In Strafverfahren greifen Anwälte vermehrt auf PR-Berater zurück. Der OGH muss nun entscheiden, ob sie sich auf Verschwiegenheit berufen können.

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Die Causen rund um Unternehmer Michael Tojner und das Land Burgenland kann man getrost als facettenreich bezeichnen. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ermittelt rund um Deals mit den Wohnungsgenossenschaften Gesfö, Riedenhof und Pannonia (früher: Buntes Wohnen) unter anderem wegen des Vorwurfs des schweren Betrugs gegen Tojner und rund 30 weitere Beschuldigte.

Anlass der Ermittlungen war eine Anzeige des Landes Burgenland, das sich von Tojner über den Tisch gezogen fühlte. Abschlagszahlungen, die im Zuge der Aberkennung der Gemeinnützigkeit der Genossenschaften ans Land flossen, seien zu gering ausgefallen. Tojner bestreitet die Vorwürfe seit jeher, es gilt die Unschuldsvermutung.

Parallel dazu läuft am Landesgericht Eisenstadt ein Zivilverfahren – und ein Strang davon beschäftigt gerade den Obersten Gerichtshof (OGH). Die Fragen, um die es da geht, sind vor allem für Anwälte und Litigation-PR-Berater von großer Bedeutung, die Kommunikations- und Pressearbeit in Rechtsstreitigkeiten erledigen: Muss ein von einem Anwalt beauftragter Litigation-PR-Berater als Zeuge aussagen, oder unterliegt er, wie Anwälte und ihre Hilfskräfte, der Verschwiegenheitspflicht und darf sich entschlagen?

In dem Zivilverfahren behauptet Tojner, dass das Burgenland seine Anzeige an Medien geleakt habe. Er will Schadenersatz, weil ihm dadurch Kosten für Rechts- und Medienberater entstanden seien. Das Land hat die Abweisung der Klage beantragt. Im Februar 2022 * sollte ein Litigation-PR-Berater aussagen, der für einen Anwalt des Burgenlands tätig war. Der Zeuge schwieg: Er berief sich auf das Anwaltsgeheimnis, das auch anwaltlichen Hilfskräften zustehe. Der Eisenstädter Richter sah das anders und verdonnerte ihn zu einer 500-Euro-Strafe.

PR-Berater als Hilfskraft?

Gegen diesen Beschluss wehrte sich der Berater und bekam im September, wie berichtet, vom Oberlandesgericht (OLG) Wien recht: Seine Aussageverweigerung auf die Frage, "ob sein Beratungsunternehmen mit der Weitergabe (…) von Sachverhaltsdarstellungen an Medienvertreter im Konnex mit den Genossenschaften betraut wurde", sei berechtigt. Der Berater sei wie eine Hilfskraft zur Verschwiegenheit verpflichtet. Zudem habe der Anwalt das von der Beratungsgesellschaft ausdrücklich verlangt.

Das OLG geht allerdings davon aus, dass der Zeuge nur das Recht habe, die Aussage auf "einzelne Fragen zu verweigern", und nicht generell schweigen dürfe. Bei der konkreten Frage habe er sich "berechtigt auf sein Aussageverweigerungsrecht als Hilfskraft des Rechtsanwalts der Beklagten berufen", heißt es im Beschluss des OLG. Das Gericht ließ aber den Rechtszug ans Höchstgericht zu, weil die Bedeutung der Frage über den aktuellen Fall hinausgehe.

Der Anwalt Tojners, Karl Liebenwein, hat das Rechtsmittel noch im Oktober eingebracht. Er argumentiert, dass die rechtliche Beurteilung des OLG unrichtig sei. Ein vom Anwalt mit Litigation-PR beauftragtes Beratungsunternehmen sei "als externer Berater zu sehen und keine Hilfskraft im Sinne des Paragrafen 9 der Rechtsanwaltsordnung (RAO)".

Hilfskräfte seien nur jene, "die der Rechtsanwalt beauftragt, ihn in der Ausübung seiner berufstypischen Tätigkeit zu unterstützen". Die Erbringung von PR-Leistungen zähle "gerade nicht zu den kernjuristischen, anwaltlichen Tätigkeiten". Der Zeuge hätte also aussagen und die konkrete Frage jedenfalls beantworten müssen.

Der Anwalt des Landes Burgenland, Johannes Zink, hat inzwischen seinen Schriftsatz dazu eingebracht. Litigation-PR-Berater unterlägen sehr wohl der Verschwiegenheit. Alles andere "würde dem Grundverständnis und Zweck der Verschwiegenheitspflicht diametral entgegenstehen".

"Widerspricht Berufsbild!"

Auch der Rechtsanwalt des PR-Beraters, Markus Fellner, argumentiert in diese Richtung. Dass der Kläger meine, die Beauftragung eines PR-Beraters durch einen Anwalt stelle weder eine "berufsbedingte" Hinzuziehung für die anwaltliche Tätigkeit noch eine "berufstypische" Unterstützungsleistung dar, "widerspricht dem anwaltlichen Berufsbild!". Unstrittig sei, dass der PR-Berater als Hilfskraft zu qualifizieren sei, und das Aussageverweigerungsrecht sei "allumfassend". Es obliege allein dem Rechtsanwalt (oder der jeweiligen Hilfskraft) zu entscheiden, ob dieses Recht in Anspruch genommen werde.

Nun ist also der OGH am Zug. Erwartet wird, dass er demnächst entscheidet. Danach geht die Verhandlung in Eisenstadt zu Ende. (Renate Graber, 16.1.2023)