Im Gastblog zeigt Rudolf Schwarz die Wirksamkeit und Geschichte von Reflektoren für Menschen, die zu Fuß unterwegs sind.

Ohne diese "Rückstrahler" ist man bei Dunkelheit im Straßenverkehr nahezu unsichtbar. Viele Eltern wissen das und statten ihre Kinder mit reflektierenden Elementen auf Kleidung und Schulrucksäcken aus. Textilien und Accessoires für den Sport punkten damit, auch bei Pferden und Hunden sind sie beliebt. Dass es auch Reflektoren für Erwachsene  gibt, die in normaler oder eleganter Kleidung zu Fuß unterwegs sind, weiß hingegen kaum jemand. Nur vier Prozent trugen sie laut einer Untersuchung im Jahr 2012 in Wien.

Reflektoren breiten sich nur langsam aus, denn wir können die Gefahr, der wir als zu Fuß Gehende bei Dunkelheit im Straßenverkehr ausgesetzt sind, nicht direkt wahrnehmen. Man kann sich die eigene Unsichtbarkeit nicht vorstellen. Wenn man zu Fuß unterwegs ist, sieht man die Scheinwerfer herannahender Autos bereits aus großer Entfernung. Man nimmt andere Menschen, Gebäude und Bäume wahr. Doch aus dem Auto betrachtet, erscheint diese Szene in völlig anderem Licht.

Grafik: Rudolf Schwarz

Die Scheinwerfer beleuchten den Boden und den rechten Rand der Straße, bei Abblendlicht etwa 70 Meter weit. Der Rest versinkt im Dunkel. Dort unterscheiden sich menschliche Gestalten nicht vom Hintergrund, sie bleiben lange unsichtbar. Erst bei etwa 40 Metern – bei dunkler Kleidung sogar erst bei 25 Metern – Entfernung zeichnen sie sich ab. In der wichtigen Distanz von 40 bis zu 140 Metern sind Menschen zu Fuß so gut wie unsichtbar. Aber nur, wenn man mindestens 100 Meter weit sichtbar ist, können Autofahrer und Autofahrerinnen bei höherer Geschwindigkeit sicher ausweichen oder bremsen. Reflektoren sind bis etwa 140 Meter erkennbar.

Dies in einem Video sichtbar zu machen, ist technisch anspruchsvoll. Das folgende, aufwändig gedrehte Video zeigt die Stadien des Sichtbarwerdens im direkten Vergleich – bis zuletzt sind Personen ohne Reflektoren kaum sichtbar.

ÖAMTC Young

Daher werden Reflektoren von allen empfohlen. In Österreich vom Kuratorium für Verkehrssicherheit, von ÖAMTC, Arbö und Regierungsstellen – wie auch sonst in Europa. Ich habe noch keine Gegenstimme gefunden.

Lässt sich die Wirksamkeit beweisen?

Die Wirksamkeit von reflektierenden Elementen beweist ein Gesetz aus dem Jahr 2005. Seither muss eine Warnweste getragen werden, wenn man das Auto bei Dunkelheit nach einer Panne verlässt. In den Jahren 2006 bis 2008 gab es signifikant weniger Unfälle und Verletzte, etwa minus 30 Prozent. Warnwesten und Reflektoren funktionieren bei Dämmerung und Dunkelheit gleich, beide machen sichtbar, indem sie Scheinwerferlicht präzise zur Quelle zurücksenden.

Die Idee zu den Reflektoren nahm mehrere Anläufe

Erstmal 1906 in Deutschland, 1925 und 1943 in den USA, 1934 in Großbritannien, 1954 in Schweden. Aber nur einer, Arvi Lehti aus Pertteli in Finnland, realisierte sie ab 1955 in Form eines Produktes für alle, circa fünf Zentimeter groß, an Schnüren baumelnd, um die Bewegung für mehr Aufmerksamkeit zu nutzen. Diese Reflektoren bewährten sich und breiteten sich von Finnland aus nach Schweden und Norwegen, Estland, Lettland und Littauen, über Polen und die Slowakei bis nach Tschechien: in diesen Ländern sind sie mittlerweile sogar gesetzlich vorgeschrieben. Wo stehen wir in Österreich? Man setzt auf Information.

Es leuchtet in Vorarlberg und Oberösterreich

Sicheres Vorarlberg, die Unfallpräventionsstelle des Landes, karrt Volksschulklassen mit Eltern abends auf eine wenig befahrene Straße und hält eine Unterrichtseinheit im Scheinwerferlicht der Busse: "Oh" und "Ah" hört man, wenn die Kleinen und die Großen sehen, wie ein Mensch unsichtbar wird ab 30 Metern, ohne Reflektoren. Auch die Eltern tragen sie dann ganz schnell, erzählt eine der Trainerinnen. In 32 Gemeinden des Ländle können Bürgerinnen und Bürger Reflektoren für wenig Geld abholen. Ein Video berichtet über die Aktion:

Sicheres Vorarlberg

Ähnliches ist in Oberösterreich im ORF sehen.Spots zeigen Szenen von Verkehrsteilnehmern mit und ohne Reflektoren. Auf allen ÖAMTC- und Arbö-Stützpunkten im Bundesland werden Reflektoren kostenlos verteilt. Die Anfänge dieser Aktion liegen bereits neun Jahre zurück.

Im Herbst 2017 las ich erstmals Berichte über hohe Unfallzahlen: über 20 Tote und hunderte Verletzte pro Jahr. Ich fragte mich: Warum tragen die Leute denn keine Reflektoren? Dann sah ich die Reflektoren, die es damals online zu bestellen gab – keinen einzigen davon hätte ich tragen wollen. Grelles Sportdesign, Kindliches und Hartplastik ohne einen Anflug von Ästhetik. War das die Ursache, dass Reflektoren für Menschen zu Fuß kein Thema waren? Ich testete eigene Varianten, die unauffällig, tragefreundlich und effektiv sein sollten.

Reflektor "Feder", FunkelnimDunkeln.de
Foto: Carola Öhblom

Reflektoren wurden attraktiv

Wie in Zeitlupe bewegte sich auch das Online-Angebot in diese Richtung. Feinere Elemente erschienen, etwa in Form eines Violinschlüssels und zartere Muster. Das österreichische Produkt "Linzer Engerl" setzte schon länger einen eigenen Akzent. Der Durchbruch kam 2022. Neue Reflektoren kamen in anregendem und stilsicherem Design auf den Markt, wie etwa ein Anstecker in Form einer Feder in schwarz oder weiß oder ein Klackband in dunkelgrau und Anhänger in elegant-coolen Formen. Nun kann man sich mit Reflektoren auch schmücken, Funktion und Ästhetik ergänzen sich zu einem harmonischen Ganzen. (Rudolf Schwarz, 10.1.2023)

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