Ein Atoll der Marshallinseln in Mikronesien. Sie trifft der steigende Wasserspiegel, der durch die Erwärmung befeuert wird, besonders.
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Keine Woche scheint derzeit ohne neue Meldungen über Temperaturrekorde zu vergehen. Was von Forschenden seit Jahrzehnten vorhergesagt wurde, tritt nun tatsächlich ein, wobei die Prognosen vielfach übertroffen werden. Die EU beginnt energischer gegenzusteuern, doch es zeichnet sich ab, dass die Kosten für eine Trendwende dramatisch sein werden.

Nicht nur die Atmosphäre, auch die Ozeane erwärmen sich immer mehr. Fast 90 Prozent der durch den Klimawandel verursachten Wärme wird in den Meeren gespeichert. Seit 1958 wird ihre Temperatur wissenschaftlich gemessen, und die Zahlen sind eindeutig: Die Temperatur stieg stetig, ab 1990 beschleunigte sich diese Entwicklung.

Die Meere wirken also als Puffer, der eine stärkere Aufheizung der Atmosphäre verhindert, doch auch die Erwärmung der Meere ist nicht ohne Folgen. Ihre Oberflächen wechselwirken auf komplexe Weise mit der Atmosphäre und verursachen so häufiger Extremwetterereignisse. Die erhöhte Luftfeuchtigkeit führt zudem zu stärkeren Regenfällen und Fluten. Dazu kommt der Anstieg des Meeresspiegels. Besonders die immer tiefer reichenden warmen Oberflächenschichten führen zur Bildung von mehr Hurrikans.

Starke Veränderungen der Wasserkreisläufe

Für die Klimaforschung ist der Ozean interessant, weil seine Temperatur weniger Schwankungen unterworfen ist als die Atmosphäre. Eine internationale Gruppe von Forschenden hat nun die Temperatur der Meere neu untersucht. An der Untersuchung waren 24 Wissenschafterinnen und Wissenschafter von 16 Forschungsinstituten weltweit beteiligt. Das Team aus den USA, China, Italien und Neuseeland hob hervor, dass sich die Energie- und Wasserkreisläufe der Meere durch den Ausstoß von Treibhausgasen massiv verändert hätten. Diese Ergebnisse veröffentlichten die Forschenden in einer Studie, die nun im Fachjournal "Advances in Atmospheric Sciences" veröffentlicht wurde.

Der Temperaturrekord ist eine schlechte Nachricht, weil eigentlich ein Phänomen namens La Niña vorherrscht, das für kühlere Temperaturen des Ozeans sorgt. Es ist das Gegenstück zu El Niño, einer ungewöhnlichen Konstellation von Meeresströmungen, die insgesamt eine Erwärmung der Wassertemperatur zur Folge haben. La Niña, das kühlere Gegenstück von El Niño, ist nun bereits die letzten drei Jahre über aktiv. Bald ist also ein weiterer El Niño und damit noch höhere Temperaturen zu erwarten.

Vergangenes Jahr habe die Wärme in den Weltmeeren den Durchschnittswert der vorherigen Jahre um etwa zehn Zettajoule übertroffen, heißt es in der Studie. Das entspricht dem Hundertfachen der weltweiten Stromerzeugung im Jahr 2021. Aufzeichnungen, die bis in die späten 1950er-Jahre zurückreichen, zeigen einen stetigen Anstieg der Meerestemperaturen. Seit etwa 1985 ist der Anstieg besonders deutlich.

Fachleute haben bereits wiederholt davor gewarnt, dass die steigenden Temperaturen die Ozeane schneller aus dem Gleichgewicht brächten als zunächst angenommen. Der Klimawandel sorgt überdies für eine stärkere Versalzung der Meere. Beide Faktoren trügen zu einer Schichtenbildung in den Meeren bei. Zwischen diesen Schichten vermischt sich das Wasser nicht mehr, was wiederum den Austausch von Wärme, Sauerstoff und Kohlendioxid behindert.

Weniger Sauerstoff im Wasser

Unter dem Strich gehe dem Meer dadurch Sauerstoff verloren, berichtet das Team. Dieser Verlust an Sauerstoff sei "ein Albtraum nicht nur für das Leben und die Ökosysteme im Meer, sondern auch für Menschen und unsere Ökosysteme an Land", erklären die beteiligten Forscherinnen und Forscher. (rkl, APA, 12.1.2023)