Letzte-Generation-Mitgründerin Martha Krumpeck verteidigte die Klimaproteste in der "ZiB 2".

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Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm (ÖVP, rechts im Bild) hielt dagegen.

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Klimaschützer der Organisation Letzte Generation haben Montagfrüh eine Aktionswoche in Wien gestartet und Straßen vor Schulen blockiert. Um 7.45 Uhr, kurz vor Beginn des ersten Schultags nach den Weihnachtsferien, wurden vor Schulgebäuden in der Burggasse, der Gymnasiumstraße und auf der Roßauer Lände "verkehrsberuhigte Zonen geschaffen", wie es die Aktivisten nannten. Laut Polizei kam es zu "umfangreichen Verkehrsbehinderungen".

Eine Frage des Respekts

Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm (ÖVP) nannte diese Form des Klimaprotests am Montagabend in der "ZiB 2" "völlig daneben und respektlos" gegenüber Leuten, die in die Arbeit fahren müssten, gegenüber den dadurch im Einsatz befindlichen Polizisten und gegenüber den Steuerzahlern und Steuerzahlerinnen.

Letzte-Generation-Mitgründerin Martha Krumpeck hielt im ORF-Studio dagegen. Sie kritisierte die Klimapolitik der Regierung. "Respektlos ist, wenn man jungen Leuten sagt, eure Zukunft sei uns wichtig, aber man dann einfach weiterwurschtelt wie bisher, als wäre nichts gewesen." Es tue ihr leid, dass man Leute mit den Klimaprotesten verärgere. Aber man führe diese aus, "damit man endlich der Wissenschaft zuhört". Mit "normalen" Demonstrationen gehe nichts weiter. "Ziviler Widerstand ist kein Beliebtheitswettbewerb", sagte Krumpeck. "Es soll kein Weg mehr an uns vorbeiführen."

Klimaaktivistin: "Wir stehen mit dem Rücken zur Wand"

Die Politik höre seit 20 Jahren nicht auf die Wissenschaft oder auf die vor vier Jahren gestarteten Fridays-for-Future-Bewegungen. Österreich sei aktuell nicht auf Kurs, die eigenen Klimaziele einzuhalten. Das würden sämtliche Experten und Expertinnen bestätigen. "Wir stehen in der Klimakrise mit dem Rücken zur Wand. Wir sehen, wie der Schnee im Winter wegschmilzt."

Plakolm antwortete, junge Menschen hätten das Klimathema in den letzten Jahren groß gemacht. Mit der Klimakleberei gewinne man aber keine Menschen dazu. Auch junge Menschen würden sich dadurch kopfschüttelnd vom Thema abwenden. Auch die Kritik an der österreichischen Klimapolitik wies Plakolm zurück: "Österreich braucht sich nicht verstecken, was die Maßnahmen für den Klimaschutz angeht."

Warum sie dann die Forderungen der Letzten Generation nach einem Tempo-100-Limit auf Autobahnen nicht einfach umsetze? Da seien sich alle Fachleute einig, sagte ORF-Moderator Armin Wolf, "dass das beim CO2-Ausstoß ziemlich viel bringen würde und niemandem ernsthaft schadet". Die Jugendstaatssekretärin antwortete: "Wir müssen weniger mit Verboten arbeiten und stattdessen an großen Schrauben drehen." Man müsse schon mit ein bisschen mehr Innovationsgeist und Forschung arbeiten, "wenn wir wirklich Klimaschutz leben wollen".

Letzte-Generation-Mitgründerin Martha Krumpeck (links) vs. Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm (ÖVP).
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Für Krumpeck ist das Tempo-100-Limit hingegen nicht die einzige, sondern die simpelste Forderung, die sofort umgesetzt werden könnte. Sie müsse sich von der Politik aber ständig anhören, warum diese einfachsten aller einfachen Dinge nicht gehen sollen.

Sie verteidigte die Klimaproteste. Diese zahlten sich aus. Das sehe man daran, dass sie im "ZiB 2"-Studio sitze, mitreden und aufzeigen könne, dass die Klimapolitik der Bundesregierung "völlig an dem vorbeigeht, wo wir eigentlich hinmüssten". "Wir wollen die Menschen aufrütteln", sagte die Klimaaktivistin. "Es ist eine Schande, dass es überhaupt notwendig ist, dass sich Lehrlinge und Ärztinnen gemeinsam an die Straßen kleben, damit die Bevölkerung endlich aufwacht und realisiert, in welche Klimakatastrophe wir reinschlittern."

Wolf sprach Krumpeck darauf an, dass zuletzt mutmaßliche Klimaaktivisten laut Polizei in den Wiener Bezirken Leopoldstadt und Alsergrund bei mehr als 50 SUVs die Luft aus mindestens einem Reifen gelassen haben. Polizeipräsident Gerhard Pürstl warnte jüngst auch vor dem Lockern von Radmuttern. Krumpeck distanzierte sich davon: "Die letzte Generation hat mit solchen Aktionsformen nichts zu tun." Sie appellierte an ihre Mitstreiter und Mitstreiterinnen: "Bitte, bitte, macht das nicht. Das kann wirklich ins Auge gehen." Sie betonte: "Wir vermeiden es, Dinge kaputt zu machen, wir wollen das nicht."

Dass Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) zuletzt härtere Strafen bei Klimablockaden und für Reifenstecher forderte, begrüßte wiederum Plakolm. Fachleute lehnen den Vorschlag jedoch ab.

Corona- vs. Klimaproteste

Warum die Aufregung über Klimaproteste größer sei als über etwaige Corona-Proteste, die in der Hochphase der Pandemie den Verkehr teilweise stundenlang lahmlegten, beantwortete Plakolm wie folgt: Die Corona-Proteste seien im Gegensatz zur "Klimakleberei" angemeldet gewesen, wodurch sich die Polizei besser darauf vorbereiten konnte.

Krumpeck argumentierte, eine Anmeldung der Demonstration würde nichts bringen, weil diese nur dort genehmigt würden, wo sie niemanden stören. Dabei müsse man auch die Zahl der teilnehmenden Personen berücksichtigen. An den Blockaden am Montag waren insgesamt 14 Personen beteiligt. Die Ansinnen der Fridays-for-Future-Proteste seien trotz höherer Teilnehmerzahlen ignoriert worden. Man müsse zu den wenigen Mitteln greifen, die man habe.

Zur Kritik daran, dass die Letzte Generation auch beim Neujahrskonzert mit einer Störaktion auf den Klimawandel aufmerksam machen wollte, sagte sie: Man sage ihnen immer, sie sollten nicht "normale" Bürger und Bürgerinnen stören. Beim Neujahrskonzert sei die politische Spitze Österreichs vertreten, vom Bundeskanzler bis zum Bundespräsidenten. Also habe man sich diesen Ort ausgesucht. "Passt anscheinend auch nicht." (Andreas Gstaltmeyr, APA, 9.1.2023)