Medialisierung der Gesellschaft als Thema der Ausstellung "Schirmherrschaft".

Foto: Günther Selichar

Treffen sich zwei Büroscanner und suchen die Erkenntnis: Nein, das ist nicht der Anfang eines schlechten Witzes, sondern ein gutes Beispiel für den mitunter auch philosophisch-humorvollen Blick, den Günther Selichar auf die Wechselwirkungen zwischen Wahrnehmung und medialer Bildproduktion wirft. When Scanners Meet, so die ziemlich steile These hinter der gleichnamigen Serie von Inkjetdrucken auf Papier, spielt sich in etwa dasselbe ab wie bei der ersten Begegnung zweier Personen, die versuchen, sich gegenseitig zu erfassen und recht konkret einzuordnen.

Aktuell und retro

Fragt sich bloß, ob die Ergebnisse des gegenseitigen "Abscannens" ebenfalls vergleichbar wären. Es mangelt – zumindest auf menschlicher Seite – noch an brauchbarem Anschauungsmaterial. Lange kann es aber womöglich nicht mehr dauern, bis wir uns auch das direkt aus den Gehirnwindungen zapfen und in die digitalen Endgeräte einspeisen können.

Displays und Monitore haben längst die Herrschaft über unsere Sicht auf die Welt übernommen, Schirmherrschaft lautet auch der Titel von Selichars aktueller Schau im Salzburger Museum der Moderne. Sie spannt den Bogen von ganz aktuellen bis zu Arbeiten aus den 1990er-Jahren.

Foto: Günther Selichar

Damals war es der Siegeszug digitaler Bildbearbeitungsprogramme, der den österreichischen Fotografen und Medienkünstler zu einer Suchbildserie inspiriert hat, technologische Aspekte hinter der medialen Bilderflut untersucht der gebürtige Linzer (Jahrgang 1960) bis heute. Kritische Reflexionen über die fortschreitende Medialisierung unserer Lebenswelt überlappen sich dabei mit ästhetischen Fragestellungen, sichtbar etwa in der Werkserie Standby, in der Selichar das in allen möglichen Farbtönen leuchtende geheime Leben von TV-Monitoren mittels Wärmebildkamera entlarvt.

Austausch der Farben

Schade, dass die Videoarbeit GT Granturismo so unvorteilhaft platziert ist, darin wird die Windschutzscheibe eines Autos zum Screen, auf dem ein morbides Drip-Painting à la Jackson Pollock entsteht: Es sind Insekten (im Entstehungsjahr 2001 noch zahlreicher als heute vorhanden), die hier ihre blutigen Spuren hinterlassen. Kunsthistorische Bezüge treten auch in Who’s Afraid of Blue, Red and Green? zutage, der Titel ist eine Anspielung auf Barnett Newmans Tafelbildserie Who’s Afraid of Red, Yellow and Blue.

Die Grundfarben der Malerei tauscht Selichar gegen den RGB-Farbraum, Basis aller Monitorbilder, im Fall des für die seitliche Museumsfassade am Mönchsberg entstandenen Lochblechpaneels aber aufgeblasen zum Kinobreitwandformat. (Ivona Jelcic, 12.1.2023)