Bonvalot im Einsatz. Er und seine Kolleginnen und Kollegen müssen nun doch keine Strafen zahlen.

Foto: Prokop

Ein Polizeieinsatz bei einer Coronademo im Oktober 2022 hatte rechtliche Folgen – DER STANDARD berichtete. Der Journalist Michael Bonvalot und sein Team von Securityleuten und einer Fotografin wurden, wie Videos zeigen, von Demonstrierenden bedrängt. Die Polizei kam den sieben Personen nicht zu Hilfe, sondern zeigte sie an.

Das wurde damit begründet, dass Bonvalot die Demo gestört habe, was die Videos widerlegen, und das Team den Gehsteig neben dem gesperrten Ring nicht benutzt hatte. Das Tragen von FFP2-Masken wurde zudem als Verstoß gegen das Vermummungsgesetz interpretiert. Die Organisation Reporter ohne Grenzen und der Presseclub Concordia schlugen Alarm, weil sie die Pressefreiheit bedroht sahen. Doch im Dezember erhielten alle sieben Betroffenen Post von der Polizei: Die Verwaltungsstrafverfahren gegen sie waren komplett eingestellt worden.

"Normen und Regeln"

Was dabei verwundert: Fast zwei Wochen später beantwortete Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) eine parlamentarische Anfrage der Grünen zu dem Fall. Fazit: alles richtig gemacht. Zwar wird die Wichtigkeit der Pressefreiheit eingeräumt, doch auf der Demo habe es gegolten, gleichzeitig Versammlungsfreiheit und Pressefreiheit sicherzustellen "und hinzukommend auch noch die sonstigen Normen und Regeln des österreichischen Rechtsstaates zu beachten".

Auf die Fragen der Grünen Eva Blimlinger, wie künftig Berichterstattung auszusehen habe, wenn man nur auf Gehsteigen bleiben dürfe, und ob man erwarten könne, dass die Polizei Medienleute vor einem "gewaltbereiter Mob" schütze, wurde nicht weiter eingegangen. "Selbstverständlich werden die dabei gemachten Erfahrungen evaluiert und fließen in zukünftige Ausbildungen und Planungen ein", heißt es da.

"Es kann nicht sein, dass Journalist:innen schikaniert und in ihrer Arbeit behindert werden", sagt Blimlinger. Sie fordert eine "Aufarbeitung der Vorkommnisse".

Für Bonvalot ist die Causa ein weiterer Beweis, dass Medienleute mit "Slapp-Klagen" eingeschüchtert werden sollen, denn: "Die Concordia hat die Rechtskosten zwar für uns übernommen, doch wenn man sich wehrt, sind diese höher als die Strafen, die man einfach zahlen könnte."

Nebenfront

Auf einer Nebenfront geht eine rechtliche Auseinandersetzung aber weiter, denn ein Beamter, der an der Amtshandlung beteiligt war, hat Bonvalot auf 12.400 Euro geklagt. Der Grund: Bonvalot hat Tweets anderer Twitter-User retweetet, in denen das Gesicht des Beamten im Video erkennbar war. In seinen eigenen Videos hatte Bonvalot den Mann unkenntlich gemacht und sieht einen auffallenden Zusammenhang: "Ich habe gegen genau diesen Polizisten nach der Demo eine Maßnahmenbeschwerde eingebracht." (Colette M. Schmidt, 10.1.2023)