"Jetzt Niederösterreich." Es braucht riesige Lettern, damit die zwei verlorenen Worte ein ganzes Plakat von Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) füllen mögen. Denn nur in zwei Ecken darf noch was stehen, was kaum weniger Fragen offen lässt. Aber kommen wir einmal zur primären Frage: "Was", will man wissen, "jetzt mit oder in Niederösterreich passieren soll?" Jetzt Niederösterreich aussackeln? Jetzt Niederösterreich an die Wirtschaft verkaufen? Jetzt Niederösterreich mit Alkohol und Psychopharmaka grundversorgen? Entsprechende Ideen und Projekte gab es von der ÖVP ja in der Vergangenheit.

Bernhard Ebner, Landesgeschäftsführer der ÖVP-Niederösterreich, bei der Präsentation von Plakaten für die Landtagswahl am 29. Jänner in St. Pölten.
Foto: APAA/VPNÖ

Aber dann ist da auf den Plakaten gleichzeitig die Distanzierung von der Mutterpartei, wie wir das bei vielen vergangenen Wahlen gesehen haben. Auf Mikl-Leitners Plakaten findet sich kein ÖVP-Logo, kein ÖVP-Schriftzug, kein Schwarz und schon gar kein Türkis. "vpnoe.at" steht auf dem Plakat. Aber das passt doch auch ganz gut ins Bild. Stimmen die Plakate ja anscheinend nicht auf die Landtagswahl, sondern auf die "Niederösterreich Wahl"(sic!) ein. Die ist übrigens anscheinend ebenfalls am 29. Jänner.

Pendlerentschädigung

Und für die wirbt die Mikl-Leitner sogar in Wien. Über dem Schriftzug "Unsere Landeshauptfrau", droht sie übergroß, mit leicht geschürzten Lippen, Passanten in Wien-Fünfhaus vom Plakat aus runterzuküssen. Das mag dem einen oder anderen Neujahrsvorsatz der Wienerinnen und Wiener vielleicht zuträglich sein, einer Wahlentscheidung aber vermutlich weniger. Die ÖVP wolle damit die Pendler ansprechen, die nach Wien zum arbeiten müssen, heißt es. Denen würden Arbeitsplätze im eigenen Bundesland aber vermutlich eher taugen, als ein Riesenbussi nach dem Stau auf der Stadteinfahrt. Aber das ist eben nicht die Art von Johanna Mikl-Leitner. Sie verspricht nichts, was sie nicht machen möchte.

"Die Welt. Die Zeit. Unsere Wahl." steht auf einem weiteren Plakat, welches wieder ohne jedes Verb auskommt. Und man denkt sich nur: Hilfe! "Die Welt" leidet unter dem Klimawandel, "die Zeit", etwas zu tun, lassen wir verstreichen, weil "unsere Wahl" beim letzten Mal auf diejenigen fiel, die große Reformen bis heute verhindern. Fehlt eigentlich nur noch: das Ende. Doch das stimmt so selbstverständlich nicht.

Die neue Sprache

Denn auf jenem Plakat mit dem Spruch "Unsichere Zeiten. Klare Wahl." lässt sie eine Dame für sich wahlkämpfen. Wieder keine Spur davon, etwas zu tun. Unvollständige Worthülsen, die keinen Sinn ergeben und erst recht keine Aussicht darauf, dass etwas besser wird, wenn man die "vpnoe.at" bei der "Niederösterreich Wahl" wählt. Bleibt nur noch die Frage zu klären: Was soll das Kauderwelsch? Wenigstens darauf gibt "Unsere Landeshauptfrau" mit einem weiteren Plakat eine Antwort: "Muttersprache: Niederösterreich." Ja, wirklich. (Guido Gluschitsch, 10.1.2023)