Die Parallelen zwischen den Angriffen auf das Parlament in Washington und der Attacke auf Kongress, Präsidentenpalast und Höchstgericht diese Woche in Brasília sind nicht zu übersehen. In beiden Fällen sind es Vertreter "rechtspopulistischer Regime", die die Institutionen der Demokratie nicht respektieren und deren autoritäre Anführer einen konservativen Gegenschlag propagieren, sagt Ursula Prutsch, Professorin für amerikanische Kulturgeschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität München.

Wogegen sich dieser rechtskonservative Gegenschlag richtet? Gegen politische Projekte, die ein Ende der Politik zugunsten "weißer Eliten" propagieren, sagt Prutsch. In den USA habe Ex-Präsident Barack Obama versucht, bestehende Hierarchien zugunsten der schwarzen und indigenen Bevölkerung umzukehren, eine ähnliche Strategie verfolgte der wiedergewählte Präsident Luiz Inácio Lula da Silva in Brasilien. Dagegen richte sich die rechte Gewalt der Anhänger Donald Trumps in den USA und Jair Bolsonaros in Brasilien.

Prutsch ist diesmal zu Gast in der Videosendung "STANDARD mitreden" in der es um die Gefahren für die Demokratien in Europa und Amerika durch rechte Bewegungen geht.

Gegnern der Rechten fehlen klaren Ziele

Politikwissenschafterin Dorothee Bohle ist überzeugt: Der Kampf um die Demokratie ist kein amerikanisches Problem, sondern tobt aktuell genauso in Europa. Die Gefahr geht nicht nur von den Rändern aus, sondern auch von Teilen der Mittelschicht und Unternehmern, die mit illiberalen Projekten sympathisieren. Ein Kernproblem, das sie bei der Verteidigung der Freiheit sieht: Autoritäre Parteien wie die Republikaner in den USA, die Fidesz in Ungarn und die PiS in Polen verfolgen klare Ziele. "Aber was ist das Projekt, das wir dem entgegenstellen?", fragt Bohle. Das bleibe oft unklar.

Historiker Florian Wenninger erklärt, wann Demokratien ins Wanken kommen. Welche Rolle spielen Polizei und Militär und konservative Parteien? Steuern wir auf eine Situation wie in den 1930er-Jahren zu? Die Antworten gibt es im Talk. Wenninger sagt: Immer dann, wenn Bewegungen gegen Minderheiten gehen, geht es irgendwann gegen die Mehrheit. Demokratie kann nur überleben, wenn sie ständig gestärkt wird. Und hier sieht er ein großes Problem für Österreich. Welche, erfahren Sie im Video.

Kampf um die Frauenkörper

Gestritten wurde darüber, welche Rolle "gekränkte Männlichkeit" in den autoritären Bewegungen spielen. Sind Männer anfälliger für rechte Parolen? Warum propagieren rechte Bewegungen immer eine Einschränkung der Abtreibungsmöglichkeiten, geht es da wirklich um den Schutz des Lebens oder bloß um die Kontrolle der Körper von Frauen, wie Maria Maltschnig, Chefin des Renner Instituts, der SPÖ-Akademie, sagt. Zu Gast war auch Vince Szalay-Bobrovniczky, Staatssekretär im Büro des ungarischen Premiers Viktor Orbán. (Video: Anna Caroline Kainz, 15.1.2023)