Sowohl Pedro Pascal als auch Bella Ramsey füllen die beiden Protagonisten gekonnt mit Leben, machen deren wechselnde Gefühlswelt spürbar und biedern sich in keiner Folge dem Publikum als besonders liebenswert an. Dennoch wachsen einem die beiden Figuren ans Herz, und vor allem deren Zusammenspiel wird zunehmend spannender, weil die emotionalen Mauern langsam fallen. Die inhaltliche Änderung von Pilzsporen auf Pilzranken stört nicht. Wen interessiert, warum sich die Macher für diesen Schritt entschieden haben, kann das bei "ComicBook" nachlesen.

Die Serie ist zudem nicht aufgeblasen, wie sich das auf den diversen Streamingportalen in den letzten Jahren etabliert hat. Sie wirkt eher kompakter, als sie hätte sein müssen, hat damit aber ein wesentlich höheres Tempo als vergleichbare Serien und lädt so zu kurzweiligen Binge-Sessions ein.

Nachdem diese Staffel den ersten Teil sowie das Spin-off der Vorlage abhandelt, gäbe es mit der spielerischen Fortsetzung grundsätzlich Material für eine zweite Staffel. Diese soll laut Produktionsfirma auch kommen, sofern die ersten Folgen, zu sehen ab Montag auf Sky, auf reges Interesse stoßen. Verdient hätten sie es. (Alexander Amon, 10.1.2023)