Die Autorin Sara Weber ist deutsch-amerikanische Journalistin und Medienberaterin.
Foto: Maya Claussen

Krieg, Corona, Klimakrise: Die Liste der menschengemachten Katastrophen ist lang. Nun sind sie auch für uns in Europa spürbarer geworden. Währenddessen sitzen wir in unseren Büros, gehen unserer täglichen Arbeit nach – scheinbar völlig unbeeinflusst von dem, was draußen alles passiert. Das fühlt sich irgendwie absurd an. Deshalb stellt Sara Webers soeben erschienenes Buch im Titel die Frage "Die Welt geht unter, und ich muss trotzdem arbeiten?".

Eine Schriftstellerin mit neuen Perspektiven

Die Autorin hält inne und fragt: Muss das sein? Was läuft alles in der Arbeitswelt schief, und wie könnte sich das ändern? Weber ist deutsch-amerikanische Journalistin und Medienberaterin, sie lebt in München. Sie ist Millennial und schwarz. Vielleicht ist gerade deshalb ihr Blick auf die Arbeitswelt anders. Anders als der vieler weißer Männer, die die Thematik vorher schon in Texten und Büchern erklärt haben.

Im ersten Teil werden die Probleme aufgedröselt. Kündigungswelle, Pensionierungen, Viertagewoche, Erschöpfung. Gar nicht so einfach, wie das alles miteinander verbunden ist. Für die Autorin sind die Zusammenhänge offensichtlich. Sie findet präzise Worte für sehr Komplexes. Kein Satz ist umsonst. Einfach und erzählerisch spannend macht sie die Problemfelder auf. Sie nimmt die Lesenden an der Hand und zeigt: Es gibt viele systemische Gründe, die zu den jetzigen Schieflagen der Arbeitswelt geführt haben.

Streiks und Sorgearbeit

Im zweiten Teil des Buches zeigt Weber Lösungen auf und schreckt nicht davor zurück, auch Themen anzusprechen, die auf den ersten Blick nicht arbeitsrelevant erscheinen. Zum Beispiel die Sorgearbeit. Denn nur wenn diese zwischen den Erziehungsberechtigten fair aufgeteilt ist und staatliche Unterstützung ermöglicht wird, kann wahre Gleichberechtigung beginnen.

Ein weiterer Aspekt sind Streiks und Gewerkschaften. Was wäre, wenn wir uns besser organisierten? Die vermehrten Lohnkämpfe im Jahr 2022 im deutschsprachigen Raum zeigen: Die Frage kommt genau zum richtigen Zeitpunkt. Für Arbeitsrechte musste schon immer protestiert werden. Jetzt und in Zukunft vielleicht mehr denn je.

Man spürt, die Autorin brennt für das Thema Arbeit. Und dieses Gefühl überträgt sich. Beim Lesen stellt sich erst eine Wut ein. So viele Ungerechtigkeiten. Doch die anfängliche Machtlosigkeit weicht einem Tatendrang. So kann es nicht weitergehen. Man schaut von dem Buch auf und fühlt sich, als hätte man seinen Kopf gerade in einen Kübel mit eiskaltem Wasser getunkt und sei jetzt wieder aufgetaucht. Frisch, aktiviert, klar – startklar. (Natascha Ickert, 12.1.2023)