Wie massiv große Öl-, Gas- und Kohlekonzerne jahrzehntelang gezielt Zweifel am menschengemachten Klimawandel schürten, ist gut dokumentiert. Während Firmen aus der Fossilindustrie in internen Studien schon seit den 1970er-Jahren klare Hinweise auf das enorme Emissionsproblem für das Klima vorlagen, säten sie in der Öffentlichkeit Zweifel an den Ergebnissen der Klimaforschung und finanzierten Klimawandelleugner, um die öffentliche Meinung im Sinne ihrer Geschäftsinteressen zu beeinflussen.

"Exxon wusste es": Schon vor Jahren wurde in New York nach Enthüllungen gegen Exxon demonstriert.
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Wie sie dabei vorgingen, hat die US-Wissenschaftshistorikerin Naomi Oreskes mit ihrem Kollegen Erik Conway 2010 im vielbeachteten Buch "Merchants of Doubt" rekonstruiert: Die Förderer fossiler Energieträger nutzten dieselbe Strategie, die zuvor schon der Tabaklobby großen Erfolg beschert hatte. Sie zogen den Konsens der Wissenschaft in Zweifel, den ihre eigenen Forschungsergebnisse eigentlich stützten. Eine interne Studie der heutigen Exxon Mobil Corporation kam etwa 1979 zum klaren Resultat, dass der Emissionsanstieg zu einer Erderwärmung und dramatischen Umweltschäden führen werde.

Zutreffende Modelle

2017 wies ein Team um Oreskes (Harvard University) nach, dass in internen Exxon-Memos schon damals "dramatische Folgen vor dem Jahr 2050" durch den menschengemachten Klimawandel prognostiziert wurden. Wie präzise die internen Klimamodelle des Konzerns waren, hat Oreskes nun gemeinsam mit dem Historiker Geoffrey Supran (ebenfalls Harvard University) und dem deutschen Klimaforscher Stefan Rahmstorf (Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und Uni Potsdam) untersucht. Wie das Team im Fachblatt "Science" berichtet, waren die Modelle qualitativ hochwertig und entpuppten sich als weitgehend zutreffend.

Für ihre Untersuchung analysierten Oreskes, Supran und Rahmstorf Exxon-Studien zum Klimawandel aus den Jahren 1977 bis 2003. Darin entwarfen Forschende des Unternehmens ein qualitativ hochwertiges und realistisches Bild der Entwicklungen: Durchschnittlich wurde eine Erwärmung um rund 0,20 Grad Celsius pro Jahrzehnt prognostiziert – ein ziemlich treffsicheres Ergebnis. "Die meisten ihrer Projektionen stimmen genau mit späteren Beobachtungen überein", schreiben Oreskes und Kollegen in "Science". "Ihre Vorhersagen entsprechen auch denen unabhängiger akademischer Modelle und waren mindestens so gut wie diese."

Verschleierte Ergebnisse

Die Analyse zeigt auch, dass Exxon schon früh akkurate Schätzungen vorlagen, wie viel CO2 noch emittiert werden dürfe, um die Erderwärmung in welchem Ausmaß zu begrenzen. Für die Öffentlichkeit waren diese Informationen freilich zu keinem Zeitpunkt gedacht: Um die geschäftsschädigenden Befunde zu verschleiern und klimapolitische Entscheidungen hinauszuzögern, wurden grundsätzliche Zweifel am Klimawandel gesät, emotionale Werbekampagnen gestartet und "Forschungsinstitute" finanziert, die in der Öffentlichkeit ein Gegengewicht zu den Erkenntnissen der Klimaforschung bilden sollten.

"Die Ergebnisse bestätigen, dass Exxon Mobil die Bedrohung durch die menschengemachte Erderwärmung genau vorhergesehen hat", und zwar sowohl vor als auch während umfangreiche Lobbying- und Propagandakampagnen betrieben wurden, schreiben Oreskes und Kollegen. Die vorliegenden Daten würden öffentlichen Aussagen des Konzerns widersprechen – bis heute: Das Unternehmen ließ zu Enthüllungen rund um seine interne Forschung erst kürzlich wissen, Aktivistinnen und Aktivisten würden "den falschen Anschein erwecken, dass Exxon Mobil seine Unternehmensforschung falsch dargestellt hat". (David Rennert, 13.1.2023)