Im Gastblog schildert Lorenz Schilling, welche rechtlichen Konsequenzen für Steuerhinterziehung drohen – und wie sie sich vielleicht noch abwenden lassen.

"Brauchen S' a Rechnung?" Diese Frage leitet regelmäßig die am weitesten verbreitete Form der Steuerhinterziehung ein, nämlich den Verkauf von Waren oder Dienstleistungen ohne Abfuhr von Umsatzsteuer. Durch die Einführung der Registrierkassenpflicht und strenge Kontrollen von Warenein- und -ausgängen bei Betriebsprüfungen wurde die schlichte Umsatzsteuerhinterziehung im Handel zwar eingedämmt, im Dienstleistungsgewerbe ist die Dunkelziffer nicht versteuerter Umsätze aber immer noch hoch. Hand aufs Herz: Wem ist die eingangs gestellte Frage noch nie begegnet – etwa beim Zahnarzt oder in der Werkstatt? Aber auch über so manche Bar wird gemunkelt, dass dort ab und an noch nach Sperrstunde "privat" Getränke ausgeschenkt werden.

Keine Rechnung, mit Bargeld gezahlt, nicht versteuert – Steuerhinterziehung ist niemals ein Kavaliersdelikt.
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Seit Jahren im Visier der Finanz befindet sich die Baubranche: Von der einfachen Umsatzsteuerhinterziehung bei Bauleistungen über die Überstundenentlohnung der Arbeitenden aus der Schwarzgeldkasse (Hinterziehung von Lohnabgaben) bis hin zu Scheinrechnungen, aus denen nicht zustehende Steuerrückerstattungen geltend gemacht werden oder die Betriebsausgaben erhöht werden – die Liste der verhängten Finanzstrafen in dieser Branche ist lang, während nach wie vor in diesem Sektor große Summen an Schwarzgeld fließen.

Wer begeht Steuerhinterziehung?

Steuern hinterzieht aber auch jede Person, die in der Steuererklärung bewusst Ausgaben ansetzt, die eigentlich den privaten Interessen dienen. Hierbei ist besonders an Autos zu denken, die letztlich hauptsächlich privat verwendet werden, obwohl sie für das Unternehmen angeschafft wurden. Aber auch private Essensrechnungen und Reisekosten haben in so manche kreative Steuererklärung Eingang gefunden. Besonders häufig kommt es zu Finanzstrafen, wenn Gesellschafterinnen und Gesellschafter einer GmbH Geschäftsbeziehungen zu nicht fremdüblichen Konditionen mit ihrer Gesellschaft haben und es so zu verdeckten Gewinnausschüttungen kommt.

Gleiches gilt, wenn Gewinne zu niedrig erklärt werden. Vor allem Sachzuwendungen oder sonstige Vorteile aus der geschäftlichen Tätigkeit werden häufig nicht in der Steuererklärung angegeben. Werden zum Beispiel Bloggerinnen oder Influencer auf Reisen eingeladen und werden ihnen hochwertige Produkte kostenlos zugeschickt, muss der Wert dieser Vorteile in der Regel in die Steuererklärung aufgenommen werden. Werden diese Vorteile nicht erklärt und fällt die Steuerbemessung daher zu gering aus, besteht bei entsprechendem Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit das Risiko der finanzstrafrechtlichen Verfolgung.

Beispiel: Das in Österreich ansässige Influencerpärchen X und Y soll im Rahmen der Fußball-WM in Katar Werbung in Form von positiven Social-Media-Videos für das Land Katar als Urlaubsdestination und diverse dort ansässige Unternehmen machen. Über einen Zeitraum von vier Wochen nehmen X und Y mehrere Videos auf und posten diese auf diversen Social-Media-Plattformen. Hierfür erhalten sie eine pauschale Vergütung von je 50.000 Euro, die sie in die Steuererklärung für das Jahr 2022 aufnehmen. Außerdem erhalten sie kostenlos Flugtickets, Hotelaufenthalte, VIP-Tickets für Fußballspiele und Einladungen zu Dinnerpartys im Wert von jeweils 50.000 Euro. Obwohl sie wissen, dass sie diese Vorteile versteuern müssten, nehmen sie den zusätzlichen Betrag von EUR 50.000 nicht in die Steuererklärung auf. X und Y begehen dadurch eine strafbare Steuerhinterziehung.

Am schwersten zu beschreiben und zu entdecken ist die Steuerhinterziehung im großen Stil, bei der Gewinne über inländische und ausländische Firmenkonstrukte verschoben werden und es letztlich zu Ausschüttungen unbekannter Höhe in Drittstaaten kommt. Vereinzelte Leaks wie die Panama Papers haben in diesen Bereich ein kleines Guckloch geöffnet und lassen erahnen, welche Summen hier noch schlummern. Freilich ist festzuhalten, dass nicht jedes internationale Firmennetzwerk in der Illegalität oder am Rande der Legalität agiert, sondern dass es oft legale und plausible Gründe für bestimmte Ausgestaltungen gibt.

Was passiert mit dem Schwarzgeld?

Wie mit Schwarzgeld umgegangen wird, hängt stark davon ab, wie viel davon vorhanden ist. Wer über die entsprechenden Beträge verfügt, schafft es auch, das Schwarzgeld in Drittstaaten in Yachten und Luxusimmobilien zu stecken. Der durchschnittliche Österreicher und die durchschnittliche Österreicherin investieren in aller Regel in den kleinen Luxus: Reisen, Essen und überhaupt alle Bargeldgeschäfte stehen hoch im Kurs. Besonders brenzlig wird es, wenn Unternehmende ihr Schwarzgeld verwenden, um Angestellte damit ebenfalls schwarz zu entlohnen. Hierdurch wird nämlich eine weitere Steuerhinterziehung begangen.

Wer wird bestraft? Und wie?

Im Finanzstrafrecht gilt ebenso wie im allgemeinen Strafrecht das System des Einheitstäters oder der Einheitstäterin. Das bedeutet, dass jede Person gleich bestraft wird, die eine Straftat begeht, jemanden dazu anstiftet oder sonst bei der Ausführung hilft. Unmittelbarer Täter ist für gewöhnlich die steuerpflichtige Seite, somit entweder die Einzelperson oder die geschäftsführende Person als gesetzliche Vertretung einer Gesellschaft. Daneben kommen beispielsweise folgende Personen als Beitrags- oder Bestimmungstäter in Betracht:

  • Mitarbeitende aus der Buchhaltung,
  • Steuerberaterinnen und Steuerberater,
  • Bankmitarbeiterinnen und Bankmitarbeiter,
  • Kundinnen und Kunden,
  • Geschäftspartnerinnen und Geschäftspartner, die zur Hinterziehung angestiftet haben.

Im Finanzstrafrecht werden hauptsächlich Geldstrafen verhängt. Der Strafrahmen bei der Steuerhinterziehung beträgt bis zum Doppelten des hinterzogenen Betrags. Bestraft werden wie ausgeführt alle Täterinnen und Täter. Gibt es etwa mehrere geschäftsführende Personen und wurden Steuern der GmbH hinterzogen, wird die Strafe gegen jede von ihnen verhängt und zusätzlich gegen die GmbH als Verband. Außerdem ist natürlich zusätzlich die verkürzte Steuer nachzuzahlen.

Beispiel: In einer GmbH mit zwei Geschäftsführern wurden über fünf Jahre insgesamt 50.000 Euro an Steuern hinterzogen. Wird die Hinterziehung aufgedeckt, müssen daher jedenfalls 50.000 Euro an Steuern nachgezahlt werden. Außerdem kann gegen jeden der Geschäftsführer sowie gegen die GmbH eine Geldstrafe von je bis zu 100.000 Euro verhängt werden. In Summe kann es daher zu Strafen von bis zu 300.000 Euro kommen. Die Strafen, die auf die Geschäftsführer entfallen, müssen von diesen privat bezahlt werden und dürfen nicht von der GmbH beglichen werden.

Wurden in Summe mehr als 100.000 Euro hinterzogen und hierbei Scheinrechnungen verwendet oder Scheingeschäfte durchgeführt, liegt ein Abgabenbetrug vor. Dieser wird mit einer zwingenden Freiheitsstrafe und einer zusätzlichen Geldstrafe geahndet.

Wie kommt man da wieder raus?

Oft ist es gar nicht so leicht, aus der Steuerhinterziehung wieder herauszukommen. Wer über Jahre Steuern hinterzogen und diese gleichzeitig in verbrauchbare Luxusgüter investiert hat, verfügt oft gar nicht über die liquiden Mittel, die Steuern nachzuzahlen. Hinterzogene Abgaben verjähren erst nach zehn Jahren. Entscheidet man sich daher im Jahr 2023, die langjährige Steuerhinterziehung zu sanieren, muss man seit 1. Jänner 2013 angefallene Steuern nachzahlen.

Die gute Nachricht für alle mit schlechtem Gewissen lautet: Solange das Finanzamt noch keine Kenntnis von der Hinterziehung hat, lässt sich die Strafbarkeit beseitigen. Wird gegenüber dem Finanzamt die Hinterziehung mit einer Selbstanzeige offengelegt, entfällt die Strafbarkeit vollständig. Hierbei dürfen allerdings keine Fehler passieren: Die Offenlegung muss vollständig sein, es müssen alle Personen genannt werden, die an der Verkürzung mitgewirkt haben, die Steuerberechnung muss korrekt durchgeführt werden, und es müssen fristgerecht alle hinterzogenen Steuern nachgezahlt werden. Ihre persönlichen Steuerexpertinnen und Steuerexperten beraten Sie gerne, wie Sie Ihre Steuern korrekt berechnen und abführen und so niemals in die Verlegenheit kommen, sich um hinterzogene Steuern zu sorgen. (Lorenz Schilling, 17.1.2023)