Ein neues Gesetz soll die Steuerehrlichkeit im Bereich der digitalen Wirtschaft erhöhen und kann Konsequenzen für Verkäufer und Vermieter nach sich ziehen, die ihre Leistungen auf Plattformen wie Willhaben oder Airbnb anbieten.

Foto: Imago/Panthermedia

Die Bezeichnung ist sperrig, die Umsetzung wirkt umständlich, und dennoch sind viele Österreicher davon betroffen – obwohl sie es möglicherweise noch nicht einmal wissen: Seit dem 1. Jänner ist in Österreich das sogenannte Digitale-Plattformen-Meldepflichtgesetz (DPMG) in Kraft. Kurz gefasst soll damit die Informationslage der Finanzverwaltung verbessert werden, indem digitale Plattformbetreiber wie Willhaben, Ebay, Airbnb und Co die Umsätze ihrer anbietenden Nutzer den Finanzbehörden melden müssen. Was bedeutet das für die Plattformbetreiber, wer ist konkret betroffen, und worauf müssen Nutzer achten? DER STANDARD hat die wichtigsten Fragen und Antworten zusammengefasst.

Frage: Warum gibt es das Digitale-Plattformen-Meldepflichtgesetz (DPMG) überhaupt?

Antwort: Grundlage für das DPMG ist eine sogenannte Amtshilferichtlinie der EU, kurz DAC 7, die die Steuerehrlichkeit im Bereich der digitalen Wirtschaft erhöhen und die länderübergreifende Kooperation der Finanzbehörden ausbauen soll. In der Praxis gibt es viele Privatpersonen, die über digitale Plattformen Einkünfte beziehen und damit bei weitem jene Grenze überschreiten, die eine Steuerpflicht nach sich zieht.

"Die EU-Richtlinie DAC 7 stellt eine Art Lex Airbnb dar, weil sich die Finanzverwaltung bisher ziemlich stark die Zähne ausgebissen hat, an diese Daten ranzukommen", sagt Robert Rzeszut, Steuerberater und Partner bei Deloitte Österreich. Um möglichst effizient an diese Daten zu gelangen und das Steueraufkommen erschließen zu können, habe man sich überlegt, die Daten am besten von den Plattformbetreibern zu beziehen, vergleichbar mit einem Lohnsteuerabzug beim Arbeitnehmer.

Auf EU-Ebene gibt sich der Richtliniengeber damit zufrieden, dass man einfach nur die Daten der Nutzer gemeldet bekommt. Damit können diese mit den Steuerdaten verknüpft werden, die in der Einkommenssteuererklärung angegeben werden. "Die Plattformmeldeverpflichtung ist also nur eine Meldeverpflichtung und keine Steuerabfuhrverpflichtung", so Rzeszut.

Das DPMG ziele jedenfalls nicht darauf ab, dem privaten Kauf und Verkauf auf Marktplätzen wie Willhaben zu schaden. "Privatpersonen, die ihre Gegenstände ohne gewerbliche Absicht auf Willhaben verkaufen, haben in der Regel nichts zu befürchten", sagt Sylvia Dellantonio, Geschäftsführerin der Verkaufsplattform.

Frage: Wann gilt das DPMG?

Antwort: Das neue Meldepflichtgesetz sieht vor, dass Betreiber einer digitalen Plattform die Umsätze eines Anbieters (zum Beispiel Verkäufer oder Vermieter) an die Finanzbehörden melden. "Ein wesentlicher Knackpunkt dabei ist, dass auch die Zahlung nachweislich über diese Plattform erfolgen muss", sagt Anna-Lena Gleixner, Consultant bei Deloitte Österreich. Grundsätzlich gibt es vier Arten von angebotenen Leistungen, bei denen das DPMG greift:

  • das Anbieten von Waren (zum Beispiel Ebay, Willhaben Paylivery, Etsy),
  • das Erbringen persönlicher Dienstleistungen (zum Beispiel das Buchen und Bezahlen eines Handwerkers oder Nachhilfelehrers über eine Plattform),
  • die Vermietung von Verkehrsmitteln (Car- und Ridesharing),
  • Vermietung und Verpachtung von unbeweglichem Vermögen (zum Beispiel jede Form von Airbnb).

Frage: Wer ist in Österreich davon betroffen?

Antwort: Ganz allgemein gesprochen gilt, dass vom DPMG nur die digitalen Plattformbetreiber sowie jene dort befindlichen Anbieter betroffen sind, die auch die Zahlung über diese Plattform abwickeln. Nicht betroffen sind alle Personen, die die auf der Plattform angebotenen Leistungen in Anspruch nehmen, und Anbieter, die für ihre Leistungen außerhalb der Plattform vergütet werden.

Eine absolute Zahl, wie viele Plattformen und wie viele Anbieter betroffen sind, lässt sich nicht festsetzen. Seitens der Plattformbetreiber ist davon auszugehen, dass sich manche ihrer Meldepflicht möglicherweise noch gar nicht bewusst sind. "Wir sehen überraschend wenig Beratungsbedarf in der Praxis und vermuten auch, dass viele Betroffene noch gar nicht realisiert haben, dass sie unter eine Meldeverpflichtung fallen", sagt Steuerexperte Rzeszut. Theoretisch kann zum Beispiel auch ein kleiner Tourismusverband betroffen sein, der für die Pensionen in seinem Gemeindegebiet Online-Zimmerbuchungen ermöglicht.

Bietet man Leistungen auf einer Plattform an (siehe "Wann gilt das DPMG?"), muss man vom Plattformbetreiber darüber informiert werden, wenn dieser Daten an die Finanzbehörden übermittelt. Darüber hinaus gilt, dass man von der Meldepflicht ausgenommen ist, wenn innerhalb eines Jahres weniger als 30 Warenverkäufe über die Plattform abgewickelt werden und der Gesamtbetrag der gezahlten oder gutgeschriebenen Vergütungen für diese Warenverkäufe 2.000 Euro nicht übersteigt.

Frage: Gilt das auch für Österreichs populärste Verkaufsplattform Willhaben?

Antwort: Auf die klassische Willhaben-Verkaufsform findet das DPMG keine Anwendung. In diesen Fällen finden sich Verkäufer und Käufer nur über die Plattform, schließen das Geschäft aber in der Regel nicht dort ab, die Bezahlung erfolgt über einen anderen Weg. Es gibt aber sehr wohl eine Form auf Willhaben, die unter das DPMG fällt, und das sind alle Geschäfte, die auf Willhaben über Paylivery abgeschlossen werden. Hier wird die Zahlung sehr wohl über die Plattform abgewickelt, und Willhaben kann dem gekauften Artikel einen konkreten Preis zuordnen.

Das Gesetz verpflichtet Willhaben dazu, gewisse Daten zu erheben, wenn Verkäufer 30 oder mehr Transaktionen im Kalenderjahr über Willhaben Paylivery durchgeführt haben oder die auf Willhaben Paylivery generierten Verkaufserlöse 2.000 Euro im Kalenderjahr übersteigen.

Frage: Welche Informationen werden an die Finanzbehörden weitergegeben?

Antwort: EU-weit besteht ein einheitliches Meldeformat in Datenpaketen, wo jeder Umsatz einer der vier Leistungskategorien zugeordnet werden muss. Name, Hauptwohnsitz-Adresse, Steuernummer und bei natürlichen Personen auch das Geburtsdatum können in den Datensätzen enthalten sein, damit die Finanzverwaltung genügend Daten hat, um sie intern beispielsweise mit den jeweiligen Einkommenssteuererklärungen querchecken zu können.

Auf Nachfrage des STANDARD bestätigt Willhaben diese Angaben. Die Verkaufsplattform ergänzt in diesem Zusammenhang, dass die Anbieter im Zuge jeder Meldung informiert werden, welche Daten über sie gemeldet werden. Anbieter selbst müssen die Daten erst dann weitergeben, wenn die Schwellenwerte zur Meldepflicht erreicht sind. "VerkäuferInnen müssen sich bis zum Erreichen der oben angeführten Schwellenwerte um nichts kümmern – Willhaben benachrichtigt sie, sollten sie diese Schwellenwerte erreichen", sagt Willhaben-Geschäftsführerin Dellantonio. Sollten die Anbieter der Datenübermittlung nicht fristgerecht nachkommen, werden sie so lange von Willhaben Paylivery ausgeschlossen, bis die gesetzlich vorgeschriebenen Daten ergänzt worden sind.

Frage: Können die Plattformbetreiber nicht auch einmal "ein Auge zudrücken"?

Antwort: Davon ist nicht auszugehen. Die Missachtung des DPMG ist nicht auf die leichte Schulter zu nehmen, weil den Plattformbetreibern in diesem Fall enorm hohe Strafen drohen. Bei vorsätzlicher Verletzung der Meldepflicht sind bis zu 200.000 Euro Geldstrafe zu bezahlen, bei grober Fahrlässigkeit immer noch bis zu 100.000 Euro. Bei vorsätzlichen Sorgfaltspflichtverletzungen, also etwa dem falschen oder unzureichenden Sammeln von Daten, sind immer noch bis zu 20.000 Euro Strafe zu entrichten, bei grober Fahrlässigkeit in diesem Fall wären es bis zu 10.000 Euro.

Der Aufwand ist nicht zu unterschätzen: Die Herausforderung der Plattformbetreiber ist es in diesem Fall, ihren Datensalat so zu ordnen, dass er rechtzeitig den Anforderungen des DPMG entspricht. Oft dürfte das auch mit entsprechender Umstellung der bisher verwendeten Software einhergehen. Angesichts der zu erbringenden Daten ist auch ein zeitnaher Handlungsbedarf der Plattformbetreiber gegeben. Sie müssen jetzt schon laufend strukturierte Daten für die Meldung sammeln, die sie im Folgejahr 2024 dann abgeben.

Frage: Was bedeutet das für Anbieter auf digitalen Plattformen?

Antwort: Wenn ein Anbieter über eine digitale Plattform in einem Zeitraum von einem Jahr weniger als 30 Warenverkäufe durchgeführt hat und die Vergütung unter 2.000 Euro liegt, dann ist er von einer Meldepflicht ausgenommen. Wesentlich für eine Meldepflicht ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Bezahlung über diese Plattform erfolgt sein muss, um gemeldet werden zu können.

Frage: Kann sich eine Meldung auch rückwirkend auf Ereignisse vor 2023 nachteilig für Anbieter auswirken?

Antwort: Eine Meldung im Zuge des DPMG kann durchaus auch Auswirkungen auf finanzielle Einkünfte weit vor 2023 haben. Vermietet eine Person beispielweise seit Jahren eine Wohnung auf Airbnb und hätte sie ihre Einkünfte bis dato nicht versteuert, könnte eine Meldung dieser Person durch die Plattform, die jetzt dazu verpflichtet ist, die Finanzbehörden dazu veranlassen, sich die Steuererklärungen der Vergangenheit genauer anzuschauen.

Im schlimmsten Fall wäre die Folge ein Finanzstrafverfahren, in dem der Verdacht der Steuerhinterziehung geäußert wird. "Als Anbieter auf Plattformen, egal ob man Wohnungen vermietet oder Waren verkauft, schließt sich heuer das Zeitfenster, um Selbstanzeige zu erstatten und seine Steuersünden der Vergangenheit aufzuräumen", gibt Steuerexperte Rzeszut zu bedenken.

Frage: Gilt die Meldepflicht an österreichische Finanzbehörden EU-weit?

Antwort: Operiert eine digitale Plattform in mehreren Ländern, kann sie sich ein EU-Land aussuchen, an das sie Meldung erstattet. Sind österreichische Anbieter betroffen, meldet dann dieses Land die Daten an die österreichische Finanzverwaltung. Damit soll auch sichergestellt werden, dass es keine Doppelmeldungen gibt. (Benjamin Brandtner, 12.1.2023)