Der Wohntraum bleibt für viele Menschen ein Traum – geht es nach den Plänen der ÖVP, soll sich das ändern.

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Sich eine Wohnung oder ein Haus zu kaufen ist für viele Menschen in Ballungsräumen in den letzten Jahren unerschwinglich geworden. Dazu tragen auch die seit dem Vorjahr geltenden strengeren Immobilienkreditvergaberichtlinien bei.

Darauf reagiert die Politik nun. Konkret will Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) die Grunderwerbsteuer und die Grundbucheintragungsgebühr beim Ersterwerb einer Immobilie bis zu einer Höchstgrenze von 500.000 Euro abschaffen oder zumindest reduzieren.

Der Steuersatz für die Grunderwerbsteuer liegt bei 3,5 Prozent des Kaufpreises, jener für die Grundbucheintragung bei 1,1 Prozent. Ist die Immobilie mit einer Hypothek belastet, fallen noch einmal 1,2 Prozent des Pfandrechts für die Eintragung ins Grundbuch an. Insgesamt ist es also ein ordentlicher Brocken, der auf den in der Regel ohnehin bereits hohen Kaufpreis draufgeschlagen wird.

Ventiliert wird die Idee schon länger: Junge Menschen sollten beim Erwerb des ersten Eigenheims keine Grunderwerbsteuer mehr zahlen müssen, das sagte Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm (ÖVP) bereits im vergangenen Sommer. Bis zum Jahresende hatten sich dann viele weitere ÖVP-Granden auf ihre Seite gestellt, allen voran eben auch Finanzminister Brunner. Er war spätestens Ende November ein Unterstützer der Idee.

"Unerträglich hohe Preise"

Kurz vor Weihnachten äußerte sich auch der Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) dazu und schlug ebenfalls vor, bei der Schaffung des ersten Eigentums auf die Grunderwerbsteuer zu verzichten. Die Preise seien "unerträglich hoch", begründete er seinen Vorstoß.

Vorschläge bzw. Beispiele für Änderungen gibt es viele. In manchen europäischen Ländern zahlen Erstkäufer und Erstkäuferinnen keine oder nur eine reduzierte Grunderwerbsteuer, in einigen Ländern gibt es außerdem einen großen Unterschied beim Steuersatz zwischen dem Kauf als Selbstnutzerin und dem Kauf als Anleger.

Als Positivbeispiel werden gerne die Niederlande angeführt, wo Menschen unter 35, die eine eigengenutzte Immobilie um weniger als 400.000 Euro kaufen, keine Grunderwerbsteuer bezahlen. Die Grunderwerbsteuer ist in den Niederlanden generell gestaffelt: Wer das gekaufte Objekt längere Zeit selbst bewohnt, zahlt deutlich weniger Steuer als für eine Anlagewohnung.

Zurück nach Österreich: 15.000 bis 25.000 Euro Ersparnis würden beim Kauf einer 75-Quadratmeter-Wohnung winken, das hat das Neos Lab, ein Thinktank der Oppositionspartei, vor einigen Monaten durchgerechnet, sollte es zu einem Freibetrag von 500.000 Euro bei der Grunderwerbsteuer und einer weitgehenden Streichung der Grundbuchgebühr kommen – das wäre also ziemlich genau das Modell, das nun vom Finanzminister vorgeschlagen wird.

Offene Fragen

Möglich sei beispielsweise, als Grundbuchgebühr nur noch den tatsächlichen Verwaltungsaufwand zu verrechnen – etwa nach dem Vorbild Neuseelands, heißt es im Papier. Bei Erbschaften oder Schenkungen könnte man die Grunderwerbsteuer zudem auch anheben, um einen Einnahmenausfall "durch ein Umschichten innerhalb der Steuer" auszugleichen. Günther Oswald vom Neos Lab kann dem Vorschlag des Finanzministers – wenig überraschend – einiges abgewinnen: "Wichtig wäre aber, dass er diesen auch umsetzt und nicht nur Arbeitskreise mit den Grünen einberuft." Denn ob die Grünen dem Vorhaben letztendlich auch zustimmen, ist fraglich.

Melanie Mischkreu, Immobilienexpertin bei der TPA Steuerberatung, findet den Vorstoß sinnvoll. Durch ein Wegfallen der Grunderwerbsteuer und der Grundbuchgebühr würde auch die Bemessungsgrundlage für etwaige Treuhandkosten sinken. Und bei der seit vergangenem Jahr geltenden bei Krediten verpflichtenden Eigenmittelquote von 20 Prozent werden auch die Nebenkosten miteingerechnet. Fallen diese nun weg, "könnte das den einen oder anderen in einen Bereich pushen, wo man sich den Kredit wieder leisten kann".

Kritik an Abschaffung

Konkrete Details stehen freilich noch aus. Etwa dazu, wie viele "Ersterwerber" vom Wegfall der Grunderwerbsteuer überhaupt betroffen wären, wie man diese definiert und wie man Umgehungen verhindern möchte.

Kritik an der Abschaffung oder Reduzierung gibt es auch. Für die linke Denkfabrik Momentum-Institut ist die Grunderwerbsteuer die "letzte vermögensbezogene Steuer in Österreich, die derzeit noch wesentliche Einnahmen generiert".

Auch bei der Arbeiterkammer zeigt man sich skeptisch, ob solche Steuersenkungen letztendlich tatsächlich bei den Käufern ankommen – "oder nur die Margen bei den Verkäufern erhöhen", sagt Steuerexperte Dominik Bernhofer. Wohnpolitisch sei die Maßnahme zudem nur ein "Tropfen auf den heißen Stein", wichtiger sei, angesichts der hohen Immobilienpreise bei der Bodenpolitik anzusetzen und eine vernünftige Widmungspolitik auf den Weg zu bringen.

Auch beim Neos Lab kennt man weitere Schrauben, an denen gedreht werden könnte, etwa die Möglichkeit, Zinsen für den Kredit oder sonstige Kosten des Hypothekarkredits von der Steuer absetzen zu können, um den Eigentumserwerb attraktiver zu machen. In den Niederlanden ist das möglich, in Österreich wurde die Möglichkeit, Ausgaben für Wohnraumschaffung als Sonderausgaben geltend zu machen, im Zuge einer Steuerreform unter Rot-Schwarz 2015 abgeschafft.

Milliarden für den Staat

Wie hoch die Einnahmen durch die Grunderwerbsteuer für den Staat sind, zeigt ein Blick in den Budget-Monatsbericht für November des Finanzministeriums (es ist der aktuellste): Für 2022 waren 1,775 Milliarden Euro an Einnahmen nur aus dem Posten "Grunderwerbsteuer" geplant, von Jänner bis November wurden davon bereits 1,567 Milliarden auch tatsächlich lukriert. Im Gesamtjahr 2021 wurden knapp 1,658 Milliarden Euro eingenommen.

Durch die steigenden Immobilienpreise in den vergangenen Jahren sind die Einnahmen ordentlich gesprudelt. Inklusive einer (laut Finanzministerium) gerundeten Milliarde Euro aus der Grundbucheintragungsgebühr flossen also knapp 2,8 Milliarden Euro im Vorjahr aus diesen beiden Posten an den Staat. (Martin Putschögl, Franziska Zoidl, 10.1.2023)