Geh raus, haben sie gesagt. Hab Spaß, haben sie gesagt. Aber Sport macht "süchtig", wenn man dranbleibt, weil sich der Körper danach meist wesentlich besser anfühlt.

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Drei Kilo mehr, und das alleine im linken Zeigefinger – die Weihnachtszeit zwang auch in diesem Jahr dank Hochprozentigem und Zuckerhaltigem die hauseigene Waage zu unhöflichen Äußerungen. Zeit, sich wieder einmal ein Bild davon zu machen, wie man sich bis zum Sommer in eine Figur schwitzen kann, die zumindest nicht die Erneuerung der Garderobeninhalte erfordert. Ob in meinem Fall das nicht klimatisierte Fitnessstudio, der Wohlfühltempel oder doch das Onlineangebot in diesem Bereich gewonnen hat? Essen Sie einen Keks, lehnen Sie sich zurück und lassen Sie sich überraschen.

Pumping Iron

Zehn Jahre ging ich zweimal die Woche "pumpen", wie man so schön sagt. Obwohl ich wie Schwarzenegger "Iron" dafür genutzt habe, war der Effekt überschaubar. Mit 40+ bin ich aber froh, damit zumindest dem körperlichen Verfall ein wenig entgegengetreten zu sein. Mit der Geburt meines Kindes und dem quasi zeitgleich grassierenden Coronavirus verschwand Fitness für gut ein Jahr völlig aus meinem Leben. Dann entdeckte ich Apple Fitness+.

Als Apple-Nutzer war die Hürde nicht besonders groß, auch weil man aufgrund diverser Aktionen immer ein paar Monate geschenkt bekam. So probierte ich mich durch die zahlreichen Kurse. Yoga, Pilates, Meditation – nicht gerade das, was ich in der Vergangenheit gemacht habe, aber das hinderte mich nicht, alles einmal auszuprobieren. Zusammen mit diversen Angeboten im Bereich Krafttraining fühlte ich mich ein paar Wochen wohl mit den virtuellen Trainerinnen.

Aber dann setzte sich der Endgegner auf meine Schulter und flüsterte mir ins Ohr, wie mühsam es ist, die Trainingsmatte alle paar Tage im Zimmer auszurollen, wenn der kleine Sohn gerade einmal nicht an dieser Stelle seine Eisenbahn aufgebaut hat. Dann Fernseher aufdrehen, Apple TV aktivieren und das passende Training für den Tag suchen – mühsam. Auch die fehlende Möglichkeit, ein solides Monatsprogramm aufzustellen oder aufstellen zu lassen, ließ den Endgegner schließlich gewinnen und mich resignierend auf die Couch fallen – mit Chips in der Hand, versteht sich.

Ich glaube an das ewige Heben

Nach einem weiteren Jahr ohne körperliche Ertüchtigung, begannen Rücken- und Knieschmerzen, speziell, wenn man 30 Minuten lang lustiges "Kind in die Luft werfen" spielt und dieses Kind gefühlt mit jedem Tag schwerer wird. Ich begann, in meinem Umfeld herumzufragen, was man denn post Covid so mache. Manche Freunde hatten sich zu Triathleten entwickelt und jegliches Körperfett verloren. Beeindruckend, aber für mich dann wohl eine Stufe zu intensiv. Andere haben sich zu Crossfit-ähnlichen Workshops angemeldet und zahlen zwischen 150 und 190 Euro im Monat für die Anwesenheit in einer Kleingruppe, die von einem Personal Coach begleitet wird. Auch hier musste ich abwinken, allerdings aus finanziellen Gründen.

Nach meinem Artikel zu Apple Fitness+, kostet aktuell 9,99 Euro pro Monat, gaben einige Leserinnen und Leser zu bedenken, dass man doch Trainings dieser Art kostenlos auf Youtube finden würde. 46 Likes später muss ich sagen, dass ich keine Werbeblocker nutze und deshalb Youtube für mich als Trainingsprogramm unschaubar ist. Außerdem wäre ich da erneut in der Situation, mir das heimische Zimmer umbauen und nach Kursen suchen zu müssen. Unterschiede zu dem zugegebenermaßen im Verhältnis teuren Apple Fitness+ gibt es allerdings schon, etwa Pulsmessung – sofern man eine Apple Watch nutzt – sowie eine für die Motivation für manche sicher hilfreiche Aufzeichnung passend zu den eigenen Leistungen.

Natürlich gibt es auch zahlreiche Fitness-Apps, die man sich aufs Handy laden kann. Angebote wie "Workouts zu Hause" oder "Fitness App Workout & Abnehmen" verlangen aber ebenfalls eine monatliche beziehungsweise Jahresgebühr, und gelegentlich muss man dann für bestimmte Trainings auch noch zahlen. Dieser undurchsichtige Dschungel an Microtransactions hat mich dann doch trotz guter Wertungen Abstand nehmen lassen.

Wiener Lösung

Passend zu meinen Recherchen stieß ich auch auf eine Pressemeldung des Wiener Fitness-Startups Endur. "Digitales Privattrainings am Smartphone" wird da versprochen. Die App bietet Trainingspläne mit mehr als 300 Fitness-Übungen an und mache dadurch den persönlichen Trainer einer "breiteren Masse zugänglich". Ähnlich wie in anderen Apps gibt es nicht nur Übungen für zuhause, sondern auch Trainingspläne für das Fitnesscenter mit all seinen Sportgeräten. Ähnlich wie bei anderen Apps, gibt es auch eine Audiospur, die Übungen erklärt und das Tempo vergibt, ohne dass man ständig aufs Smartphone blicken muss. Eine Ergänzung zum Fitnessstudio? Klingt gar nicht so übel, auch wenn die Monatsmitgliedschaft mit 14,99 Euro gar nicht mal so günstig klingt.

Am Ende einer langen Reise begann ich also wieder die Angebote der naheliegenden Fitnessstudios durchzublättern, unabhängig davon, ob ich zusätzlich eine App nutzen werde. Während diese allerdings zur Anfangszeit der Pandemie attraktive Angebote ausschreiben mussten, ist man preislich aktuell wieder dort, wo man früher einmal war. Dafür gibt es bei vielen Studios auch beim günstigsten Angebot eine monatliche Kündigungsfrist beziehungsweise den Bonus, keine Einschreibgebühr zahlen zu müssen.

Nachdem das nahegelegene Holmes Place mit Sauna und schickem Interieur prahlt – ich war einmal zum Probetraining vor Ort –, waren mir die 85 Euro mit Zweijahresbindung dann doch zu teuer, nicht wissend, ob ich denn dranbleiben würde. So wurde es erneut ein Anbieter, der schon für 30 Euro seine Pforten für mich öffnet. Den Standort kenne ich bereits, und tatsächlich war das erste Training vor wenigen Tagen wie ein Nach-Hause-Kommen.

Apple Fitness+ benötigt mittlerweile keine Apple Watch mehr und bietet seit kurzer Zeit auch Kickboxen als Programmpunkt an.
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Hanteln coming home

Viermal war ich bereits in den ersten zwei Wochen dieses Jahres trainieren und bin damit wieder etwa auf meinem Vor-Covid-Pensum. Vor allem das Aus-der-Wohnung-Kommen, eine Stunde mal nichts zu machen, außer Podcast oder Musik zu hören und den eigenen Schweiß zu spüren – das hat gefehlt. Ob ich diese Art der körperlichen Fitness weitere zehn Jahre ausführen werde, weiß ich nicht. Im Sommer wird die fehlende Klimatisierung beziehungsweise Lüftung die Besuche wieder zusätzlich erschweren. Unterbrechungen durch Urlaub oder Krankheit haben ebenfalls Potenzial, die Motivation anzusägen.

Deshalb bin ich parallel schon auf der Suche nach einem Basketballkurs für Senioren. Gemeinsam sich die Seele aus dem Leib zu schwitzen und sich dabei sportlich mit anderen zu messen – das ist dann noch einmal ein anderes Level an Ertüchtigung, auch wenn zeitlich weit weniger flexibel, was mit Kind und Journalisten-Job nicht förderlich ist. Wenn aber jemand einen guten Tipp in den Kommentaren hinterlässt, bin ich nicht undankbar. Meine erste Suche hat mich zum Sportzentrum der Uni Wien geschickt, wo ich als Student regelmäßig Körbe geworfen habe. Damals hat mich ein offener Daumenbruch zu einer bis heute dauernden Pause gebracht. Aber das ist eine andere Geschichte. (Alexander Amon, 18.1.2023)