Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner möchte das Land weiter steuern.

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Am Montagabend hatte die ÖVP Niederösterreich Wahlkampfauftakt.

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Mikl-Leitner bekam Besuch von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP/links) und Alt-Landeshauptmann Erwin Pröll.

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St. Pölten – Ein dunkler Saal, dramatische Musik und eine Video-Wall, die Klimaaktivistinnen beim Überschütten eines Gemäldes zeigt. Düstere Szenen, so die Botschaft an das Publikum. Als das Licht wieder angeht, erstrahlt der Saal in blau und gelb. Schwarz ist beim Wahlauftakt der Volkspartei am Montagabend in St. Pölten nicht zu sehen. In der Mitte des Saales sitzt Landeshauptfrau Johanna Mikl Leitner (ÖVP), die sich in weniger als drei Wochen ihrer Wiederwahl stellt.

Rund 3.000 ÖVP-Funktionärinnen und Funktionäre begrüßten ihre Spitzenkandidatin im Veranstaltungszentrum VAZ in der Landeshauptstadt. Die euphorischste Begrüßung staubte die Spitzenkandidatin aber nicht ab – Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) konnte den Saal bei seiner Vorstellung lauter stimmen. Als parteiinterner Stimmungsmacher war der Kanzler in Niederösterreich gern gesehen, auf Plakaten und im Wahlkampf ist die Bundes-ÖVP jedoch nicht präsent.

"Es steht viel auf dem Spiel"

Im Wahlkampf präsentiert sich die ÖVP als Garantin für niederösterreichische Themen und distanziert sich bewusst von der Bundespartei. Viele Plakate machen den Eindruck, als würde das Bundesland selbst plakatieren und nicht die ÖVP.

Dass der Wahlkampf immer hitziger wird, zeigt, wie richtungsweisend diese Wahl im Vergleich zu vorangegangenen ist. Nach zwei Jahrzehnten scheint es so gut wie sicher, dass die absolute Mehrheit der ÖVP nicht halten wird. Das weiß auch die Volkspartei selbst. Die Befürchtung einer rot-blauen Regierungsspitze ist groß. "Es steht viel auf dem Spiel. Diesmal sehr viel", formulierte es Mikl-Leitner.

Die bislang allein regierende ÖVP wird sich nach Prognosen wohl um einen Regierungspartner bemühen müssen. Eine Umfrage des Instituts für Demoskopie und Datenanalyse für die Niederösterreichischen Nachrichten sah die Partei von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner zuletzt bei 42 Prozent. Die SPÖ stagniert bei rund 24 Prozent. Die FPÖ liegt bei 19 Prozent – vor fünf Jahren erhielt sie noch 15 Prozent der Stimmen. Grüne und Neos legen in der Umfrage jeweils leicht auf sieben Prozent zu.

Auch Udo Landbauer (FPÖ) stellt den Anspruch, Landeshauptmann zu werden.
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Mikl-Leitner sprach im Vorfeld von einem "Ende der absoluten Mehrheiten in Europa". Ziel sei es, eine Koalition "gegen das Miteinander" zu verhindern – gemeint ist eine Koalition ohne ÖVP. Das "Miteinander" war ihr Wahlkampf- und Regierungsmotto im Jahr 2018. Damals lud Mikl-Leitner alle anderen Parteien zur Mitarbeit für das Land ein. SPÖ und FPÖ, die dank des Proporzsystems automatisch in die Landesregierung eingezogen waren, unterschrieben ein Arbeitsübereinkommen mit der ÖVP. Je näher der Landtagswahltermin rückte, desto angriffiger wurden sie allerdings gegenüber ihrer "Partnerin".

Spätestens seit der blau-gelben Inseratencausa ist das Verhältnis vollkommen zerrüttet: 2022 äußerten SPÖ, FPÖ, Grüne und Neos gemeinsam den Verdacht, dass das Land über Inserate in ÖVP-Medien die Partei heimlich querfinanziere. Erste Sonderprüfungen des Rechnungshofs klärten die Frage nicht abschließend, einige weitere stehen noch aus – und werden wohl erst nach der Wahl fertiggestellt.

Der SPÖ-Traum

Währenddessen träumt die SPÖ davon, mit Franz Schnabl erstmals den Landeshauptmann zu stellen. Die derzeitige Landeshauptfraupartei solle in Opposition geschickt werden. Dafür wolle man "Sachkoalitionen" bilden, um Schwerpunktthemen voranzutreiben, darunter Bildung und Gesundheit. Mit welcher Partei die Sozialdemokraten zusammenarbeiten wollen, legen sie nicht fest. Schnabl sei jedenfalls bereit, Verantwortung zu übernehmen: "Alle im Land wissen, dass es so nicht mehr weitergeht", sagte Schnabl bei seinem Wahlkampfauftakt.

Die SPÖ träumt davon, mit Franz Schnabl (Mitte) erstmals den Landeshauptmann zu stellen.
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Die FPÖ wiederum erklärt die Landtagswahl zur "Schicksalswahl für ganz Österreich. Fällt die letzte schwarze Bastion, dann ist der Weg frei für Neuwahlen auf Bundesebene", sagte der blaue Spitzenkandidat Udo Landbauer. Es gehe auch darum, "die furchtbarste Regierung aller Zeiten abzuwählen". Auch Landbauer stellt den Anspruch, Landeshauptmann zu werden.

Die Grünen konzentrieren sich auf ihre Kernthemen Klima und Umwelt. Die Landtagswahl sei eine Klimawahl, sagte Spitzenkandidatin Helga Krismer. Niederösterreich müsse Europameister in der "Kategorie Energiewende" werden. ÖVP, SPÖ und FPÖ sind allesamt in der Landesregierung – und dort machten sie sich "alles wunderbar untereinander aus", findet Krismer. Die Grünen hingegen betrieben echte Opposition.

Neos veröffentlichen Kosten

Die Neos und ihre Spitzenkandidatin Indra Collini setzen in ihrer Kampagne auf die Themen Teuerung und Korruption. Die Folgen der Inflation seien "in der Mitte der Gesellschaft angekommen", sagte Collini. Lohnnebenkosten sowie Gebühren beim Strom müssten gesenkt werden. Wer "wie die ÖVP bis zum Hals im Korruptionssumpf versinkt, hat die Hände nicht frei für die großen Herausforderungen unserer Zeit", sagte Collini. Um ihren Transparenzanspruch in die Tat umzusetzen, veröffentlichten die niederösterreichischen Neos am Montag eine detaillierte Aufstellung ihrer bisherigen Wahlkampfkosten. (Sebastian Fellner, Max Stepan, 9.1.2023)