Hat sehr viele Menschen um sehr viel Geld gebracht: Wanna Marchi.

Foto: Netflix

Manche Entdeckung kommt auf Umwegen. Das gilt natürlich gerade auch für Fernsehserien. Etwa wenn sich herausstellt, dass das jüngste, höchst gelungene Album eines Lieblingsmusikers eigentlich als Soundtrack entstanden ist, und man neugierig wird. So verdankt sich Colorama des einst mit seiner Band Sacri Cuori aktiven italienischen Musikers und Produzenten Don Antonio einer italienischen Dokuserie, die derzeit auf Netflix zu sehen ist. Antonios hypnotische, ein wenig wie Surfgitarren auf Valium wirkende Klänge begleiten die vier Teile von Wanna Marchi: Die Fernsehbetrügerin und führen dabei in eher unerwartete Gefilde.

Trailer zu "Wanna Marchi".
Netflix

Die Reise geht nämlich in die wahnwitzige Welt der italienischen Teleshoppingkanäle der 1980er-Jahre. Die aus einfachen Verhältnissen stammende Wanna Marchi etablierte sich in diesem Biotop schnell als Superstar – mit einer dubiosen Bauchfett-weg-Creme. Nach Problemen mit dem Gesetz wegen Insolvenzbetrugs wird Marchi bei ihrem Comeback noch dreister, verkauft ihrer Kundschaft Glückszahlen fürs Lotto und Talismane, die gegen böse Einflüsse helfen sollen, und bringt so sehr viele Menschen um sehr viel Geld. 2009 wird Marchi mit ihrer Tochter schließlich zu neun Jahren Gefängnis verurteilt.

Komplizen kommen in der mit Archivmaterial gespickten Serie ebenso in aktuellen Interviews zu Wort wie Opfer und das Betrügerduo selbst. Wanna Marchi zeigt sich dabei scharfzüngig wie eh und je und beeindruckend reuelos. Wenn einem das alles zu viel wird, empfiehlt sich als Gegenmittel Don Antonios auch auf Vinyl erhältlicher Soundtrack: Mit den dazu im Kopf ablaufenden Filmen sollte sich der Teleshopping-Irrsinn auch wieder gut vertreiben lassen. Garantiert! (Karl Gedlicka, 13.1.2023)