Leopard 2 der spanischen Streitkräfte während einer Nato-Übung 2022.

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Großbritannien will Kampfpanzer an die Ukraine liefern, das bestätigte ein Sprecher von Premierminister Rishi Sunak am Samstag. Deutschland ziert sich noch, doch kommt die Regierung von Olaf Scholz (SPD) zunehmend unter Druck, Leopard-2-Kampfpanzer zur Verfügung zu stellen. Doch was sind der Leopard 2 und der Challenger 2 überhaupt?

Es handelt sich bei beiden Modellen um einen sogenannten Hauptkampfpanzer, im Nato-Jargon Main Battle Tank. Auch wenn es in manchen Ländern wie Schweden andere Auslegungen gibt, ist ein Hauptkampfpanzer üblicherweise ein gepanzertes Fahrzeug, das sich mithilfe von Gleisketten bewegt und über einen drehbaren Turm verfügt.

Seine Aufgabe besteht hauptsächlich darin, andere Panzer zu bekämpfen, Stichwort "Duellfähigkeit", auch wenn die Unterstützung von Infanterie ebenfalls ein Einsatzzweck sein kann. Anders als bei Schützenpanzern gehört es aber nicht zum Job von Kampfpanzern, Soldaten auf das Schlachtfeld zu bringen.

Vierköpfige Besatzung mit eigenen Aufgaben

Beide Panzer werden von einer vierköpfigen Besatzung gesteuert: Fahrer, Ladeschütze, Richtschütze und Kommandant. Das ist um eine Person mehr, als die ukrainischen Streitkräfte gewöhnt sind, denn die T-72 und T-80 oder deren Abwandlungen verzichten auf den Ladeschützen und setzen stattdessen auf ein automatisches Ladesystem. In den meisten westlichen Panzern ist hingegen ein viertes Crewmitglied an Bord, vor allem, weil es nicht schadet, noch ein Paar Hände zusätzlich dabeizuhaben, die mit anpacken können. So bedient der Ladeschütze auch das Turm-MG beider Panzer im Standardkaliber 7,62 mm.

Der Leopard 2A4, wie er auch vom österreichischen Bundesheer verwendet wird. Dieser ist mit 55 Tonnen deutlich leichter als die Nachfolgerversionen. So wiegt der 2A7V 66,5 Tonnen.
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Die eigentliche Rolle des Ladeschützen ist aber deutlich anstrengender: Er muss die rund 20 Kilo schwere 120-mm-Munition aus dem Bunker im Turm holen und die Kanone laden – alles, während der Panzer durch ruppiges Gelände fährt. Ladeschützen übernehmen aber auch noch andere Rollen: So gehört es in der britischen Armee unter anderem zu dessen Auftrag, Tee zu kochen, weshalb der Challenger 2 über einen eigenen Teekocher verfügt. In Österreich ist der Ladeschütze übrigens für die Zubereitung des Kaffees zuständig, wie man beim Bundesheer erklärt.

Österreichs Bundesheer

Der Richtschütze ist hingegen für die Bedienung der Kanone sowie des parallel montierten Maschinengewehrs verantwortlich, während der Kommandant die Ziele vorgibt und den Überblick über das Geschehen behält und auch den Fahrer anweist.

Schneller Leopard, langsamer Challenger

Der Leopard 2 gehört dank des 1.500 PS starken Dieselmotors zu den schnelleren Vertretern seiner Art: Dieser lässt das bis zu 62 Tonnen schwere Fahrzeug auf rund 70 km/h beschleunigen, im Gelände liegt dieser Wert aber oft deutlich darunter. Der Challenger 2 ist dagegen deutlich langsamer. Obwohl er ähnlich schwer ist wie der Leopard 2, wird er nur von einem 1.200-PS-Motor angetrieben, was ihm eine Geschwindigkeit von maximal 59 km/h verleiht.

Die Panzerung beider Waffensysteme ist geheim, wobei nur bekannt ist, dass es sich um sogenannte Verbundpanzerung handelt, die aus mehreren Schichten unterschiedlicher Materialien bestehen. Diese kommt deshalb zum Einsatz, weil herkömmlicher gehärteter Stahl seit Ende des Zweiten Weltkriegs keinen ausreichenden Schutz mehr bietet. So dienen etwa Keramikplatten als zusätzliches Panzerungselement.

Glatt und gezogen

Auch bei der Bewaffnung unterscheiden sich die beiden Panzer. Zwar nutzen beide eine Kanone im Standardkaliber 120 mm, jedoch haben sich die Briten für einen gezogenen Lauf entschieden, während der Leopard 2 über eine Glattrohrkanone verfügt.

Kurz zur Erklärung: Ein gezogener Lauf bedeutet, dass sogenannte Züge und Felder in das Innere des Rohrs geschnitten werden, ganz wie bei einer Handfeuerwaffe. Das verleiht den daraus abgefeuerten Geschoßen einen Drall, was die Flugbahn stabiler macht und die Reichweite erhöht, aber zulasten der Durchschlagskraft geht. Der Challenger 2 kann so zwar Ziele aus bis zu acht Kilometern Entfernung beschießen, das ist in der Praxis aber nicht so relevant wie die Durchschlagsleistung.

Der britische Challenger 2 ist seit den frühen 90er-Jahren im Einsatz. Vorne am Rohr sind die "Kerben" des gezogenen Laufs gut zu erkennen.
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Geschoße wie Dartpfeile

Deshalb rüsten die Briten ihre Panzer nach und nach auf die Kanone des Leopard 2 von Rheinmetall um. Diese verschießt gegen gepanzerte Ziele ein sogenanntes Wuchtgeschoß mit der etwas sperrigen Nato-Bezeichnung "Armor Piercing Fin Stabilizied Discarding Sabot-Tracer" oder APFSDS-T. Am besten kann man sich dieses Geschoß wie einen Dartpfeil vorstellen. Es verlässt sich nicht auf zusätzliche Sprengladungen oder wie beim britischen Challenger auf Plastiksprengstoff, sondern einzig auf die kinetische Energie beim Aufprall.

Der Pfeil dringt durch die Panzerung und erzeugt allein durch die Wucht des Aufpralls eine Verdrängung der Panzerung. Dadurch entsteht ein Regen aus Metallsplittern im Inneren des gegnerischen Panzers, der die Besatzung töten soll. Darüber hinaus können Hohlladungsgeschoße abgefeuert werden. Diese verursachen beim Aufprall auf die Panzerung einen Stachel aus extrem heißem Metall, der die Panzerung durchschlägt.

Die Munition des Leopard 2. Links ist die "Pfeilspitze" eines Wuchtgeschoßes zu erkennen. Nach dem Abfeuern zerfällt die Treibkäfig genannte Hülle und gibt ein Geschoß frei, das wie ein Dartpfeil aussieht.
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Österreich setzt den Leopard 2 ebenfalls ein, aber in der älteren Variante A4 aus der Mitte der 80er-Jahre. Mittlerweile plant das Bundesheer aber eine umfassende Modernisierung, auf welche Ausbaustufe, ist bislang aber noch nicht geklärt. Die modernste Variante ist der Leopard 2A7V mit einer Klimaanlage, zusätzlicher Panzerung an der Front, einem verbesserten Getriebe und zusätzlichen Fahrassistenzsystemen.

Zukünftig sollen die Leopard 2 auch noch mit einem sogenannten Hardkill-System vom Typ Trophy HV ausgestattet werden. Dabei handelt es sich um ein in Frankreich und Israel entwickeltes System, das anfliegende Geschoße erkennt und mithilfe einer kurz vor dem Aufschlag gezündeten Explosion einen Splitterkegel erzeugt, der die angreifende Waffe zerstört.

Frage der Variante

Welche Varianten des Challenger 2 und des Leopard 2 an die Ukraine geliefert werden, ist noch unklar. Kurz zum politischen Hintergrund: Will ein Land Kampfpanzer aus deutscher Produktion an ein anderes weitergeben, muss die deutsche Bundesregierung zustimmen. Aktuell will die polnische Regierung Leopard 2 an die Streitkräfte der Ukraine liefern, darf dies aber noch nicht, weil die Erlaubnis aus Berlin fehlt.

Sollten tatsächlich polnische Panzer geliefert werden, dürfte es sich wohl um Leopard-2A4-Varianten handeln, ähnlich wie sie auch vom österreichischen Bundesheer verwendet werden.

Trotz des ernsten Themas bat das ukrainische Verteidigungsministerium bereits im Vorjahr um eine Lieferung von Leopard 2 – mit einem viral gegangenen Scherzvideo. (Peter Zellinger, 15.1.2023)