Stehen im Konflikt heute auf zwei verschiedeneren Seiten: Die ehemalige FPÖ-Politikerin und immer noch Stadträtin Claudia Schönbacher und Landesparteichef Mario Kunasek.

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Gegen die ehemalige Parteispitze der FPÖ Graz wird wegen eines Finanzskandals mit einem geschätzten Schaden in Millionenhöhe seit über einem Jahr ermittelt. Erhebungen laufen unter anderem gegen Ex-Vizebürgermeister Mario Eustacchio und Ex-Klubobmann Armin Sippel sowie Ex-Parteigänger, parteinahe Vereine und Burschenschaften wegen des Verdachts der Untreue und des Betrugs – DER STANDARD berichtete. Ins Rollen kam die Causa durch die Selbstanzeige des damaligen Klubdirektors der Partei im Herbst 2021.

Dubiose Vereine

Bei den Ermittlungen wurde die Staatsanwaltschaft Klagenfurt aber nicht nur auf Geldflüsse von Steuergeldern an Politiker und an dubiose Vereine aufmerksam. Bei einer Hausdurchsuchung im Oktober 2022 wurde – wie erst später bekannt wurde – auch Material mit NS-Bezug gefunden. Der Verfassungsschutz ermittelt gegen zwei Männer. Wie aus Aktenteilen, die dem STANDARD vorliegen, hervorgeht, handelt es sich um einen Grazer Ex-FPÖ-Gemeinderat und Rechnungsprüfer der Stadtpartei sowie um einen weiteren Ex-Parteimitarbeiter. Der Ex-FPÖ-Gemeinderat ist ausgerechnet jener mittlerweile wilde Abgeordnete, den die neue Parteispitze unter Stadträtin Claudia Schönbacher und Klubchef Alexis Pascuttini schon im September 2022 aus der FPÖ ausschließen wollte, weil sie ihn als früheren Rechnungsprüfer zu stark in den Skandal verwickelt sahen.

Kunasek-Schützling

Doch Landesparteichef Mario Kunasek machte sich vehement für den Mann stark. An seiner statt wurde Schönbacher von Bundesparteichef Herbert Kickl aus der FPÖ geworfen. Gleichzeitig hatte ausgerechnet der betroffene Ex-Mandatar Kunasek bei einem aufgezeichneten Gespräch belastet. Darin deutete er an, dass die Landespartei selbst von dubiosen Vereinskonstruktionen gewusst hätte. Pascuttini und Schönbacher spielten das Tonband an die Öffentlichkeit. Mittlerweile gibt es seit Monaten keinen FPÖ-Klub mehr im Gemeinderat. Pascuttini und Schönbacher, die sich öffentlich gegen Kunasek aussprachen, und ihre Mitstreiter heißen heute bekanntlich (Korruptions-) Freier Gemeinderatsklub.

Späte Hausdurchsuchungen

Dass man im FPÖ-Umfeld Material mit NS-Bezug fand, war keine Premiere. Doch der Umstand, dass es viele Monate dauerte, bis überhaupt Hausdurchsuchungen stattfanden, hätte es Verdächtigen erleichtern können, etwaig belastendes Material verschwinden zu lassen. Der betroffene Politiker bestreitet, NS-Material zu besitzen. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Pascuttini, selbst wie viele seiner Mitstreiter und Gegner Verbindungsmitglied, sieht sich durch die neuen Erkenntnisse bestätigt. Nachdem er besagtes Tonband öffentlich gemacht hatte, habe er medial Klagsdrohungen von der Landespartei erhalten. "Gekommen ist aber nie etwas", sagt Pascuttini, "und ich werde auch bei Einvernahmen sicher weiterhin sagen, was ich weiß". (Colette M. Schmidt, 9.1.2023)