Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) will versuchen, im Parlament Respekt zu leben.

Foto: IMAGO/SEPA.Media

Wolfgang Sobotka, der laut APA-Vertrauensindex unbeliebteste und wohl auch umstrittenste Nationalratspräsident aller Zeiten, sieht in dem jüngst erfolgten Umzug ins rundum erneuerte Parlament auch eine "Chance, sich mit Kritikpunkten auseinanderzusetzen und sich neu zu positionieren". Dabei nimmt er nicht nur andere in die Pflicht, sondern auch sich selbst, wie der ÖVP-Politiker Dienstagnachmittag sagte.

Nach mehr als fünfjähriger Sanierung findet am Donnerstag die offizielle Eröffnungsfeier mit einem großen Festakt statt. Bauherr Sobotka stand auch rund um den Umbau mehrfach in der Kritik. Etwa weil er einen goldgeschmückten Bösendorfer-Flügel ins Parlament stellen ließ oder weil er die Benennung einzelner Säle ohne viel Absprache mit den anderen Fraktionen vorgenommen haben soll. Was die Benennung der Räume betrifft, will Sobotka festgehalten wissen, dass die Fraktionen sehr wohl um Rückmeldung zu den Namen gebeten wurden.

"Ich habe meine Lektionen gelernt"

Der allgemeinen Kritik, dass er in der Vergangenheit immer mal wieder Entscheidungen über den Kopf anderer hinweg getroffen habe, sagt Sobotka, dass er sich vorgenommen habe, "Dinge anders zu gestalten" und "Konsens zu erzielen". Denn auch er habe seine "Lektionen gelernt".

Gehe es nach Sobotka, solle die Wiedereröffnung des Hohen Hauses auch genutzt werden, "um den Parlamentarismus neu aufzustellen". Nicht zuletzt deshalb, weil aufgrund des aktuellen Demokratiemonitors des Sozialforschungsinstituts Sora das Vertrauen in die Demokratie auf dem Tiefpunkt ist. "Die Demokratie hat manche Mängel, aber ist anderen Formen massiv überlegen", sagt Sobotka. Der Umgangston im Hohen Haus sei allerdings "nicht vorbildlich", dieser erfülle nicht, "was man sich von einem Politiker erwartet".

"Werte kann man nicht lehren, sondern nur vorleben", zitiert Sobotka den Neurologen und Psychiater Viktor Frankl. Und genau das gedenke er auch im Parlament zu tun. So wolle er etwa versuchen, Respekt "zu leben, das nehme ich mir vor".

Ringen um Fahrplan

Massive Kritik erntete Sobotka bereits von Beginn seiner Vorsitzführung im ÖVP-U-Ausschuss. Die zahlreichen Forderungen, er möge den Vorsitz abgeben, prallten stets an ihm ab. In der Debatte um einen Fahrplan für die Verlängerung des U-Ausschusses hat Sobotka den Ball erneut an die Fraktionen zurückgespielt. "Es ist gute Praxis, Einvernehmen zu finden. Ich habe noch nie die Termine festgelegt", sagt er. Nach wie vor konnten sich diese nicht final einigen, wie viele Befragungstage es bis Ende Jänner geben soll. Ein Vorschlag auf Referentenebene von Dienstag sieht nun drei Befragungstage vor.

Übrigens: Am Wochenende öffnet das Parlament auch für die Bürgerinnen und Bürger seine Pforten. An zwei Tagen der offenen Tür kann das Gebäude besichtigt werden. Die erste Nationalratssitzung findet dann Ende Jänner statt – ab dann wird sich herausstellen, ob Wolfgang Sobotka seine guten Vorsätze auch mit Leben erfüllt. (Sandra Schieder, 10.1.2023)