Auf den Optimisten Gensbichler kommt die Ski-WM 2025 zu.

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Der österreichische Skisport gibt Anlass zur Sorge, ganz unabhängig davon, wie man zum Wickel zwischen Ex-ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel und Patrick Ortlieb steht, der nun als Finanzreferent im Skiverband das Sagen hat oder dies zumindest für sich beansprucht. So muss das auch Bartl Gensbichler sehen. Schließlich hat er als Präsident des Salzburger Landesverbands die alpine WM 2025 zu verantworten, die in Saalbach-Hinterglemm spielt. "Dass aus dem Nachwuchsbereich zu wenig Druck kommt", sagt Gensbichler, "zeichnet sich seit Jahren ab." Dieses Problem sei "nicht der aktuellen Führung zuzuschreiben".

Derzeit ist kaum davon auszugehen, dass 2025 an die WM 1991 in Saalbach erinnern wird, wo es neben tollen Bedingungen und Kaiserwetter einen dank elf Podestplätzen (5/3/3) überlegenen ÖSV-Sieg im Medaillenspiegel gab. Gensbichler kehrt freilich den Optimisten hervor und meint, in zwei Jahren könne viel passieren. Als er am Donnerstag mit dem STANDARD sprach, konnte er auf Stefan Rieser und Sabrina Maier verweisen, die kurz die Europacup-Abfahrten in Tarvis bzw. Zauchensee gewonnen hatten. Echte Jungspunde sind die beiden allerdings auch nicht mehr, Rieser ist 24, Maier 28 Jahre alt. "Ein Scheitel allein brennt nicht, es muss sehr viel geschehen", sagt Gensbichler, der Schröcksnadel wie auch Ortlieb und die ÖSV-Präsidentin Roswitha Stadlober als "Skifanatiker mit riesigem Einsatz für den Sport" sieht.

Geht es so bergauf?

Dass es speziell bei den ÖSV-Frauen nicht läuft und der Abstand zur Spitze nicht kleiner werden will, worüber auch Katharina Liensbergers sechster Platz im Flachau-Slalom nicht hinwegtäuschen sollte, sei vor allem "eine Kopfsache". "Das kann sich auch schnell wieder ändern. Sie sollten jetzt nicht hunderte Trainingstore fahren, sondern einmal g’scheit miteinander ausgehen und Spaß haben."

In Saalbach 1991 hatten Petra Kronberger, Ulli Maier, Stephan Eberharter (2) und Rudi Nierlich dem ÖSV fünf WM-Titel beschert. Weitere Medaillen von Maier, Anita Wachter, Günther Mader, Thomas Stangassinger, Ingrid Stöckl und Ingrid Salvenmoser kamen noch dazu. Von dieser Dichte an Kapazundern ist Österreich momentan weit entfernt, das gibt auch Gensbichler zu. "Aber wir können in zwei Jahren wieder ähnlich viel gewinnen", glaubt er und bringt Eberharter ins Treffen. "Mit dem hat 1991 auch niemand gerechnet, dann hat er zweimal zugeschlagen. Vielleicht stehen in zwei Jahren wieder zwei da, bei denen sich alle fragen, wo die plötzlich hergekommen sind."

Ging es so bergab?

Fromme Wünsche. Andere Fachleute klingen jedenfalls weit weniger optimistisch. Ein langjähriger hochrangiger ÖSV-Mitarbeiter, der seinen Job nicht gefährden und deshalb anonym bleiben will, sagt dem STANDARD: "Schröcksnadel hat aus dem ÖSV, also aus einem Sportverband, eine Werbe- und Veranstaltungsagentur gemacht. Die Großevents haben garantiert, dass einige jahrelang unglaublich hohe Gagen kassiert haben, gleichzeitig ist die eigentliche Verbandsarbeit, also die Nachwuchspflege, den Bach runtergegangen."

Ähnliche Töne schlägt Christian Reiter an, der als Vizepräsident des niederösterreichischen Landesverbands die Turbulenzen um und nach Schröcksnadels Abgang verfolgte. Für ihn ist es "nur noch peinlich, wie sich hier die Verantwortlichen präsentieren". Als vor zwei Jahren um die Schröcksnadel-Nachfolge gerittert wurde, sei es vielen "nicht um Konzepte oder Ideen für die Zukunft gegangen, sondern nur darum, dass sie selbst weiter am Futtertrog sitzen und das System ausnützen". Die wesentlichen Fragen, sagt Reiter, wurden und werden selten gestellt und nie beantwortet. Zum Beispiel? "Zum Beispiel, warum unsere Talente angehalten sind, möglichst alle Disziplinen zu bestreiten. Da überlegt sich niemand, was das die Eltern allein an Zeit und auch an Geld fürs Material kostet."

Stadlober, sagt Reiter, tue ihm fast leid, auf der anderen Seite habe sie sich "diesen Job ausgesucht". Reiter selbst legte vor einem Jahr all seine Funktionen im Skisport zurück. Auch in Niederösterreich hatte er festgestellt, dass "politische Erfordernisse viel wichtiger waren als sportliche". Im Gegensatz zu Gensbichler glaubt Christian Reiter nicht an einen baldigen ÖSV-Turnaround. "Dem Skiverband läuft die Zeit davon, und es ist ja überhaupt die Frage, wie viel Zeit er noch hat." (Fritz Neumann, 13.1.2023)