Die Österreichische Volkspartei hat einen Lauf. Nein, in diesen Satz ist kein falscher Parteiname hineinreingerutscht, es geht hier tatsächlich um die ÖVP. Ja, die Konservativen stehen zwar in Umfragen schlecht da, und Kanzler Karl Nehammer kann bei der Beliebtheit nicht mit seinem Vorgänger mithalten. All das wird in der Öffentlichkeit auch intensiv diskutiert.

Weniger im breiten Fokus steht, dass die ÖVP eine Reihe von zentralen Vorhaben zugunsten ihrer Klientel umgesetzt hat: Sie hat milliardenschwere Zuschüsse und Entlastungen für den (oberen) Mittelstand und für Unternehmer auf den Weg gebracht. Allein damit sind Höhenflüge wie unter Sebastian Kurz nicht zu schaffen, und auch Probleme, wie die stark gestiegene Teuerung, lassen sich damit nicht wegzaubern. Aber die Volkspartei zeigt ihren Kerngruppen gerade auf eindrucksvolle Art und Weise auf, warum sie gut damit fahren, wenn die ÖVP in der Regierung sitzt. Das wird bei der Mobilisierung im Wahljahr nützen.

Die ÖVP hat milliardenschwere Zuschüsse und Entlastungen für den (oberen) Mittelstand und für Unternehmer auf den Weg gebracht.
Foto: Regine Hendrich

Ein paar Beispiele für jüngste Erfolge aus türkiser Perspektive: Anfang des Jahres ist die Körperschaftssteuer von 25 auf 24 Prozent gesunken, im kommenden Jahr sinkt sie noch einmal, auf 23 Prozent. Die Forderung dazu kam natürlich aus den Unternehmensverbänden. Jeder Prozentpunkt weniger Steuern bringt Unternehmern 400 Millionen Euro mehr pro Jahr. Dazu kommt, dass die kalte Progression, also die automatischen Steuererhöhungen, mit Jahresbeginn abgeschafft wurde.

Energiehilfspaket

Zugute kommt dies allen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, aber natürlich profitieren Menschen, die mehr verdienen und mehr Steuern zahlen, am stärksten. Ein weiterer türkiser Erfolg ist das neue Energiehilfspaket für Betriebe. Bis zu neun Milliarden Euro werden dafür 2023 bereitgestellt, je nach Entwicklung der Energiepreise. Die Regierung begründet die Maßnahme zwar mit Wettbewerbsdruck aus dem Ausland. Viel Geld gibt es auch für Unternehmen, die gar keiner internationalen Konkurrenz ausgesetzt sind und die ihre höheren Kosten also problemlos an die Verbraucher weitergeben. Erwähnenswert sind noch Goodies für Landwirte, künftig profitieren auch mittelgroße Betriebe von bestehenden landwirtschaftlichen Steuerprivilegien.

Erfolge gibt es aber auch bei der Themensetzung: Finanzminister Magnus Brunner hat eine Debatte zur Abschaffung der Grunderwerbssteuer beim Erstkauf von Immobilien losgetreten. Nutznießer wären (junge) mittelständische Familien, die genug Geld haben, um trotz rasant gestiegener Immobilienpreise am Markt zuzuschlagen. Profitieren würden also auch hier jene, die sich vorstellen können, ÖVP zu wählen.

Der ÖVP lässt sich nicht vorwerfen, die Interessen ihrer Klientel mit Steuergeld zu befördern. Eher stellt sich die Frage, warum es rundherum so still ist. Etablierte Ökonominnen und Ökonomen, die seit Jahrzehnten für jede Ausgabe eine Gegenfinanzierung fordern, sind leise. Die Grünen hätten es angesichts der schlechten türkisen Umfragewerte in der Hand, mehr Druck aufzubauen, im Gegenzug für Klimaschutzmaßnahmen nicken sie aber viele der ÖVP-Forderungen ab. Wenig kommt von der größten Oppositionspartei, der SPÖ. Sie fordert in der Teuerungskrise für jeden mehr Geld, für Großunternehmer wie Arbeitslose. Da ist keine Linie zu erkennen, das wirkt beliebig. Und genau das lässt sich über die ÖVP nicht sagen. (András Szigetvari, 11.1.2023)