Anna Stiepani führt Regie am Theater und wohnt in einer Mietwohnung im siebten Bezirk. Die spielenden Kinder im Park vor dem Haus sind zum Soundtrack ihrer Wohnung geworden.

"Ich habe früher in einer riesigen Fünfer-WG in der Burggasse gewohnt. Als ich dann den Job am Burgtheater bekommen habe und mit dem Studium fertig war, wollte ich meine eigene Wohnung. Es war immer mein Wunsch, hier in der Gegend etwas zu finden. Ich habe damals über ein Inserat die Wohnung zwei Stockwerke unter meiner jetzigen entdeckt und besichtigt. Da habe ich allerdings mit der Zusage zu lange gezögert, und dann war sie weg. Da mir die Wohnung aber nicht aus dem Kopf ging, habe ich den Makler noch mal angerufen, und er hat mir erzählt, dass die oberste Wohnung hier im Haus ebenfalls frei wird. Da habe ich sofort blind zugesagt. Das war 2015.

Anna Stiepani macht in ihrer Wohnung wahnsinnig gerne nichts. Dann schaut sie sich die Bäume im Wind an und lässt die Seele baumeln.
Foto: Lisi Specht

Der Park und die Bäume vor der Tür waren damals ausschlaggebend. Ich komme aus dem Bayerischen Wald, und da ist es mir schon wichtig, dass auch etwas Grün vor meinen Fenstern ist – und dass es hell ist. Beides trifft zu. Und der Blick auf den Park ist wirklich ein Traum, den habe ich sogar vom Bett aus. Im Sommer ist es sowieso schön, aber auch im Winter, wenn es schneit und draußen alles weiß ist. Ich mache hier wahnsinnig gerne nichts. Das Nichtstun ist ein großes Hobby von mir in dieser Wohnung. Dann schaue ich mir die Bäume im Wind an. Wenn die Seele baumeln kann, kommen mir die meisten Ideen für meine Projekte und Inszenierungen. Draußen, im Park vor meiner Wohnung, ist auch ein Spielplatz, da spürt man richtig das Leben. Die Geräusche der spielenden Kinder, ja, das ist mittlerweile der Soundtrack meiner Wohnung.

Der Balkon wurde, erst ein Jahr nachdem ich eingezogen bin, angebaut. Das war natürlich ein Glücksfall, wenn auch die Umbauarbeiten etwas mühsam waren. Mir ist wichtig, dass die Wohnung mit mir wächst.

Nicht nur sie selbst, auch Anna Stiepanis Wohnung erzählt Geschichten – etwa von ihren Inszenierungen.
Fotos: Lisi Specht

Ich habe keine besonderen Möbelstücke, das meiste ist secondhand von Ikea aus meiner Studienzeit. Aber die Wohnung verändert sich mit mir mit. Es kommt immer mal wieder etwas Neues dazu, etwa aus einer Gastspielwohnung in einer anderen Stadt, in der ich zwischenzeitlich mal gewohnt habe. Die Kommoden sind von meinen Cousinen, die sie nicht mehr gebraucht haben, als sie sich irgendwann ordentlich eingerichtet haben. Das Sofa haben mir die Nachbarn als Dankeschön fürs Babysitten geschenkt. Alles ist ein bisschen zusammengewürfelt. Das hat sich über die Jahre so ergeben. Aber alles hat was mit mir oder mit wichtigen Menschen aus meinem Leben zu tun.

So kleine, feine Dinge habe ich total gern, die machen mich glücklich – zum Beispiel eine Zirbenduftkerze, eine besondere Seife oder eine schöne Kaffeetasse. Aber auch besondere Überwurfdecken bereiten mir viel Freude. Damit sieht alles gleich wieder etwas anders aus, und so kommen auch immer neue Farben in meine Wohnung.

Kleine Dinge machen die Regisseurin glücklich – zum Beispiel eine Zirbenduftkerze, eine besondere Seife oder eine schöne Kaffeetasse.
Fotos: Lisi Specht

Natürlich soll die Wohnung Geschichten erzählen. Ich bin Regisseurin, da ist Geschichtenerzählen ja mein Beruf. Hier hänge ich Bilder von meinen Inszenierungen auf. Ich finde es schön, dass mich meine früheren Arbeiten umgeben.

Die Wohnung, das bin ich. So wie in dieser Wohnung, so sieht es ja auch in mir drin aus. In meinem Kopf, in meinem Herzen. Sibylle Berg hat in einem Stück einmal geschrieben, dass die Wohnung die zweite Haut eines Menschen ist. Ich finde, das ist eine schöne Vorstellung, dass die Wohnung ein Gefäß ist, in dem Dinge drin sind. Und bei mir sind da eben viele Möbelstücke mit Erinnerungen drin und auch viele Teile meiner Arbeiten, wie Bühnenbildmodelle und auch viele Pflanzen, die stehen für meine Liebe zur Natur.

Das Bett ist Anna Stiepanis liebstes Möbelstück. Es wurde aus Holz gebaut, das früher einmal im Wald ihrer Eltern wuchs. Bis heute ist es für sie ein Rückzugsort, an dem sie sich geborgen fühlt.
Fotos: Lisi Specht

Das Bett ist mein liebstes Möbelstück. Es ist aus Holz, das einmal im Wald meiner Mama gewachsen ist. Ein Schreiner aus dem Dorf hat es dann gezimmert, und meine Eltern haben es mir damals zum Auszug als Geschenk mitgegeben. Es ist seit Jahren mein Lieblingsrückzugsort, an dem ich mich sehr geborgen fühle." (Bernadette Redl, 16.1.2023)