Das Instagram-Posting von Stefan Lercher hat sich verbreitet wie ein Lauffeuer. "Veganer, Hippies, Ökos und Araber" wolle er nicht mehr in seinem Lokal haben, schrieb der Wirt.

Foto: Der Standard / Tschiderer

In Stefan Lerchers Restaurant werden die Feinheiten der Küche Italiens, Frankreichs, Japans und zahlreicher weiterer Länder dieser Welt aufgetischt. Es gibt bretonischen Hummer, sizilianische Garnelen, Pizza und Sushi aus den besten Zutaten. Aber sind es nicht die Speisen, sondern die Gäste, die aus einem anderen Land kommen, sieht der Gastronom rot. Jedenfalls wenn es um eines der Länder einer bestimmten Region geht. "Mit Arabern hab ich in all den Jahren nicht eine einzige gute Erfahrung gemacht", sagt Lercher.

Der 45-Jährige ist quasi über Nacht "berühmt" geworden. Allerdings aus einem äußerst unrühmlichen Grund. In einem Posting auf Instagram teilte er seinen Followern vergangene Woche mit, dass er sein Lokal im Kärntner Millstatt demnächst von 48 auf sechs Tische verkleinern werde. Aufgesperrt werde dann nur noch "für unsere Stammgäste und Einheimische". "Veganer, Hippies, Ökos und Araber" seien dagegen künftig von der Bewirtung "ausgeschlossen".

Internationaler Shitstorm

Der erwartbare Shitstorm formierte sich schnell – erst recht, nachdem die Kleine Zeitung über die Insta-Story des Gastronomen berichtet hatte. Unzählige weitere Medien griffen die Geschichte auf, mittlerweile schlägt sie Wellen quer durch Europa. Anfragen von Zeitungen und Fernsehsendern gibt es für Lercher jetzt mehrmals pro Tag. Nachrichten und Anrufe mit Drohungen auch.

All das hält den Wirt allerdings nicht davon ab, die Öffentlichkeit weiter zu bespielen. Auf seinem Instagram-Account war er kürzlich auf einem Video beim Öffnen einer Flasche Wein zu sehen. Unterlegt war der Clip mit arabischer Musik – offenbar gedacht als eine Art ironisches Statement. Auch beim Anruf des STANDARD mit der Frage nach einem Treffen muss Lercher nicht lange überlegen. "Wann willst denn kommen?", fragt er nur.

"Ich weiche keinen Millimeter"

Der folgende Besuch in Lerchers Restaurant Peppino, gediegene Einrichtung, direkter Blick auf den Millstätter See, ist der erste, möglicherweise aber nicht der letzte eines Mediums. Der deutschen Bild hat der Wirt aber abgesagt, obwohl sie ihm für ein Interview 10.000 Euro geboten hätte, wie er erzählt. Was ein Bericht des Boulevardriesen an Reichweite – und möglichen Konsequenzen – für ihn bedeuten könnte, ist dem Gastronomen dann doch nicht ganz geheuer.

Angekündigt haben ihren Besuch dafür einige andere Menschen. "Wir sind von Hamburg auf dem Weg zu dir und wollen zwei Tische reservieren", schrieb etwa ein Instagram-User mit arabischem Account-Namen an Lercher. "Wir sind Afghanen, Lebanesen (sic!), Araber, Kurden, kommen morgen gegen 14 Uhr, mach dich ready, Lercher." Beigefügt wurde ein Gruppenfoto von acht breitschultrigen jungen Männern, die, gelinde gesagt, einen wenig freundlichen Eindruck machen. Lerchers Reaktion? Er veröffentlicht einen Screenshot der Drohung in einem eigenen Posting – mit der Anmerkung: "Jetzt geht’s rund!!! Ich weiche immer noch keinen Millimeter!"

Schnelles Hochkochen

Was treibt einen Mann an, nach Veröffentlichung eines diskriminierenden und rassistischen Postings auch noch weiter an der Eskalationsschraube zu drehen – sogar wenn es für ihn selbst gefährlich werden könnte? Verrennt sich da einer mit vielen Vorurteilen und wenig Selbstreflexion? Oder geht es um tieferliegenden Rassismus?

Ab Donnerstag wird das Peppino vorübergehend geschlossen.
Foto: Der Standard / Tschiderer

"Ich weiß selbst, dass ich kein einfacher Mensch bin", sagt Lercher. "Und ich habe immer schon angeeckt. Auch bei meinen Gästen." Er habe einige Male Kundschaft aus seinem Restaurant geworfen – auch weil er oft aufbrausend reagiere. "Wenn ich viel Druck habe, koche ich schnell hoch", gibt er freimütig zu. Außerhalb seiner Gaststätte ist er auch schon öfter handgreiflich geworden.

"Alles zu viel geworden"

Inzwischen versucht er, sich besser im Zaum zu halten und Situationen, bevor sie eskalieren, gar nicht entstehen zu lassen. Aber dass all das so nicht weitergehen könne, sieht Lercher ein. "Mir ist in letzter Zeit alles zu viel geworden", sagt er. Der hohe Druck in der Gastronomie, die enorme Arbeitsbelastung in seinem – finanziell recht einträglichen – Restaurant. Auf Urlaub sei er das letzte Mal vor zehn Jahren gefahren. "Wenn ich mir später freigenommen habe", sagt er, "dann für Umbauten im Lokal." Das sei auch der Hauptgrund für die Verkleinerungspläne. "Ich mag einfach nimmer. Und ich vertrag den Stress nimmer wie früher."

Hinausgeworfen hat Lercher in der Vergangenheit auch zahlreiche österreichische Gäste, wie er selbst sagt. Veganer etwa, die sich vor sein Aquarium mit den lebenden Hummern gestellt hätten und es blockieren wollten. Und andere, mit denen er eben "nicht zusammengepasst" habe. Rassist sei er keiner, sagt der Wirt. Und führt auf die Frage seine rumänische Angestellte, seine chinesische Putzfrau und seine beruflichen Auslandserfahrungen an. Der in der Osttiroler 900-Einwohner-Gemeinde Ainet geborene Gastronom verbrachte etwa Monate auf einem Kreuzfahrtschiff und zwei Jahre in New York. "Da habe ich mit Schwarzen zusammengearbeitet", sagt Lercher. "Und einer meiner besten Freunde hat eine schwarze Frau."

Aber wie ist das jetzt mit den Arabern? Mit Gästen aus Ländern dieser Region habe er immer wieder Probleme gehabt, sagt Lercher. Gerade das Personal würden sie oft abschätzig behandeln. Wenige Tage bevor er sein Posting auf Instagram abgesetzt hat, habe sich ein Vorfall mit zwei arabischen Familien in seinem Lokal zugetragen. Diese seien an zwei Tischen gesessen. Plötzlich hätte eines der Kinder mit den Schuhen auf den Tischen zu tanzen begonnen – und sei von den Erwachsenen angefeuert worden. Als eine der Kellnerinnen das unterbinden wollte, hätten die Gäste sie nicht nur auf Englisch als "Schlampe" beschimpft, sondern auch noch abschätzig gedroht, sie würden gleich das ganze Gebäude kaufen. "Ich will mich nicht mehr schikanieren lassen", sagt der Wirt.

Nach Drohungen geschlossen

Ob er aber verstehe, dass es diskriminierend ist, vom Verhalten einzelner Personen pauschal auf eine Bevölkerung von rund 350 Millionen Menschen zu schließen? Ob er verstehe, wie es sich für einen jungen Österreicher mit arabischen Wurzeln anfühlen müsse, wenn er lese, dass der Wirt "keine Araber" bediene? "Ja, das verstehe ich", sagt Lercher. Und am Gesichtsausdruck und den glasigen Augen bei seiner Antwort merkt man, dass er das durchaus ernst meint. Das Posting würde er heute nicht mehr so absetzen, sagt er. "Aber ich bin auch jemand, der zu seiner Meinung steht."

Als DER STANDARD den Wirt nach dem Besuch am Freitag am Montag noch einmal kontaktiert, wiederholt er diesen Satz zwar. Für sein Lokal und sich selbst hat er inzwischen aber Konsequenzen gezogen. Die Bedrohungen seien über das Wochenende eskaliert, erzählt er. Seinen Mitarbeitern habe er aus Sicherheitsgründen freigegeben. Die Polizei habe er wegen der Drohungen nicht kontaktiert. "Das interessiert mich nicht", sagt Lercher. Sein Lokal werde er aber mit Donnerstag vorübergehend schließen. Nach einem Interview mit dem Boulevardsender oe24.tv wolle er auch medial leiser treten. "Nach dem Auftritt am Dienstag", ahnt Lercher aber, "wird es noch einmal rundgehen." (Martin Tschiderer aus Millstatt, 10.1.2023)