DNA-Spuren belasten den festgenommenen mutmaßlichen Täter mit hoher Sicherheit.

Foto: APA / Florian Wieser

Wien – Zwei in den ersten Tagen des neuen Jahres in Wien-Donaustadt und in Wien-Floridsdorf verübte Mordfälle dürften laut Staatsanwaltschaft und Landespolizeidirektion Wien geklärt sein. Ein 50-jähriger obdachloser polnischer Staatsbürger konnte nach einem von Journalisten gelieferten Hinweis festgenommen werden. Das teilte der Wiener Landespolizeipräsident Gerhard Pürstl am Montagnachmittag in einer Pressekonferenz mit.

Dass in beiden Tötungsdelikten derselbe Verdächtige infrage komme, habe sich rasch herausgestellt, wie Ermittler Dietmar Berger vom Landeskriminalamt am Montagnachmittag bei einer Pressekonferenz bekanntgab. Beide Tatorte hätten ein ungewöhnliches Bild geboten, Berger bezeichnet es als fast "surreal": Der Verdächtige dürfte sich in beiden Fällen längere Zeit in den Einfamilienhäusern aufgehalten und betrunken haben und habe sich dabei keine Mühe gegeben, seine Spuren zu verwischen. Es sei rasch klar gewesen, dass es sich nicht um "normale Einbrüche" oder Home-Invasions gehandelt habe.

Video: Laut Oberstleutnant Dietmar Berger gibt es kein erkennbares Motiv. "Es scheint sich um willkürliche Taten gehandelt zu haben", so Berger.
DER STANDARD|APA/bes

Tasche mit Diebesgut vorbereitet, aber nicht mitgenommen

Im ersten Fall, dem eines 74-jährigen Apothekers, der in der Nacht auf den 1. Jänner in Donaustadt ermordet wurde, habe der Täter eine Tasche mit persönlichen Gegenständen des Opfers vorbereitet, sie dann aber nicht mitgenommen. Entwendet habe er nur dessen Schuhe und Geldbörse. Der Getötete habe massive Kopfverletzungen und Misshandlungsspuren aufgewiesen, seine Beine seien mit einem Gurt gefesselt gewesen. Um ein Uhr in der Nacht auf den 1. Jänner habe das Opfer noch mit Bekannten telefoniert, mit denen er den Jahreswechsel gefeiert hatte. Als diese am nächsten Tag zum vereinbarten Mittagessen vorbeikamen, entdeckten sie die Leiche.

Im zweiten Fall, dem gewaltsamen Tod einer 31-jährigen zweifachen Mutter, der am Sonntag, 8. Jänner, in Floridsdorf entdeckt worden war, wurde nichts gestohlen. Ihr Ehemann, der auf einem kurzen Skiurlaub gewesen war, wunderte sich bei seiner Rückkehr, dass die Eingangstür nur angelehnt war, und machte im Haus die furchtbare Entdeckung. Die beiden kleinen Kinder, die sich zur Tatzeit ebenso in dem Haus aufgehalten hatten, blieben glücklicherweise unverletzt. Die Kinder sollen erst befragt werden.

Täter kehrte an Tatort zurück

Am Abend des 8. Jänner bekam die Polizei dann Hinweise auf den Verdächtigen. ORF-Journalisten und ein Reporter der Tageszeitung "Österreich" bemerkten einen Verdächtigen nahe des zweiten Tatorts und meldeten das der Exekutive. Daraufhin konnte die Polizei die betreffende Person anhalten – es war der 50-Jährige, der sich bald als Verdächtiger herausstellen sollte. Ein DNA-Abgleich mit Datenbanken und Spuren am Tatort gab Gewissheit, dass es sich zumindest im ersten Fall mit hoher Sicherheit um den Täter handeln dürfte. Im zweiten Fall steht eine letzte Überprüfung noch aus.

Die genetischen Spuren des Verdächtigen waren in Deutschland gespeichert: Dort soll er zwischen 2001 und 2018 insgesamt 23 Delikte von Diebstahl über Körperverletzung bis zum Raub begangen haben. Wann er nach Österreich kam, ist noch unklar, hierzulande wurde er erstmals 2020 wegen eines Ladendiebstahls gesucht. Seit 3. August gab es auch eine Festnahmeanordnung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl – da der Pole aber unterstandslos beziehungsweise nicht gemeldet war, konnte die aber nicht vollzogen werden.

Am 27. Dezember wurde er von seiner Lebensgefährtin, die laut Berger ebenso aus dem Obdachlosenmilieu stammen soll, wegen Körperverletzung angezeigt, der Verdächtige flüchtete. Im Raum steht derzeit für die Ermittler auch, dass der 50-Jährige in räumlicher Nähe der späteren Tatorte am 29. Dezember einen Brand in einem leerstehenden Gebäude verursacht hat.

Psychiatrisches Gutachten in Auftrag

Zu einem Motiv konnte der Mann vorerst nicht befragt werden. Als er Montag gegen 14 Uhr erstmals befragt werden sollte, sei der Verdächtige so aggressiv gewesen, dass die Spezialeinheit Wega hinzugezogen werden und die Vernehmung schließlich abgebrochen werden musste. Aufgrund der derzeitigen Beweislage und nach seiner Einlieferung in die Justizanstalt Josefstadt werde die Staatsanwaltschaft Wien Untersuchungshaft beantragen, sagte deren Sprecherin Nina Bussek. Auch ein psychiatrisches Gutachten zur Gefährlichkeit des Täters wurde in Auftrag gegeben. (miwi, moe, 9.1.2023).

Der Artikel wurde um 17.47 Uhr mit Details aktualisiert.