Die Finanzausgleichsverhandlungen sollten genutzt werden, um die Kompetenzzersplitterung im Bildungsbereich aufzuheben, fordern der Soziologe Johann Bacher, der ehemalige Schuldirektor Erwin Greiner, Sozialexperte Martin Schenk und die Vorsitzende der Initiative "Bildung grenzenlos", Heidi Schrodt, in ihrem Gastkommentar. Lesen Sie dazu auch die Beiträge "Die Unmenschlichkeit im Bildungssystem" und "Geht's der Wirtschaft gut, geht's der Schule gut?".

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Die Einrichtung von Schulclustern würde auch für ausreichend Personal an Schulen sorgen.
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Die Finanzausgleichsverhandlungen scheinen sich auf die Kompetenzverteilung im Gesundheitsbereich zu konzentrieren. Diskutiert wird eine grundlegende Reform des Gesundheitssystems. Zu Recht wird dabei auf die ineffiziente Kompetenzverteilung zwischen Bundesländern und Krankenkassen verwiesen.

Das Bildungssystem ist von einer ähnlich starken Zersplitterung der Kompetenzen gekennzeichnet. Die Gemeinden sind als Schulerhalter für die Kosten der Errichtung und Erhaltung von Pflichtschulen zuständig. Dies schließt die Bereitstellung von Lehrmaterialien ein und kann die Unterstützung von sozial benachteiligten Schülerinnen und Schülern beinhalten. Hinzukommen können Angebote der Nachmittagsbetreuung in Form von Horten sowie Schulpsychologie und Schulsozialarbeit. Letztere Aufgaben werden aber auch von Ländern und Bund übernommen. Länder und Bund sind für das Lehrpersonal und den Betrieb der Schulen zuständig, der Bund ist zusätzlich für die Errichtung und die Erhaltung der Bundesschulen verantwortlich.

"Die in der Bundesverfassung verankerten Bildungsziele werden nicht erreicht."

Diese Zersplitterung von Kompetenzen führt wie im Gesundheitsbereich dazu, dass die in der Bundesverfassung verankerten Bildungsziele nicht erreicht werden. Diese Ziele umfassen zum einen die bestmögliche Förderung der Talente und Fähigkeiten jedes Kindes unabhängig von seiner Herkunft und den sozialen und ökonomischen Verhältnissen seiner Familie, zum anderen die Vermittlung von Grundwerten.

Die Finanzausgleichsverhandlungen sollten daher genutzt werden, auch die Kompetenzzersplitterung im Bildungsbereich aufzuheben. Eine Lösung wäre die Einrichtung von regionalen Schulclustern, die alle Schulformen umfassen, von der Volksschule, Mittelschule, Sonderschule, Polytechnischen Schule bis zu den Bundeseinrichtungen, also der berufsbildenden mittleren und höheren Schule (BMS, BHS) und allgemeinbildenden höheren Schule (AHS). Die Schulcluster erhalten personelle und finanzielle Autonomie. Bei der Mittelzuweisung wird die soziale Zusammensetzung der Schülerinnen und Schüler berücksichtigt – Stichwort sozialindizierte Mittelvergabe. Schulcluster mit mehr sozial benachteiligten Schülerinnen und Schülern erhalten mehr finanzielle Mittel, wie das bereits seit dem letzten Bildungsreformgesetz 2017 vorgesehen ist.

Ausreichend Personal

Da jeder Schulcluster eine bestimmte kritische Größe hat, wäre gewährleistet, dass ausreichend unterstützendes und administratives Personal zur Verfügung steht. Implementiert werden könnte auch ein oft gefordertes mittleres Management. Wohnortnahe Versorgung im Volksschulbereich könnte dezentrale Standorte erreichen. Fest vorgesehen werden sollten auch ganztägige Schulformen.

Größe, sozialindizierte Mittelzuweisung und Ganztägigkeit würden soziales und demokratisches Lernen fördern. Die Schulcluster wären auch ein besseres Abbild der Gesellschaft durch eine größere Diversität.

Schulcluster würden Rahmenbedingungen bereitstellen, die es Schulen ermöglichen, die in der Verfassung verankerten Bildungsziele zu erreichen. Gleichzeitig würden sie das derzeitige Kompetenzwirrwarr im Bildungssystem auflösen. (Johann Bacher, Erwin Greiner, Martin Schenk, Heidi Schrodt, 11.1.2023)