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Zwei sehr unterschiedliche Versionen über den Tathergang und die vorangegangene Beziehung zwischen einem angeklagten 42-jährigen Wirt und seiner getöteten Ehefrau haben die Geschworenen am Mittwoch beim Auftakt des Mordprozesses im Schwurgerichtssaal des Landesgerichts Salzburg gehört. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Pinzgauer vor, die Tat geplant zu haben und die von ihm getrennt lebende 30-Jährige im Gasthof in Piesendorf gewürgt und mit drei Messerstichen getötet haben. Der Verteidiger spricht von Totschlag und rückt das Opfer in ein schlechtes Licht.

Im Jänner 2022 hätten sich die beiden getrennt. "Er begann seine Frau zu überwachen, hat Standortdaten und Internetverhalten eingesehen über den gemeinsamen Google-Account", sagt die Staatsanwältin. Der Angeklagte habe ein "massiv besitzergreifendes Verhalten" entwickelt, dazu kamen tätliche Aggressionen.

Anzeige einen Monat vor der Tat

Einen Monat vor der Tat habe das Opfer schließlich Anzeige wegen Körperverletzung, Stalkings und gefährlicher Drohung erstattet. Bei einem Streit habe er ihr einen Stoß versetzt, sie kam zu Sturz und brach sich die Hüftgelenkspfanne. Er drohte ihr mehrfach mit Körperverletzungen ("Ich bringe dich in den Rollstuhl") und mit dem Tod ("Du bist tot, du weißt es nur noch nicht"), suchte ihre räumliche Nähe und schrieb ihr mehrmals täglich. Es wurde ein Betretungs- und Annäherungsverbot gegen ihn verhängt und eine einstweilige Verfügung ausgesprochen. Den Antrag zog die Ehefrau jedoch einen Tag vor der Tat wieder zurück, nachdem der Angeklagte bei einer Besprechung bei einem Anwalt mitgeteilt habe, dass er wieder eine Freundin habe.

Am nächsten Tag, dem 13. Mai, habe der 42-Jährige dann eine Tasche mir frischer Kleidung bereitgelegt, eine Putzfrau früher gehen lassen und eine Blumenlieferung auf den Vormittag verschoben – für die Staatsanwaltschaft Vorbereitungen für die geplante Tat und anschließende Flucht. Im Gasthof gerieten die beiden dann in Streit. Der Wirt würgte die Frau und versetzte ihr mit einem 21 Zentimeter langen Küchenmesser drei wuchtige Stiche in den Brustkorb. "Sehen Sie sich die Lichtbilder vom Tatort an. Sie zeugen vom Überlebenskampf der Frau", sagt die Staatsanwältin den Geschworenen.

Verteidiger: Totschlag aus Kränkung

Verteidiger Franz Essl zeichnet ein völlig anderes Bild und spricht von Totschlag. Der Mann sei gekränkt und beleidigt worden. Nach einer Operation 2018 habe er nicht mehr ejakulieren können, und so blieb der Wunsch nach einem weiteren gemeinsamen Kind unerfüllt. "Das hat ihn verzweifelt. Seine Frau hat nichts dazu getan, ihn aufzumuntern, sondern das genutzt, um ihn bloßzustellen", sagt der Verteidiger. Er habe gebuttelt und gearbeitet, "hetzte von Lokal zu Lokal, musste sich um Lieferanten, Küche, Bestellungen und Personal kümmern", betont Essl.

Die Frau hingegen habe sich nur schön gemacht, sich nicht um die Kinder gekümmert und nur darauf geachtet, dass sie für die Männer begehrlich sei. Der Verteidiger zählt drei Affären des Opfers auf, unterstreicht mit Google-Suchanfragen, dass sie sich nur für straffe Brüste, Kuschelhotels und Haarverlängerungen interessierte, und spricht von einem von ihr entworfenen Vertrag für sexuelle Dienstleistungen mit seinem Mandanten. "Sie war auch manchmal in den Gaststätten Aushilfe, hat sich als Chefin feiern lassen und hat ihn gedemütigt", sagt Essl. Sie habe eine Abendmatura und einen Unternehmerkurs gemacht und sich selbstständig machen wollen. Den Hüftbruch habe sie selbst verschuldet und den Vorfall als gezieltes Rachemittel genutzt, behauptet Essl.

"Vor diesem Hintergrund kam es dann am 13. Mai zum Affektsturm, der sich da entlud. Es war ein Verzweiflungszustand", sagt der Verteidiger. Sie habe ihn auch zuerst gewürgt und zum Messer gegriffen, als es zu Boden fiel, nahm er es an sich und stach zu, "in einem Ausnahmezustand", erklärt der Anwalt. "Es ist kein vorsätzlicher Mord, sondern eine Tötung in einem allgemein begreiflichen heftigen Gemütszustand. Er war in einer Schocksituation, hat sich aber dann freiwillig der Polizei gestellt."

Angeklagter: "Reflexartig zugestochen"

Ähnlich auch die Schilderung des Angeklagten: "Ich habe die Beherrschung verloren und sie ziemlich heftig gewürgt", sagt der 42-Jährige bei seiner Befragung. Sie habe daraufhin zuerst das Messer geschnappt, es dann im Streit verloren. "Ich habe es reflexartig genommen und zugestochen", sagt der Angeklagte. Danach habe er das Messer abgewaschen, ihr läutendes Handy mitgenommen und sei geflüchtet. Er habe seine Eltern kontaktiert, ihnen von dem Streit erzählt und gesagt, dass er die Frau verletzt habe. "Ich habe gesagt, sie sollen zu ihr schauen." Seine Mutter fand ihre tote Schwiegertochter. Die 30-Jährige verblutete laut Obduktionsbericht. "Es war nicht meine Absicht, dass ich sie tödlich verletze. Es war ein Streit, der eskaliert ist", betont der Angeklagte. Er habe die Nacht im Keller des Lokals eines Freundes verbracht, sich aber am nächsten Tag gestellt. Seit 14. Mai sitzt er in U-Haft.

Für den Prozess sind einige Zeugen geladen, die auch Auskunft über die Beziehung der beiden geben sollen. Zudem wird ein psychiatrischer Gerichtsgutachter gehört. Am Donnerstag wird der Prozess fortgesetzt. (Stefanie Ruep, 11.1.2023)