Night City in voller Pracht: DLSS 3 soll erstmals maximale Detailstufe bei extrem flüssiger Darstellung ermöglichen.

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Der Einsatz künstlicher Intelligenz gehört heutzutage fast schon zum guten Ton, wenn es um die Entwicklung neuer Technologien geht. Bei Chiphersteller Nvidia verfolgt man bereits seit Jahren den Ansatz, KI-Algorithmen für die Bildoptimierung von Computerspielen einzusetzen. Unter der sperrigen Bezeichnung DLSS 3 zeigt man nun die Evolution dieser Technologie. In der Praxis lassen sich damit schon beachtliche Resultate erzielen, der Einsatz von KI scheint auf diesem Gebiet aber noch lange nicht erschöpft.

DLSS, kurz für "deep learning super sampling", kam eigentlich schon im Jahr 2018 bei ersten Computerspielen zum Einsatz. Die Vision dahinter war klar: DLSS reduziert die Rechenlast immer aufwendiger und realistischer aussehender Computerspiele. Dies sollte dadurch ermöglicht werden, dass nur Bilder in niedriger Auflösung berechnet werden müssen, weil KI-Algorithmen diese danach in einer besseren Auflösung hochskalieren. Die Resultate ließen damals aber noch zu wünschen übrig.

Erst mit DLSS 2.0 konnte die Technologie ab 2020 wirkliche Erfolge feiern und erfüllt bis heute das Versprechen, dass sich Bildwiederholraten erheblich steigern lassen, ohne dabei erhebliche Einbußen bei der Bildqualität in Kauf nehmen zu müssen. DLSS verwendet dabei einen trainierten KI-Algorithmus von Nvidia, der Bilder in hoher Auflösung ausspuckt als wären sie nativ so gerendert worden. Die "Aggressivität" unterschiedlicher DLSS-Stufen kann man sich dabei wie einen Schieberegler mit Bildqualität auf der einen und Bilder pro Sekunde auf der anderen Seite vorstellen.

DLSS 2.0 oder auch DLSS Super Resolution wird mittlerweile für mehr als 250 Spiele und Apps unterstützt und gilt bei den meisten größeren Neuerscheinungen für den PC als gesetzt. Mit DLSS 3 hat Nvidia seit Oktober letzten Jahres nun die Evolution des KI-gestützten Bildverbesserers für die neue Grafikkartengeneration RTX 4000 ausgerollt. Und damit auch für ein paar Unklarheiten gesorgt.

DLSS 3, der nächste logische Schritt

Die dritte Generation von DLSS baut im Prinzip auf der zweiten auf, ohne sie dabei zu ersetzen. Das bedeutet in einem ersten Schritt, dass DLSS Super Resolution, also die "Grundversion" des Echtzeit-Upsamplers von Nvidia, wenn man so möchte, nach wie vor für unterstützte Grafikkarten (ab RTX 2000 aufwärts) erhalten bleibt und weiterentwickelt wird. Sie ist zudem auch ein wesentlicher Bestandteil von DLSS 3.

DLSS 3: Die meisten Pixel auf dem Bildschirm stammen bei Nvidia von der KI.
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Die neueste Version von Nvidias Bildverbesserer, auch DLSS Frame Generation, hingegen erweitert die bestehenden neuronalen Netze mit einer künstlichen Intelligenz, die gleich vollständige Bilder berechnet und sie zwischen die eigentlichen einfügt, um so die Bildrate nochmals klar steigern zu können. Bedenkt man, dass DLSS (Super Resolution) die ursprünglichen Bilder schon hochskaliert, dann werden in Kombination mit der zusätzlichen Berechnung kompletter Bilder durch DLSS 3 mehr als 87 Prozent der gesamten Pixel bereits KI-gestützt erstellt.

Und die dritte wesentliche Komponente für DLSS 3 greift auch auf bestehende Technologie von Nvidia zurück. War Nvidia Reflex bisher dazu gedacht, Systemlatenzen zu verringern, kommt sie hier zum Einsatz, um Verzögerungen in der Darstellung von DLSS 3 zu verhindern. Die Problematik ergibt sich daraus, dass sich DLSS 3 quasi ein berechnetes Bild zurückbehält, um daraus die Bilder für die KI abzuleiten. Dieses Prozedere gibt Nvidia auch als Grund an, weshalb die neue Version des Upsamplers nur für die aktuelle Grafikkartengeneration unterstützt werde. Es benötige eine spezielle Hardwarekomponente, die bei RTX 3000 zwar in ähnlicher Form auch verbaut, aber unterm Strich zu schwach sei, um ein weitgehend ruckelfreies Spielerlebnis zu ermöglichen.

Beachtlich, aber nicht perfekt

Sieht man sich die Resultate in der Praxis an, dann spricht DLSS 3 auf den ersten Blick eine klare Sprache. Spiele wie "Cyberpunk 2077" oder auch der "Microsoft Flight Simulator" laufen auf einer RTX 4090 bei maximaler Detailstufe und einer 4K-Auflösung mit weit über 150 Bildern pro Sekunde, der Flugsimulator kratzte zeitweise sogar an 200er-Marke. Auch das neue Grafik-Update zum Abenteuer-Klassiker "The Witcher 3" bringt den neuen Upsampler nicht ins Schwitzen. 120 Bilder pro Sekunde sind ohne Probleme möglich, wo ohne DLSS nicht einmal 60 möglich gewesen wären.

Was in der Hitze des Gefechts, Rennens oder Abenteuers kein Problem ist, erfordert für Momente der Ruhe aber ein wenig Tuning in den Grafikeinstellungen. Tatsache ist nämlich auch, dass diese enorm hohen Bildwiederholraten nur im aggressivsten Modus der DLSS-Stufe, meist "Ultra Performance" genannt, erreicht werden. Rauscht man in diesem Fall mal nicht mit einem Quadra Turbo durch die Häuserschluchten von Night City oder hält sich nicht mit dem Witcher eine Bande Nekkar vom Hals und hält einmal inne, dann offenbaren sich bei genauerer Betrachtung Bildunstimmigkeiten.

In diesem Video ist gut ersichtlich, dass a) DLSS 3 Qualitätsprobleme haben kann und b) Nvidia daran arbeitet, solche Unstimmigkeiten zu beheben.
NVIDIA GeForce

Es ließe sich am ehesten als eine Art "wabernder Milchglaseffekt in der Distanz" benennen, der bei minimaler Bewegung auftritt. Ist man kein Bildpurist, wird man die Hände deshalb aber nicht über dem Kopf zusammenschlagen und freut sich immer noch über eine klare Steigerung bei der Bildrate. Zudem ist es relativ einfach, diese Unstimmigkeit zu beheben, indem man einfach die Aggressivität der DLSS-Stufe senkt und einfach ein paar Frames weniger in Kauf nimmt. Es ist ja nicht so, als ob man nicht genug zur Verfügung hätte. Und das dürfte auch für zukünftige RTX-4000-Modelle unterhalb der 4070 Ti gelten, die allesamt DLSS 3 unterstützen sollen.

Laufende Updates

Vereinzelte Probleme bei der Bildqualität hat auch Nvidia erkannt und bereits zur CES erste Verbesserungen vor- und weitere Updates in Aussicht gestellt. Demnach soll das neuronale Netzwerk laufend aktualisiert werden, um die Bildqualität in den unterschiedlichen DLSS-Stufen zu verbessern. Erste Spiele profitieren bereits davon, weitere sollen folgen. Solche Updates werden auch notwendig sein, um die zweifellos ansprechende Evolution des Upsamplers langfristig als attraktives Feature am Markt etablieren zu können.

Portal RTX zeigt eindrucksvoll, dass man über RTX Remix in Zukunft auch ältere Spiele-Klassiker mit neuer Grafik aufwerten könnte.
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Das führt zu einem weiteren Problem, dass sich auch erst mit der Zeit lösen lassen wird. Derzeit unterstützen erst knapp 20 Spiele den Einsatz von DLSS 3, mehr als 30 sollen in den kommenden Monaten nachfolgen. Das macht die Anschaffung einer entsprechenden Grafikkarte momentan nur dann empfehlenswert, wenn mindestens ein Titel darunter ist, den man oft spielen will. Mit Portal RTX zeigt Nvidia zwar eindrucksvoll, dass auch älteren Spiele-Klassikern über das RTX-Remix-Programm eindrucksvoll neues Leben eingehaucht werden kann, allerdings sollte man auch in diesem Fall erst abwarten, wie sich die Verfügbarkeiten entwickeln werden.

Nächster Halt: KI-Treiber?

Neueren Gerüchten zufolge soll Nvidia die KI-Unterstützung aber nicht nur für die Bildbeschleunigung in Echtzeit nutzen. Möglicherweise will der Chiphersteller KI-Algorithmen für die Grafikkartentreiber selbst nutzen, und könnte damit eine weitere Steigerung der Performance zwischen 10 und 30 Prozent erzielen.

Abgesehen davon, dass Nutzer über das Tuning-Tool Geforce Experience ohnehin jetzt schon auf integrierte Optimierungsprofile je Software bzw. Spiel zugreifen können, bleibt die Frage hier noch offen, wie ein solcher Leistungsboost erzielt werden könnte. Und nicht zuletzt auch, welche Grafikkarten von Nvidia das dann unterstützen würden. Es wäre jedenfalls keine Premiere, dass man sich mit einem exklusiven Kaufargument abfinden muss, das nur für die neueste Generation gültig ist. Wie DLSS hat auch das schon eine längere Tradition bei Nvidia. (bbr, 17.1.2023)