In Brasilien fordern Menschen, dass der Ex-Präsident ins Gefängnis kommt. "Keine Amnestie, kein Pardon, Bolsonaro ins Gefängnis", steht auf einem Poster.

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Am Montagabend twitterte er ein Foto von sich auf einem Krankenbett aus einem Spital in Orlando, Florida. Wegen Magenbeschwerden habe sich Jair Bolsonaro am Montag behandeln lassen, ließ er wissen. Noch am gleichen Tag konnte er aber entlassen werden. Seit rund einer Woche hält sich der brasilianische Ex-Präsident in den USA auf. Er war wenige Tage bevor sein politischer Rivale Luiz Inácio Lula da Silva im Präsidentenamt vereidigt wurde ausgereist.

Bolsonaro wird nun vorgeworfen, vom Ausland aus eine Menschenmenge dazu aufgestachelt zu haben, am Sonntag – in seiner Abwesenheit – Regierungsgebäude zu stürmen und zu verwüsten. Bolsonaro selbst weist das zurück. Im Land gibt es aber vermehrt Stimmen, die am liebsten hätten, dass er nicht mehr zurückkommt – und wenn, dann sollte er ins Gefängnis gehen. In Brasilien laufen bereits mehrere Untersuchungen des Obersten Gerichts gegen ihn, etwa wegen Korruption und der Verbreitung von Desinformation.

Zehntausende haben in São Paulo ihre Unterstützung für die aktuelle Regierung um Präsident Lula gezeigt.
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Zehntausende Menschen versammelten sich etwa am Montag in São Paulo und forderten, Bolsonaro gehöre ins Gefängnis. Auch in anderen Städten des Landes kam es zu Anti-Bolsonaro-Kundgebungen. "Ich möchte der Welt zeigen, dass es in unserem Land eine gigantische Anzahl an Menschen gibt, die glauben, dass wir der Regierung trauen können", sagte etwa ein Demonstrant zur BBC.

"Kein Asyl für Autoritäre"

Für den 67-Jährigen stellt sich nach den Tumulten am Wochenende in Brasília nun noch dringender die Frage: Wohin geht für ihn die Reise? In den USA wird der Druck größer, auszureisen. Während er früher immer wieder in das Land gereist war, werden die Stimmen nun lauter, dass er dort kein gern gesehener Gast mehr sei.

Die USA sollten einem "Autoritären, der Inlandsterrorismus inspiriert", kein Asyl gewähren, sagte etwa der demokratische Kongressabgeordnete Joaquin Castro. Ähnlich hatte bereits seine Parteikollegin Alexandria Ocasio-Cortez argumentiert. Bolsonaro war mit einem Diplomatenvisum Ende Dezember in die USA eingereist. Solche Visa sind 30 Tage lang gültig. Danach müsse die Person ausreisen oder ein neues Visum beantragen, gab ein Sprecher des US-Außenamts bekannt. Die US-Regierung wollte den Visumstatus von Bolsonaro aber nicht weiter kommentieren.

Italien winkt ab

Auch die italienische Regierung um die Rechts-außen-Premierministerin Giorgia Meloni hat eine mögliche Aufnahme in Italien abgelehnt. Zuvor war von brasilianischen Medien kolportiert worden, dass Bolsonaro sich um eine italienische Staatsbürgerschaft bemühe. "Er hat nicht danach gefragt – und ich denke nicht, dass er eine haben kann", sagte Außenminister Antonio Tajani am Dienstag im Radio.

Gegenüber CNN Brasil gab Bolsonaro an, er habe ursprünglich länger in den USA bleiben wollen. Aber aus medizinischen Gründen plane er nun seine Rückreise früher.

Einladung nach Washington für Lula

Ganz anders steht es unterdessen um Bolsonaros Rivalen Lula. US-Präsident Joe Biden sprach noch am Montag eine Einladung nach Washington aus, für Anfang Februar. Und auch im Land verstärkt sich nun die Unterstützung für den linksgerichteten Politiker. Viele kamen zu den Protesten am Montag in Rot, der Farbe von Lulas Arbeiterpartei.

Dabei ist auch Lula kein unbeschriebenes Blatt. In den vergangenen Jahren saß der 77-Jährige 18 Monate im Gefängnis, nachdem er 2017 der Korruption für schuldig befunden worden war.

Am Montag kritisierte Lula das aktuelle Verhalten der Streitkräfte, nicht nur am Sonntag, sondern auch in den Wochen zuvor. "Die Menschen haben offen einen Militärputsch gefordert, außerhalb der Baracken, und nichts wurde gemacht", sagte er mit Blick auf die Zeltlager von Bolsonaro-Anhängern direkt neben Militärstützpunkten. "Kein General hat den Finger erhoben, um ihnen zu sagen, dass sie das nicht tun können." Am Montag wurden die Camps von Sicherheitskräften aufgelöst.

Kunstwerke mit Millionenwert zerstört

In Brasília selbst wird langsam das Ausmaß der Verwüstungen bekannt. So wurden neben den Schäden an den betroffenen Gebäuden selbst auch mehrere Kunstwerke zerstört, deren Wert in die Millionen geht. Auch der Schreibtisch eines ehemaligen Präsidenten, eine seltene Standuhr aus dem 18. Jahrhundert oder eine Holzskulptur wurden massiv beschädigt, wie die BBC zusammenfasst.

Bisher sind rund 1.500 Menschen im Zusammenhang mit den Ausschreitungen zumindest vorübergehend festgenommen worden. Lula hat versprochen, diejenigen zu ermitteln und zu fassen, die hinter der Aktion stecken. "Im Namen der Verteidigung der Demokratie werden wir niemandem gegenüber autoritär sein, aber wir werden auch niemandem gegenüber lauwarm sein", sagte der Präsident am Montag im Fernsehen. "Wir werden das untersuchen und die Leute finden, die es finanziert haben." (saw, APA, 10.1.2023)