Laut der Unwort-Aktion werden Aktivistinnen und Aktivisten mit dem Begriff "Klimaterroristen" kriminalisiert und diffamiert.

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Marburg – Das Unwort des Jahres 2022 in Deutschland lautet "Klimaterroristen". Das gab die sprachkritische Unwort-Aktion am Dienstag bekannt. Der Ausdruck sei im öffentlichen Diskurs benutzt worden, um Aktivisten und deren Proteste für mehr Klimaschutz zu diskreditieren, begründete die Jury ihre Wahl. Sie kritisierte die Verwendung des Begriffs, weil Aktivistinnen und Aktivisten darin mit Terroristen "gleichgesetzt und dadurch kriminalisiert und diffamiert werden".

Gewaltlose Protestformen zivilen Ungehorsams und demokratischen Widerstands würden so in den Kontext von Gewalt und Staatsfeindlichkeit gestellt, rügte die Jury. Die seit 1991 stattfindende Unwort-Wahl soll auf einen unangemessenen Sprachgebrauch aufmerksam machen und so für einen bedachten Umgang mit Begriffen sensibilisieren.

Diskriminierung und Beschönigung

Auf Platz zwei setzte die mehrheitlich aus Sprachwissenschaftern bestehende Jury den Ausdruck "Sozialtourismus", der 2013 zum Unwort gekürt worden war. CDU-Chef Friedrich Merz hatte das Wort im vergangenen September im Zusammenhang mit Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine verwendet und sich später dafür entschuldigt. Die Jury sah in dem Wortgebrauch "eine Diskriminierung derjenigen Menschen, die vor dem Krieg auf der Flucht sind und in Deutschland Schutz suchen". Zudem verschleiere das Wort ihr prinzipielles Recht darauf.

Auf Platz drei kam die Formulierung "defensive Architektur", die als irreführend und beschönigend kritisiert wurde. Der Ausdruck bezeichnet eine Bauweise, die verhindert, dass sich etwa Wohnungslose länger an öffentlichen Orten niederlassen können.

Verstoß gegen Menschenwürde und Demokratie

Das Unwort des Jahres wurde nach verschiedenen Kriterien aus Vorschlägen ausgewählt, die Interessierte bis zum 31. Dezember eingereicht hatten. Insgesamt gab es 1.476 Einsendungen mit 497 Begriffen, von denen knapp 55 den Kriterien der Jury entsprachen.

Infrage kommen Wörter, die gegen die Prinzipien der Menschenwürde oder der Demokratie verstoßen, die gesellschaftliche Gruppen diskriminieren oder die euphemistisch, verschleiernd oder irreführend sind. Bei der Unwort-Kür kommt es nicht darauf an, wie oft ein Begriff vorgeschlagen wurde. 2021 war die Wahl auf "Pushback" gefallen. (APA, 10.1.2023)